Entscheidungsstichwort (Thema)

Grobe Unbilligkeit eines Versorgungsausgleichs

 

Leitsatz (amtlich)

Wird eine verhältnismäßig junge Beamtin nach relativ kurzer Ehezeit wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt und hat sie - im Gegensatz zum ausgleichsberechtigten Ehemann - auch keine Möglichkeit, noch erhebliche Anwartschaften durch weitere Erwerbstätigkeit zu erlangen, kann der Versorgungsausgleich zu ihren Lasten wegen grober Unbilligkeit nach § 1587c Abs. 1 BGB ausgeschlossen sein.

 

Verfahrensgang

AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Urteil vom 19.06.2002; Aktenzeichen 160 F 10037/00)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird unter Zurückweisung der Beschwerde der Beteiligten zu 2) das am 19.6.2002 verkündete Urteil des AG Tempelhof-Kreuzberg im Ausspruch über den Versorgungsausgleich geändert:

Ein Versorgungsausgleich findet nicht statt.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Parteien je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 500 Euro festgesetzt.

 

Gründe

Beide Parteien waren während der Ehezeit (1.7.1996-31.8.2000) berufstätig. Die Antragstellerin wurde mit Ablauf des 30.11.2000 wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.

Nach Auskunft der Beteiligten zu 2) vom 13.3.2001 hatte die Antragstellerin ohne Berücksichtigung der vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften von 243,97 DM = 124,74 Euro erworben. Der Antragsgegner hat während der Ehezeit Anwartschaften erworben, die diesen Betrag übersteigen. Danach wäre ein Versorgungsausgleich zugunsten der Antragstellerin durchzuführen gewesen durch Übertragung und Begründung von Rentenanwartschaften. Da ein solcher Ausgleich unwirtschaftlich wäre, hat das AG gem. § 1587b Abs. 6 BGB der Antragstellerin den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

Die Beteiligte zu 2) hat am 8.10.2002 eine neue Auskunft erteilt, die unter Berücksichtigung des vorzeitigen Ruhestandes der Antragstellerin ehezeitbezogene Versorgungsanwartschaften von 651,01 DM = 332,86 Euro ergibt. Sie begehrt mit ihrer Beschwerde, den Versorgungsausgleich unter Berücksichtigung dieser Auskunft durchzuführen. Die Antragstellerin hat ebenfalls Beschwerde erhoben und begehrt, den Versorgungsausgleich gem. § 1587c Nr. 1 BGB auszuschließen.

Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und der Antragstellerin sind gem. § 621e ZPO zulässig. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2) ist unbegründet, während die Beschwerde der Antragstellerin Erfolg hat.

Nach den vorliegenden Auskünften der Beteiligten wäre grundsätzlich entsprechend dem Hinweis des Senats vom 3.1.2003 der Versorgungsausgleich i.H.v. 95,18 Euro monatlich zugunsten des Antragsgegners durchzuführen. Wird - wie hier - ein Beamter vorzeitig in den Ruhestand versetzt, so ist für den Versorgungsausgleich die tatsächlich gewährte Versorgung maßgebend (BGH v. 14.10.1981 - IVb ZB 593/80, MDR 1982, 304 = FamRZ 1982, 36; v. 9.5.1990 - XII ZB 58/89, FamRZ 1990, 1341). Durch die Verringerung der Gesamtzeit ergibt sich eine auf die Ehezeit bezogene höhere Versorgung des pensionierten Beamten. Dem trägt die Beschwerde der Beteiligten zu 2) unter Bezugnahme auf die im Beschwerdeverfahren erteilte Auskunft vom 8.10.2002 Rechnung. Jedoch ist hier entsprechend dem Begehren der Antragstellerin der Versorgungsausgleich gem. § 1587c Nr. 1 BGB auszuschließen.

Wenn ein verhältnismäßig junger Beamter nach relativ kurzer Ehezeit wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wird, kann die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu seinen Lasten gem. § 1587c Nr. 1 BGB grob unbillig sein, wenn der an sich ausgleichspflichtige Ehegatte im Gegensatz zum anderen keine Möglichkeit hat, noch erhebliche Anwartschaften durch weitere Erwerbstätigkeit zu erlangen (BGH v. 14.10.1981 - IVb ZB 593/80, MDR 1982, 304 = FamRZ 1982, 36; v. 9.5.1990 - XII ZB 58/89, FamRZ 1999, 499; OLG Düsseldorf v. 28.5.1993 - 7 UF 77/92, FamRZ 1993, 1322). So liegt es hier.

Die kinderlose Ehe der Parteien dauerte 4 Jahre und einen Monat und war damit von verhältnismäßig kurzer Dauer. Beide Parteien waren auch nach der Eheschließung in gleicher Weise wie zuvor berufstätig, der Antragsgegner erlitt keine versorgungsmäßigen Nachteile durch die Ehe. Beide Parteien erhielten als Beamte vergleichbar hohe Bezüge, und zwar die Antragstellerin nach Besoldungsgruppe A 7, Stufe 5, und der Antragsgegner nach Besoldungsgruppe A 7, Stufe 6. Der am 16.11.1965 geborene Antragsgegner verfügte bei Eheende über höhere Versorgungsanwartschaften als die Antragstellerin. Nach der Auskunft der Beteiligten zu 1) vom 29.1.2002 hatte er bei Eheende Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung von 235,62 Euro erworben und nach der Auskunft der Beteiligten zu 3) vom 23.12.2002 eine Anwartschaft auf ein monatliches Ruhegehalt von 2.420,76 DM brutto. Dagegen betrug das monatliche Ruhegehalt der Antragstellerin bei Eheende nach der Auskunft ...

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