Leitsatz (amtlich)
1. Die Einführung der Videoüberwachung des Hauseingangsbereiches einer Wohnungseigentumsanlage durch Kleinstkamera im Klingeltableau und Übertragung in das hausinterne Kabelnetz ohne technische Beschränkungen verstößt gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. Der angefochtene Eigentümerbeschluss kann vom Gericht nicht auf die etwa durch das BDSG vorgeschriebenen Einschränkungen reduziert werden.
2. Mangels anderweitiger Vereinbarung verstößt die Eigentümergemeinschaft angesichts der im Mietrecht umstrittenen Abrechnung von so genannten Zwischenablesekosten nicht gegen Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn sie in der Jahresabrechnung die durch Nutzerwechsel in einzelnen Wohnungen entstehenden zusätzlichen Ablesekosten nicht vollständig auf die vom Nutzerwechsel betroffenen Wohnungseigentümer umlegt.
Normenkette
WEG § 16 Abs. 2, § 21 Abs. 3; HeizKVO § 7 Abs. 2; HeizKVO § 8 Abs. 2; HeizKVO § 9b
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 85 T 421/00) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 70 II 645/98) |
Tenor
Unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des LG und teilweiser Änderung des Schlussbeschlusses des AG Charlottenburg v. 18.10.2000 – 70 II 645/98 – wird der Eigentümerbeschluss vom 17.9.1998 zu TOP 7 insoweit für ungültig erklärt, als in jedem Eingang eine Kamera installiert wird, die es jedem Bewohner ermöglicht, den Eingangsbereich per Tastendruck vom Fernsehgerät aus einzusehen.
Im Übrigen werden Erst- und sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten aller drei Instanzen werden dem Verwaltungsvermögen zu 1/5 und den Antragstellern zu je 2/5 auferlegt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Geschäftswert für alle Instanzen wird auf 16.361,34 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) und 2) bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft der Wohnanlage. Nach § 7 der Teilungserklärung vom 17.1.1995 sind alle Gebäudeteile Gemeinschaftseigentum, die nach den Vorschriften des WEG zwingend gemeinschaftliches Eigentum sind. Gemäß § 12 Abs. 1 der Teilungserklärung obliegt den jeweiligen Eigentümern u.a. die Instandsetzung der Außenfenster insoweit, als diese infolge unsachgemäßer Behandlung durch den Wohnungseigentümer, deren Angehörige oder Personen, denen sie die Wohnung überlassen haben, entstanden sind. Die Behebung von Glasschäden im Bereich ihres Sondereigentums obliegt den Wohnungseigentümern ohne Rücksicht auf die Verursachung der Schäden. Nach § 12 Abs. 2 der Teilungserklärung obliegt den Wohnungseigentümern die Instandsetzung i.Ü. gemeinschaftlich. Die Kosten für die gemeinschaftliche Instandhaltung tragen die Eigentümer gem. § 17 der Teilungserklärung nach Miteigentumsanteilen mit Ausnahme der Heizungs- und Verwalterkosten. Die F. Unternehmens- und Verwaltungs-GmbH (im Folgenden F. GmbH) betreibt ein Fernheizwerk. Sie versorgt sowohl die Wohnanlage als auch eine über der Wohnanlage teilweise liegende Penthousewohnung mit Fernwärme. Mit der abgenommenen Wärme werden Räume beheizt und Wasser erwärmt. Die Penthousewohnung gehört zu dem Nachbargebäude und ist teilweise über die hiesige Wohnanlage gebaut. Für den Eigentümer dieser Wohnung besteht eine Grunddienstbarkeit zu Lasten der Wohnanlage.
Mit Schreiben vom 24.8.1998 lud die ehemalige Verwalterin (Beteiligte zu 3)) zu einer Eigentümerversammlung am 17.9.1998. Dabei umfasste der TOP 5 drei Unterpunkte, nämlich die Sanierung der rechten Balkonentwässerung der Wohnungen an einem Treppenaufgang, Abdichtungsarbeiten an der Tiefgarage sowie die Errichtung eines Zauns zur Straße. Auf der Eigentümerversammlung vom 17.9.1998 beschlossen die Eigentümer u.a. zu TOP 4 die Jahresabrechnung 1997 sowie die Entlastung der ehemaligen Verwalterin. Die Jahresabrechnung führt Heizkosten i.H.v. 106.015,49 DM auf, in der Anl. 1 wird hinsichtlich dieser Kosten auf die Heizungs- und Warmwasserkostenabrechnung der Fa. M. GmbH für 1997 verwiesen. Deren Abrechnung führt Gesamtkosten i.H.v. 105.521,33 DM auf. Nach einem Schreiben der M. GmbH vom 17.3.1998 entstanden Nebenkosten für Betriebsstrom und Messdienste i.H.v. 5.749,69 DM. Dieser Betrag enthält Kosten für Nutzerwechsel und „Schätzung je Nutzer” von 493,96 DM. Der letztgenannte Betrag ist nicht in dem Gesamtbetrag von 105.521,53 DM enthalten.
Zu TOP 5 fassten die Eigentümer entsprechend der in der Einladung angegebenen Reihenfolge verschiedene Beschlüsse. Zu TOP 7 beschlossen sie die Übernahme des Fernsehkabelnetzes durch die Gemeinschaft und das Verbot der Parabolantennen am Gemeinschaftseigentum. Hierzu heißt es in dem Eigentümerbeschluss, dass die Fa. Kabel-Service im Haus ein privates Kabelnetz unterhält, an das die meisten Wohnungen angeschlossen sind. Bei dem Abschluss eines Sammelvertrages mit der Gemeinschaft können alle Wohnungen die derzeit angebotenen 33 Programme zum monatlichen Preis von 13,90 DM pro Monat inkl. MwSt. und zusätzlich zehn frei bestimmbare Satellitenprogramme für zusätzliche monatliche Kosten von 3 DM empfangen. Die Sammelabrechnung ges...