Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert bei der Abwehr unerlaubter Zusendung von Werbe-E-Mails an einen Journalisten kann 15.000 DM betragen.
Normenkette
ZPO § 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 08.10.2001; Aktenzeichen 16 O 619/01) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers (5 W 124/02) wird der Streitwertbeschluss der Zivilkammer 16 des LG Berlin (zugestellt am 19.4.2002) geändert:
Der Streitwert beträgt 15.000 DM (7.669,38 Euro).
2. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Streitwertbeschluss der Zivilkammer 16 des LG Berlin vom 8.10.2001 wird zurückgewiesen.
3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers ist gem. § 25 Abs. 3 S. 1 GKG statthaft, gem. § 25 Abs. 3 S. 3 GKG rechtzeitig erhoben und zulässig im eigenen Namen eingelegt worden, § 9 Abs. 2 BRAGO.
Sie ist auch begründet. Zu Unrecht hat das LG im Wege der Teilabhilfe den Streitwert von 15.000 DM auf 5.000 DM herabgesetzt.
1. Gemäß § 3 ZPO ist der Streitwert nach freiem Ermessen zu bestimmen, d.h. aufgrund einer Schätzung. Für die Bemessung ist in erster Linie das wirtschaftliche eigene Interesse des Unterlassungsgläubigers an der Anspruchsverwirklichung maßgebend (BGH v. 26.4.1990 – I ZR 58/59, MDR 1990, 986 = GRUR 1990, 1052 [1053] – Streitwertbemessung). Dieses Interesse ist nach der Gefährlichkeit (dem „Angriffsfaktor”) der zu unterbindenden Handlung für den Wettbewerber anhand des drohenden Schadens (Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) zu bestimmen. Es hängt insb. von den Unternehmensverhältnissen bei dem Verletzer und dem Verletzten (Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft, Marktstellung, Perspektiven), der Intensität des Wettbewerbs zum Verletzten (in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht), den Auswirkungen zukünftiger Verletzungshandlungen (Ausmaß, Intensität und Häufigkeit, indiziert durch die bereits begangene Verletzungshandlung), der Intensität der Wiederholungsgefahr (Verschuldensgrad, nachheriges Verhalten, Unterlassungspflichten ggü. Dritten) sowie der Nachahmungsgefahr ab (Köhler/Piper, UWG, vor §§ 23a, 23b Rz. 12).
Die vom Ausgang des Verfahrens noch unbeeinflusste Wertangabe des Gläubigers in der Antragsschrift stellt i.d.R. ein wesentliches Indiz dar.
2. Vorliegend ist der Antragsteller bei Verfahrenseinleitung von einem Wert i.H.v. 15.000 DM ausgegangen. Zwar entsteht bei einem einmaligen Herunterladen einer Werbe-E-Mail nur ein geringer finanzieller Schaden und zeitlicher Nachteil. Die Versendung von Werbung mittels E-Mail ist aber besonders kostengünstig, so dass von einem besonders großen Nachahmungseffekt auszugehen ist und deshalb ein Wert von 15.000 DM schon für ein Verfügungsverfahren angemessen sein kann (KG, Beschl. v. 20.11.2001 – 5 W 145/01). Darüber hinaus muss sich der Empfänger beim Löschen der E-Mail auch gezielt näher mit dieser befassen, was den Werbewert erhöht. An einem Wert von 15.000 DM ist deshalb jedenfalls dann festzuhalten, wenn die Kommunikation mittels E-Mail für den Antragsteller erkennbar von besonderer geschäftlicher oder beruflicher Bedeutung (also nicht nur rein privat) ist. Davon kann vorliegend bei einem Journalisten ausgegangen werden.
II. Dementsprechend ist die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Berlin vom 8.10.2001 (Streitwert 15.000 DM) unbegründet.
III. Die Entscheidungen zu den Kosten beruhen auf § 25 Abs. 4 GKG.
Haase Crass Dr. Pahl
Fundstellen
Haufe-Index 1103024 |
CR 2003, 701 |
KG-Report 2003, 329 |