Leitsatz (amtlich)
Es fehlt an der Notwendigkeit für die Bestellung eines Notvorstands, wenn für einen identischen Wirkungskreis bereits ein Abwesenheitspfleger für die Gesellschaft bestellt ist. Die gegen die Aufhebung seiner Bestellung gerichtete sofortige weitere Beschwerde des Notvorstands ist als unbegründet zurückzuweisen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 28.07.2004; Aktenzeichen 102 T 116/04) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 99 AR 2141/04) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird als unzulässig verworfen, die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1) und 2) haben die den weiteren Beteiligten im Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten nach einem Wert von 3.000 EUR zu erstatten.
Gründe
A. Die Gesellschaft hatte nach dem Vortrag der Beteiligten zu 1) ihren letzten Sitz in G. Mit einem Antrag vom 15.5.2004 und Schreiben vom 18.6.2004 hat die Beteiligte zu 1) beim AG Charlottenburg die Bestellung eines Notvorstands nach § 85 AktG beantragt. Sie hat insoweit geltend gemacht, dass ihr Gläubigerrechte gegen die Gesellschaft zustünden. Das AG hat mit einem Beschl. v. 28.7.2004 den von der Beteiligten zu 1) benannten Beteiligten zu 2) zum Notvorstand bestellt. Der Wirkungskreis ist beschränkt auf die Wahrnehmung der Rechte der Gesellschaft als Gesellschafterin der O.S. GmbH i.L. - Beteiligte zu 3) -. Er ist alleinvertretungsberechtigt. Gegen diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 4), der vom AG Mitte mit Beschl. v. 18.5.1998 zum Abwesenheitspfleger der Gesellschaft nach § 10 Abs. 1 des Zuständigkeitsergänzungsgesetzes vom 7.8.1952 (BGBl. I, 407) bestellt worden ist, Beschwerde eingelegt. Sein Wirkungskreis betrifft ausweislich der Bestellungsurkunde die Vertretung der Gesellschaft als Mitglied der Beteiligten zu 3). Auf diese Beschwerde hat das LG Berlin den Beschluss des AG vom 28.7.2004 aufgehoben. Hiergegen richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2).
B.I. Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) ist als unzulässig zu verwerfen, weil es nicht formgerecht eingelegt worden ist. Nach § 29 Abs. 1 S. 2 FGG muss eine weitere Beschwerde, wenn sie durch eine Beschwerdeschrift eingelegt wird, von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt auch für eine sofortige weitere Beschwerde. Diesen Anforderungen genügt der Schriftsatz der Beteiligten zu 1), der allein durch ihren Nachtragsliquidator unterzeichnet ist, nicht.
II. Die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) ist demgegenüber zulässig. Sie ist nicht nur form-, sondern auch fristgerecht innerhalb der Frist von zwei Wochen nach den §§ 22 Abs. 1 S. 1, 29 Abs. 2 FGG i.V.m. §§ 85 Abs. 1 S. 2 AktG, 146 Abs. 2 S. 1 FGG eingelegt worden. Der zunächst durch den Beschluss des AG zum Notvorstand bestellte Beteiligte zu 2) ist auch durch die diesen Beschluss aufhebende Entscheidung des LG beschwert, weil dadurch seine Organstellung beendet wird (Jansen, FGG, 2. Aufl., § 145 Rz. 21; Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 20 Rz. 92, zum Abwickler).
Das Rechtsmittel hat aber keinen Erfolg, weil die Entscheidung des LG nicht auf einem Rechtsfehler beruht, auf den die weitere Beschwerde allein mit Erfolg gestützt werden kann, § 27 Abs. 1 S. 2 FGG i.V.m. §§ 546 f. ZPO.
1. Das LG hat die Beschwerde des Beteiligten zu 4) als zulässig angesehen, weil durch die Bestellung des Notvorstands seine Rechte als Abwesenheitspfleger und auch die Rechte der Gesellschaft beeinträchtigt seien. Die Beschwerde sei auch begründet, weil es durch das Vorhandensein eines Abwesenheitspflegers an der in § 85 Abs. 1 S. 1 AktG erforderlichen Dringlichkeit für die Bestellung eines Notvorstands fehle.
2. Diese Ausführungen halten im Ergebnis einer Überprüfung stand.
a) Zu Recht ist das LG von der Zulässigkeit der Beschwerde der Beteiligten zu 4) und 5) ausgegangen. Gegen die Bestellung eines Notvorstands ist die sofortige Beschwerde gegeben, § 145 Abs. 1 i.V.m. §§ 146 Abs. 2 S. 1 FGG, 85 Abs. 1 S. 2 AktG. Die insoweit geltende Frist von zwei Wochen nach § 22 Abs. 1 S. 1 FGG hat der Beteiligte zu 4) mit der Einreichung der zugleich im Namen der Beteiligten zu 5) eingelegten Beschwerde am 15.9.2004 eingehalten. Denn die Frist konnte den Beteiligten zu 4) und 5) ggü. erst mit der Zustellung des Beschlusses vom 28.7.2004 zu laufen beginnen. Eine Zustellung an den Beteiligten zu 4) als gesetzlichen Vertreter der Beteiligten zu 5) ist aber nicht erfolgt. Auch eine Beschwerdebefugnis des Beteiligten zu 4) hat das LG zu Recht angenommen. Sie ergibt sich aus der mit der Bestellung eines weiteren Vertreters einhergehenden Notwendigkeit der Abgrenzung der Vertretungsbereiche und der Abstimmung in der Vertretung. Der bestellte Pfleger hat zwar kein eigenes Recht auf Fortbestand seines Amtes, er ist aber beschwerdeberechtigt gegen einen Eingriff in seine Rechtssphäre, die in der Bestellung eines weiteren gesetzlichen Vertreters für den...