Leitsatz (amtlich)

Der Gebührenstreitwert einer Klage auf zukünftige Leistung von Nutzungsentschädigung für Gewerberaum bis zum - unbekannten - Zeitpunkt der Räumung ist nach § 3 ZPO zu bestimmen; in einfach gelagerten Fällen ist dieser Streitwert auf den 12-fachen Betrag der geforderten monatlichen Nutzungsentschädigung festzusetzen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 12.08.2005; Aktenzeichen 65 T 20/05)

AG Berlin-Charlottenburg (Beschluss vom 10.01.2005; Aktenzeichen 211 C 481/03)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Klägers, die im Übrigen zurückgewiesen wird, werden die Streitwertbeschlüsse des AG Charlottenburg vom 10.1.2005 und des LG vom 12.8.2005 teilweise abgeändert:

1. Der Streitwert wird wie folgt neu festgesetzt:

Für die Geschäftsgebühr:

Räumungsklage: 12 × 521,52 EUR = 6.258,24 EUR

Zahlungsklage gegen beide Beklagten: 11.759,90 EUR

Zahlungsklage gegen Beklagten zu 1): 10.256,44 EUR

Nutzungsentschädigung von Beklagten zu 1):

12 × 603,32 EUR = 7.239,84 EUR

Summe: 35.514,42 EUR

Für die Verhandlungsgebühr:

erledigte Räumungsklage: bis zu 2.400 EUR

Zahlungsklage: 11.759,90 EUR

Summe 14.159,90 EUR

2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

3. Der Beschwerdewert wird auf bis zu 2.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beklagte zu 1) hat sich in dem am 12.4.1999 geschlossenen Mietvertrag zur Zahlung eine Miete i.H.v. 1.020 DM zzgl. eines Heizkostenvorschusses von 160 DM verpflichtet. Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst Räumung sowie die Zahlung rückständiger Mieten begehrt und des Weiteren beantragt, den Beklagten zu verurteilen, zukünftig bis zur Räumung eine monatliche Nutzungsentschädigung in Höhe der Brutto-Miete zu zahlen.

Auf die gegen den Streitwertbeschluss des AG vom 10.1.2005 gerichtete Beschwerde des Klägers hat das LG den Streitwert für die Geschäftsgebühr betreffend die Räumungsklage auf (12 × 603,32 EUR=) 7.239,84 EUR und betreffend die Nutzungsentschädigung bis zur Räumung gem. § 9 ZPO auf (42 × 603, 32 EUR=) 25.339,44 EUR festgesetzt und die weitere Beschwerde zugelassen.

II. Auf die gem. §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 4 GKG zulässige weitere Beschwerde des Klägers waren die Streitwerte hinsichtlich des Räumungsantrages sowie des Antrages auf Zahlung von Nutzungsentschädigung für die Zeit bis zur Räumung neu festzusetzen.

A. Räumungsklage

Gemäß § 41 Abs. 2 GKG ist, wenn wegen Beendigung eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses die Räumung eines Grundstücks, Gebäudes oder Gebäudeteils verlangt wird, das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt maßgebend, wenn sich nicht nach Abs. 1 GKG ein geringerer Streitwert ergibt.

Gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 GKG ist, sofern das Bestehen oder die Dauer eines Miet-, Pacht- oder ähnlichen Nutzungsverhältnisses streitig ist, der Betrag des auf die streitige Zeit entfallenden Entgelts maßgebend, es sei denn, das einjährige Entgelt ist geringer. Dann ist dieser Betrag für die Wertberechnung maßgebend. Gemäß § 41 Abs. 1 S. 2 GKG umfasst das Entgelt nach S. 1 neben dem Nettogrundentgelt Nebenkosten dann, wenn diese als Pauschale vereinbart sind und nicht gesondert abgerechnet werden.

Da in § 41 Abs. 2 GKG auf beide Sätze des Abs. 1 dieser Vorschrift verwiesen wird, gilt gerade auch für den Räumungsstreitwert die Streitwerterhöhung durch Addition der Nebenkosten nur dann, wenn diese als Pauschale vereinbart worden sind (KG KGReport Berlin 2005, 211). Vorliegend ist deshalb für den Streitwert der Räumung von der für die Dauer eines Jahres zu zahlende Miete ohne Nebenosten auszugehen.

B. Nutzungsentschädigung für die Zeit bis zur Räumung

Die Frage, ob der Gebührenstreitwert einer auf Zahlung zukünftiger Nutzungsentschädigung bis zur Räumung gerichteten Klage nach § 9 ZPO oder § 3 ZPO zu bestimmen ist, ist umstritten. Mit der ganz h.M. geht der Senat davon aus, dass die Bestimmung des Streitwertes gem. § 3 zu erfolgen hat (so auch die Zivilkammer 62 des LG Berlin GE 2005, 237; OLG Frankfurt v. 5.2.2004 - 2 W 3/04, OLGReport Frankfurt 2004, 201; KG v. 22.5.2000 - 20 W 3878/00, KGReport Berlin 2000, 234; OLG Frankfurt MDR 1980, 761; a.A. OLG Stuttgart v. 7.2.1997 - 13 W 3/97, NJW-RR 1997, 1303).

a) Entgegen der von der Zivilkammer 65 des LG Berlin in der angefochtenen Entscheidung und dem OLG Stuttgart (OLG Stuttgart v. 7.2.1997 - 13 W 3/97, NJW-RR 1997, 1303) vertretenen Ansicht ist § 9 ZPO in Fällen wie dem vorliegenden nicht anzuwenden. Es ist zwar zutreffend, dass es sich bei der vom Mieter bis zur Räumung zu zahlenden Nutzungsentschädigung um eine wiederkehrende Leistung von ungewisser Dauer handelt, doch reicht dies allein für eine Anwendung von § 9 ZPO nicht aus. Zu berücksichtigen sind vielmehr die Grundsätze, die von den Vereinigten Zivilsenaten des Reichsgerichts in RGZ 24, 373 [377] über Sinn und Zweck sowie über die Anwendung des § 9 ZPO entwickelt worden sind (bestätigt in RGZ 37, 383; BGHZ 36, 144). Hiernach betrifft § 9 nur solche Rechte, die ihrer Natur nach und erfahrungsgemäß eine Dauer von - aus heutiger...

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