Entscheidungsstichwort (Thema)
S/M-STUDIO in Teileigentum
Leitsatz (amtlich)
1. Ist streitig, ob in einem vermieteten Teileigentum unter der Bezeichnung „Sado/Maso-Studio” ein bordellartiger Betrieb geführt oder nur psychologische und medizinische Hilfe für sado-masochistisch veranlagte Menschen angeboten wird, verstößt ein Eigentümerbeschluss, der generell die „derzeitige Nutzung” gestattet, bereits deshalb gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, weil mit seiner Bestandskraft auch der bordellartige Betrieb erlaubt würde.
2. Eine geltungserhaltene Reduktion eines Eigentümerbeschlusses im Sinne einer Änderung des Wortlauts bei einer zu weiten Fassung kann vom Gericht im Rahmen einer Beschlussanfechtung nicht vorgenommen werden.
Normenkette
WEG § 13 Abs. 1, § 15 Abs. 1-2, § 21 Abs. 3-4
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 30.01.2001; Aktenzeichen 85 T 212/00 WEG) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 400/99 WEG) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegner haben die Gerichtskosten dritter Instanz zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert dritter Instanz wird auf 7.500,– EUR festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Wohnanlage im innerstädtischen Bereich besteht aus 30 Wohnungs- und zwei Gewerbeeinheiten. Die Teileigentumseinheit Nr. 5 wird in der Teilungserklärung vom 3. Dezember 1991 wie folgt beschrieben: „Laden Nr. 5: 8,05/100stel Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an den im Erdgeschoss liegenden, im Aufteilungsplan mit Nr. 5 bezeichneten Gewerberäumen, bestehend aus drei Ladenräumen, 3 Lagerräumen, 1 Vorraum, 1 Küche, 1 Speisekammer, 2 WC's. Flur sowie dem im Kellergeschoss gelegenen Keller Nr. 5.” Nach der Teilungserklärung Teil IV § 3 Nr. 2 kann der Verwalter die Zustimmung zu einer gewerblichen Nutzung von einer Ausgleichszahlung abhängig machen. Der erste Verwalter wurde in der Teilungserklärung bestimmt. Es gilt das Objektstimmrecht. Nach einer Ergänzung der Teilungserklärung gehören zu der Einheit Nr. 5 nunmehr zwei Flure. Mit notariellem Kaufvertrag vom 22. April 1999 hat die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin zu I. 1 die Teileigentumseinheit Nr. 5 an den Antragsgegner und Beschwerdeführer zu I. 2 verkauft. In dem Kaufvertrag heißt es, dass mit Mietvertrag vom 27. April 1998 für fünf Jahre ca. 130 qm an den S/M-Verein vermietet sind und keinerlei Eigentümerbeschlüsse „hinsichtlich einer Nutzungsbeschränkung oder Untersagung für den Betrieb der Gewerbeeinheiten” bestehen. Der Antragsteller ist seit 1995 Eigentümer der Wohnung Nr. 28, die im 4. Obergeschoss des Vorderhauses gelegen ist. Die Nutzung durch den im Vereinsregister eingetragenen S/M-Verein wurde in den Eigentümerversammlungen mehrmals kontrovers diskutiert. In der Eigentümerversammlung vom 7. Juli 1997 wurden zu TOP 2 zum einen mit großer Mehrheit die Zustimmung zur Veräußerung der Einheit erteilt, allerdings unter dem Vorbehalt, dass damit keine Duldung der gegenwärtigen Gewerbeausübung verbunden sei, zum anderen mit knapper Mehrheit die Duldung der „derzeitigen Nutzung” beschlossen. Gegen den Eigentümerbeschluss vom 5. Juli 1997 hinsichtlich der Duldung richtet sich der Anfechtungsantrag des Antragstellers. Diesen Eigentümerbeschluss hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 12. Mai 2000 für ungültig erklärt. Die hiergegen gerichtete Erstbeschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 30. Januar 2001 zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner ist gemäß §§ 27, 29 FGG, 45 WEG zulässig. Das Rechtsmittel ist jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt. Der angefochtene Beschluss ist rechtsfehlerfrei (§ 27 Abs. 1 FGG).
1. Nach den verfahrensfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts ist der angefochtene Eigentümerbeschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst worden. Einwendungen hiergegen sind mit der Rechtsbeschwerdebegründung nicht vorgetragen worden.
2. Rechtlich einwandfrei hat das Landgericht angenommen, dass der angefochtene Eigentümerbeschluss in materiellrechtlicher Hinsicht nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, auf deren Einhaltung jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch hat (§ 21 Abs. 4 WEG).
3. Das Landgericht hat nicht gegen seine Aufklärungspflicht nach § 12 FGG verstoßen, wenn es eine Beweisaufnahme darüber, welche Nutzung der Teileigentumseinheit Nr. 5 durch den S.-M.-Verein derzeit tatsächlich erfolgt und ob von dieser Nutzung konkrete Störungen ausgehen, für entbehrlich gehalten hat. Zutreffend führt der angefochtene Beschluss aus, dass Verfahrensgegenstand hier nicht der Anspruch auf Unterlassung der derzeitigen Nutzung der Einheit Nr. 5 ist, sondern allein die Anfechtung des Eigentümerbeschlusses vom 7. Juli 1999, nach dessen Inhalt die Eigentümergemeinschaft die derzeitige Nutzung der Einheit Nr. 5 billigt. Zur Prüfung der Frage, ob sich der Eigentümerbeschluss mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung verträgt, ist die Reichweite des Eigentümerbeschlusses zu besti...