Leitsatz (amtlich)
Ein Eigentümerbeschluss, der für Beschlussanträge der Wohnungseigentümer die Schriftform und eine schriftliche Begründung vorschreibt, überschreitet schon die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer, widerspricht aber jedenfalls Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung.
Normenkette
WEG § 23 Abs. 1, § 2
Verfahrensgang
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 569/99 WEG) |
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 356/00 WEG) |
Tenor
Unter teilweiser Änderung des angefochtenen Beschlusses des LG und des Beschlusses des AG Charlottenburg vom 11.8.2000 – 70 II 569/99 – wird der Eigentümerbeschluss vom 6.9.1999 zu TOP 3, dass Anträge, die in der Wohnungseigentümer-Versammlung zur Abstimmung gebracht werden sollen, vom Antragsteller schriftlich mitgeteilt und schriftlich begründet werden müssen, für ungültig erklärt.
Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten der drei Instanzen werden dem Verwaltungsvermögen zu 8 % und den beiden Antragstellern zu je 46 % auferlegt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert wird für die dritte Instanz auf (45.179,59 DM =) 23.100 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu I. und II. bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft der Wohnanlage mit 96 Eigentumseinheiten.
Gemäß § 17 der Gemeinschaftsordnung werden die Betriebskosten nach Miteigentumsanteilen umgelegt mit Ausnahme der Betriebskosten der Zentralheizung, die nach den für Wohnraummietverhältnisse geltenden Bestimmungen umzulegen sind. Die Unternehmens-Verwaltungs-GmbH (im Folgenden GmbH) betreibt ein Fernheizwerk. Sie versorgt sowohl die Wohnanlage als auch eine teilweise über der Wohnanlage liegende Penthauswohnung mit Fernwärme. Mit der abgenommenen Wärme werden Räume beheizt und Wasser erwärmt. Die Penthauswohnung gehört zu dem Nachbargebäude und ist teilweise über die hiesige Wohnanlage gebaut. Für den Eigentümer dieser Wohnung besteht eine Grunddienstbarkeit zu Lasten der Wohnanlage.
Auf der Eigentümerversammlung vom 6.9.1999 beschlossen die Eigentümer zu TOP 3, dass Anträge, die in der WE-Versammlung zur Abstimmung gebracht werden sollen, vom jeweiligen Antragsteller schriftlich mitgeteilt und schriftlich begründet werden müssen, und zu TOP 4 u.a. die Jahresabrechnung 1998. Diese Jahresabrechnung führt Heizkosten i.H.v. 94.393,30 DM (davon zu Lasten der Antragsteller 724,65 DM) und Nutzerwechselkosten von 908,86 DM (Anteil zu Lasten der Antragsteller 0,00 DM) auf. In der Anlage 1 zu dieser Jahresabrechnung stehen Heizkostenausgaben von 87.653,41 DM, „Heizung Strom” i.H.v. 5.888,02 DM und „Heizung Ablesung” i.H.v. 1.380 DM, also insgesamt 94.921,43 DM, die aber so nicht in die Jahresabrechnung eingegangen sind. Die Abrechnung der … Energieservice GmbH (kurz: ista) führt dagegen wieder für 1998 Gesamtkosten i.H.v. 94.393,30 DM auf, von denen unter Berücksichtigung der verbrauchsabhängigen Kosten für Heizung und Warmwasser auf die Antragsteller 724,65 DM entfallen. Die in der ista-Abrechnung enthaltenen umzulegenden Messdienstkosten von 5.359,89 DM beziehen sich nach einem Schreiben der ista vom 20.3.1999 (wegen teilweise mehrfacher Ablesung in den 96 Wohnungen) rechnerisch auf 112 Einheiten. Ein Betrag von 642,64 DM setzt sich zusammen aus Kosten für Nutzerwechsel und „Schätzung je Nutzer”. Dieser Betrag ist aber nicht in dem auf die Antragsteller umgelegten Gesamtbetrag von 94.393,30 DM enthalten.
Mit ihrer am 1.10.1999 bei Gericht eingegangenen Antragsschrift haben die Antragsteller die Beschlüsse zu TOP 3 und zu TOP 4 hinsichtlich der Anträge zu 1) und 2) angefochten. Das AG hat mit Beschluss vom 11.8.2000 die Anträge zurückgewiesen. Das LG hat auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller den Beschluss des AG teilweise geändert und die Anfechtungsanträge zu TOP 3 und zu TOP 4 hinsichtlich der Jahresabrechnung 1998 zurückgewiesen.
Die Antragsteller rügen mit ihrer weiteren sofortigen Beschwerde: Eine Wohnungseigentümergemeinschaft habe nicht die Befugnis zur Aufstellung einer weit über die im WEG vorgesehenen Grundregeln hinausgehenden vorherigen schriftlichen Antragsbegründungspflicht. Diese folge auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 23 Abs. 2 WEG. Es bestehe kein Recht eine Mussvorschrift einzuführen, die auch in der Teilungserklärung keine Stütze finde. Die Vorbereitung von Eigentümerversammlungen werde in unzumutbarer und nicht sachgerechter Weise reglementiert. Der Beschluss sei auch angesichts der Anzahl der Miteigentümer nicht praktikabel. Das LG sei nicht darauf eingegangen, dass die Kosten für die Penthauswohnung in der Jahresabrechnung nicht erscheine. Es lasse außer Acht, dass die Warmwasser-Kosten der Miteigentümer, die eine Warmwasseruhr installiert haben, nicht im Verhältnis 70:30 abgerechnet worden seien. Die Antragsteller seien mit Zwischenablesungskosten belastet worden. Zusätzliche Nutzerwechselkosten von 908,86 DM seien nicht nachvollziehbar. Die Abrechnung sei wegen des Nichteinstellens der nicht verbrauchten Heizkostenvorschüsse ...