Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwaltskosten im Berufungsverfahren
Normenkette
RVG-VV Nr. 3201
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 31.01.2008; Aktenzeichen 37 O 187/06) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1. gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Berlin vom 31.1.2008 - Geschz.: 37 O 187/06 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.493,81 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin legte gegen ein sie erstinstanzlich verurteilendes Urteil des LG Berlin Berufung ein. Die Berufung wurde der schon erstinstanzlich für den Kläger tätigen Prozessbevollmächtigten zugestellt und sodann noch vor Einreichung einer Berufungsbegründung sowie noch vor Einreichung eines Meldeschriftsatzes der klägerischen Prozessbevollmächtigten zurückgenommen. Nach Erlass des Kostenbeschlusses durch das Berufungsgericht gem. § 516 Abs. 3 ZPO setzte das LG durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.1.2008, der Beschwerdeführerin zugestellt am 6.2.2008, zugunsten des Klägers eine 1,1-Gebühr gem. Nr. 3201 KV-RVG für das Tätigwerden der klägerischen Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren fest. Hiergegen richtet sich das als Beschwerde bezeichnete Rechtsmittel der Beschwerdeführerin vom 20.2.2008, eingegangen bei Gericht am selben Tage. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Anwaltskosten des Klägers im Berufungsverfahren seien nicht notwendige Kosten i.S.v. § 91 ZPO, weil die Berufung noch vor dem Einreichen einer Begründung zurückgenommen wurde. Das LG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 10.3.2008 nicht abgeholfen und die Sache dem KG vorgelegt.
II.1. Das eingelegte Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde i.S.v. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO auszulegen. Denn gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss findet allein dieses Rechtsmittel statt; das Rechtsmittel der einfachen "Beschwerde" gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist dem Recht unbekannt.
2. Die sofortige Beschwerde ist nach § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 104 Abs. 3, 567 Abs. 2, 569 ZPO zulässig; über sie hat nach § 568 Satz 1 und 2 ZPO der Einzelrichter zu entscheiden.
3. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
a) Dem Kläger sind Kosten in Höhe einer 1,1-Gebühr gem. Nr. 3201 VV-RVG entstanden.
aa) Der Senat hat davon auszugehen, dass die klägerische Prozessbevollmächtigte mit der Erbringung anwaltlicher Leistungen in zweiter Instanz vom Kläger beauftragt wurde.
Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig und liegt im Übrigen nahe, weil der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte in aller Regel, zumal wenn er - wie vorliegend - für seinen Mandanten einen positiven Prozessausgang in erster Instanz erstritten hat, auch zweitinstanzlich beauftragt wird. Auf die in der obergerichtlichen Rechtsprechung diskutierte Frage, ob im Falle bestrittener Auftragserteilung vermutet wird, dass der erstinstanzliche Prozessbevollmächtigte ab Zustellung der Berufungsschrift mit der Interessenwahrnehmung in zweiter Instanz beauftragt wurde (so OLG Koblenz, Beschl. v. 6.8.2007 - 14 W 578/07, OLGR 2008, 284, Rz. 4 zit. nach Juris), oder der Berufungsbeklagte dies gesondert glaubhaft zu machen hat (so vormals, aber nunmehr offenbar überholt OLG Koblenz, Beschl. v. 7.11.2006 - 14 W 626/06, OLGR 2007, 146, Rz. 10 zit. nach Juris; hierzu wohl ebenfalls neigend KG, 27. KG, Beschl. v. 22.9.2005 - 27 W 180/05, OLGR 2006, 413 [413]), kommt es daher vorliegend nicht an.
bb) Die klägerische Prozessbevollmächtigte begann auftragsgemäß tätig zu werden, und brachte damit die Gebühr der Nr. 3201 VV-RVG zum Entstehen (vgl. Hartmann, Kostengesetzes, 37. Aufl. 2007, VV-RVG 3100 Rz. 13, VV-RVG Rz. 1).
Denn hierfür genügte nach der Rechtsprechung des BGH die Entgegennahme der Rechtsmittelschrift durch die klägerische Prozessbevollmächtigte, weil anzunehmen ist, dass sie anschließend prüfte, ob etwas für ihren Mandanten zu veranlassen war; die Einreichung eines Schriftsatzes war nicht erforderlich (Beschl. v. 6.4.2005 - V ZB 25/04, BGHR 2005, 2233, Rz. 6 zit. nach Juris; im Ergebnis ebenso KG, 1. KG, Beschl. v. 9.5.2005 - 1 W 20/05, KGReport Berlin 2005, 684, Rz. 3 zit. nach Juris; a.A. KG, 27. KG, Beschl. v. 22.9.2005 - 27 W 180/05, OLGR 2006, 413 [413], jedoch ohne Auseinandersetzung mit BGHR 2005, 2233; a.A. offenbar ebenfalls OLG Koblenz, Beschl. v. 7.11.2006, a.a.O., jedoch ebenfalls ohne Auseinandersetzung mit BGHR 2005, 2233).
Auch war die Entgegennahme der Rechtsmittelschrift und die hierdurch ausgelöste anwaltliche Prüftätigkeit keine bloße Neben- bzw. Abwicklungstätigkeit der erstinstanzlichen Beauftragung gem. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 Alt. 1 RVG. Dies hat der BGH für die Vorgängernorm des § 19 Abs. 1 RVG, den § 37 Nr. 7 Alt. 1 BRAGO, entschieden (ausdrücklich in Beschl. v. 17.12.2002 - X ZB 9/02, BGHR 2003, 412, Rz. 12 zit. nach Juris; stillschweigend in Beschl. v. 6.4.2005 - V ZB 25/04, BGHR 2005, 1150, Rz. 6 zit. nach Juris). Da § 37 Nr. 7 Alt. 1 BRAGO einen mit § 19 Abs. 1 Satz...