Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz bei Kfz-Unfall: Ermittlung der erforderlichen Mietwagenkosten
Leitsatz (amtlich)
1) Bei der Ermittlung der zum Zweck der Überbrückung eines unfallbedingten Ausfalls der Nutzung eines Kraftfahrzeuges erforderlichen Kosten kann das Gericht geeignete Listen oder Tabellen verwenden.
2) Weder gegen die Heranziehung des "Schwacke-Mietpreisspiegels", noch gegen die Verwendung des "Marktpreisspiegels Mietwagen Deutschland 2008" des Fraunhofer Instituts Arbeitswirtschaft und Organisation bestehen allgemein grundsätzlich durchgreifende Bedenken; auch das arithmetische Mittel aus beiden Markterhebungen kann Grundlage der Schätzung des Tatrichters sein.
3) Die Eignung dieser Listen bedarf nur der Klärung, wenn im Einzelfall anhand konkreter Umstände dargetan ist, dass ein geltend gemachter Mangel der Schätzgrundlage die Schadensschätzung erheblich beeinflusst.
4) Allein der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen für den zu entscheidenden Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen.
Normenkette
BGB § 249 Abs. 2 S. 1; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 21.07.2009; Aktenzeichen 17 O 314/08) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21.7.2009 verkündete Urteil des LG Berlin, 17 O 314/08, teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.929,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 20.11.2008 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von restlichen Ansprüchen der ... GmbH & Co. KG, ..., ..., aus der Rechnung vom 18.7.2008, Rechnungsnummer: ..., i.H.v. 113,50 EUR freizustellen.
In Höhe von 15 EUR wird die Berufung als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz tragen die Klägerin 42 % und die Beklagte 58 %. Von den Kosten des Rechtsstreits der zweiten Instanz tragen die Klägerin 65 % und die Beklagte 35 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung eines Tatbestandes sieht der Senat nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO ab.
II.1. Die Berufung war i.H.v. 15 EUR mangels Begründung als unzulässig zu verwerfen (§§ 522 Abs. 1, 520 ZPO). Die Klägerin hat sich in ihrer Berufungsbegründung nicht dazu geäußert, dass das angefochtene Urteil fehlerhaft sei, weil ihr darin kein Anspruch auf die verlangte Freistellung von den in der Rechnung der AVIS Autovermietung GmbH & Co. KG vom 18.7.2008 enthaltenen Kosten für die Zustellung und Abholung des Mietwagens i.H.v. jeweils 7,50 EUR netto zugesprochen worden ist.
Im Übrigen ist die Berufung zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie teilweise Erfolg.
2. Der Klägerin steht von den mit ihrer Berufung aus dem Verkehrsunfall vom 27.6.2008 noch verfolgten Ansprüchen auf merkantilen Minderwert i.H.v. 1.700 EUR und restliche Mietwagenkosten i.H.v. 1.685,32 EUR gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des schädigenden Fahrzeugs allein ein Anspruch auf merkantilen Minderwert i.H.v. 1.200 EUR nach § 823 Abs. 1, 2 BGB, §§ 7, 18 StVG, §§ 249 ff. BGB, § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG zu. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten ist dem Grunde nach zwischen den Parteien nicht im Streit, sondern allein deren Umfang.
a) Die Klägerin hat i.H.v. 1.200 EUR einen Anspruch auf merkantilen Minderwert nach § 251 Abs. 1 BGB für ihren bei dem Unfall erheblich beschädigten, im Unfallzeitpunkt über 9 Jahre alten und eine Laufleistung von knapp mehr als 170.000 km ausweisenden Porsche 911 Carrera 4 Coupé. Ein weitergehend geltend gemachter Anspruch steht ihr dagegen nicht zu.
Nachdem der Senat die Parteien in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass trotz des Alters und der Laufleistung des Fahrzeugs - entgegen einer in Rechtsprechung und Schrifttum (und auch in dem angefochtenen Urteil) noch vertretenen, nach Auffassung des Senats aber überholten Ansicht - ein durch den Unfall geminderter Handelswert auf dem Gebrauchtwagenmarkt im Raume stehe und beabsichtigt sei, ein Sachverständigengutachten zu dem von der Klägerin behaupteten merkantilen Minderwert einzuholen, haben die Parteien diesen i.H.v. 1.200 EUR unstreitig gestellt. Einer Beweisaufnahme bedurfte es daher nicht mehr.
b) Der Klägerin kommt ein mit ihrer Berufung ferner verfolgter Anspruch auf Freistellung von Mietwagenkosten über weitere 1.670,32 EUR nicht nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB zu. Im Ergebnis zu Recht hat das LG einen ersatzfähigen Schaden für den für die Dauer von zwei Wochen angemieteten "Ersatz-Porsche" nur i.H.v. insgesamt 1.360 EUR (= 1.600 EUR - 240 EUR ersparte Eigenaufwendungen) als begründet angesehen und dementsprechend der Klägerin unter Abzug der vorprozessualen Zahlungen einen Betrag von noch 113,50 EUR zugesprochen. Insbesondere lässt e...