Leitsatz (amtlich)
Das eine fristlose Kündigung des Mietvertrages gem. § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB rechtfertigende vertragswidrige Verhalten eines Mieters wird nicht dadurch vertragsgemäß, dass der Vermieter nach einer ersten Abmahnung über einen längeren Zeitraum nicht von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht. Der Vermieter bleibt zur erneuten Abmahnung und Kündigung berechtigt.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 28.06.2010; Aktenzeichen 32 O 420/09) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.6.2010 verkündete Urteil der Zivilkammer 32 des LG Berlin wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Die Berufung war durch Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherheit einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Hinsichtlich der weiteren Begründung wird auf den Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO vom 1.11.2010 verwiesen, der im Einzelnen wie folgt lautet:
"Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
I. Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
Zutreffend hat das LG in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Klägerin gegen den Beklagten gem. §§ 280 Abs. 1, 249 BGB einen Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 899,40 EUR hat, weil der Beklagte eine Pflicht aus dem zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrag verletzt und diese Pflichtverletzung auch zu vertreten hat. Der Beklagte irrt, wenn er meint, dass eine Pflichtverletzung nicht vorliege. Die Pflichtverletzung ist in dem vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache zu sehen. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Mieter die Mietsache vertragsgemäß gebraucht, kommt dem von den Parteien festgelegten Vertragszweck eine ausschlaggebende Bedeutung zu. Der Mieter gebraucht die Mietsache vertragswidrig, wenn er sie zu anderen gewerblichen Tätigkeiten als den durch den Vertrag erlaubten benutzt (Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., IV, Rz. 162, 163). Vertraglich vereinbart ist der Betrieb einer Arztpraxis für Orthopädie. Der Beklagte räumt selbst ein (Schriftsatz vom 14.4.2010, S. 2), dass er seit Januar 2009 in den streitgegenständlichen Räumen zusätzlich eine allgemeinmedizinische Praxis betrieb. Hierzu war er aufgrund der vertraglichen Vereinbarung nicht berechtigt. Da der Beklagte sich weigerte, die allgemeinmedizinische Sprechstunde zu unterlassen, war die Beauftragung eines Rechtsanwaltes seitens der Klägerin auch erforderlich und zweckmäßig i.S.d. § 249 BGB.
Das LG hat auch zu Recht dem Beklagten die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des Rechtsstreits gem. § 91a ZPO auferlegt. Der zunächst geltend gemachte Antrag auf Räumung und Herausgabe war bis zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Hauptsachenerledigung zulässig und begründet.
Die Klägerin hat das Mietverhältnis mit Schreiben vom 14.7.2009 wirksam gem. § 543 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 BGB außerordentlich fristlos gekündigt. Ein wichtiger Grund zur Kündigung lag vor, denn aufgrund der Pflichtverletzung seitens des Beklagten war der Klägerin unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Verschuldens des Beklagten und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum vereinbarten Ende der Mietzeit nicht zuzumuten. Der Beklagte irrt, wenn er meint, der ihm zur Last zu legende vertragswidrige Gebrauch der Mietsache stelle keine erhebliche Pflichtverletzung dar. Das LG hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass der Klägerin aufgrund der Pflichtverletzung des Beklagten die außerordentliche Kündigung ihres Mietvertrages drohte. Der Klägerin drohte damit zugleich Entzug ihrer wirtschaftlichen Grundlage. Unerheblich ist, ob die Klägerin in dem hier fraglichen Zeitraum vor der fristlosen Kündigung bereits von ihrem Vermieter abgemahnt worden ist. Die abstrakte Gefahr der fristlosen Kündigung reicht für die Annahme einer erheblichen Pflichtverletzung aus. Eine Verpflichtung der Klägerin, sich zunächst der Gefahr einer Abmahnung und einer kurz darauf folgenden Kündigung auszusetzen, bestand nicht. Soweit der Beklagte in der Berufungsbegründung erstmals vorträgt, dass der Vermieter der Klägerin sich nicht gekümmert habe und der Auffassung gewesen sei, dass die Mieter die Angelegenheit unter sich klären müssten, ist dieser Vortrag unsubstantiiert, beweislos und im Übrigen auch gem. § 531 Abs. 2 Ziff. 3 ZPO nicht zu berücksichtigen.
Dem Beklagten kan...