Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 24.04.1998; Aktenzeichen (562) 81 Js 1037/95 (163/97)) |
Nachgehend
Gründe
Das Landgericht hat die Angeklagte von dem Vorwurf freigesprochen, sich in zwei Fällen im Zusammenhang mit der Verbreitung von Druckwerken eines Vergehens gemäß § 19 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BlnPresseG schuldig gemacht zu haben.
In einem Fall legt die Staatsanwaltschaft der Angeklagten zur Last, sich am 1. April 1995 strafbar gemacht zu haben, indem sie als verantwortliche Redakteurin eines periodischen Druckwerks, des sogenannten "Erstsemesterinfo des AStA TU", gegen ihre Verpflichtung verstoßen habe, das unter den Studenten der Technischen Universität Berlin verteilte Druckwerk frei von strafbarem Inhalt, nämlich einer Volksverhetzung und Beleidigung, zu halten (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 BlnPresseG; §§ 130 Abs. 1 Nr. 2, 185, 194, 77, 77b StGB).
In dem zweiten Fäll habe sie sich als Verlegerin eines in der Zeit vom 1. Januar 1996 bis 12. Februar 1996 unter Studenten an der Technischen Universität Berlin verteilten nicht periodischen Druckwerks in Gestalt eines Flugblatts strafbar gemacht, da eine darin begangene rechtswidrige Tat, nämlich eine Beleidigung, auf der Verletzung der ihr als Verlegerin obliegenden Aufsichtspflicht beruht habe (§ 19 Abs. 2 Nr. 2 BlnPresseG, §§ 185, 194, 77, 77b StGB).
Das Landgericht - wie schon das Amtsgericht - ist zu der Auffassung gelangt, dass die in den Druckwerken enthaltenen Texte keine rechtswidrige Straftat darstellen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
A.
Dem Urteil des Landgerichts liegen folgende Sachverhalte zugrunde:
I. Vorgeschichte
1. Anfang 1994 betrieb die Deutsche Bundeswehr eine Image- und Werbekampagne, im Zuge derer sie u. a. Anzeigen in Zeitungen und Zeitschriften verbreitete. Diese Anzeigen enthielten neben dem Emblem der Bundeswehr auch deren Schriftzug und als Blickfang im Sinne einer Schlagzeile hervorgehobene Worte wie "Ja, Dienen" oder "Ja, Helfen". Eine dieser inhaltlich jeweils ähnlichen Anzeigen lautete wie folgt:
"Bei der Bundeswehr gibt es eine lange Tradition: Hilfe für Menschen in Not. Ja, Helfen.
Helfen im In- und Ausland ist für die Soldaten der Bundeswehr nichts Ungewöhnliches. Erinnern wir uns: Flutkatastrophe in Hamburg 1962, Erdbeben in der Türkei 1966 und in Italien 1981, Hungerkatastrophen in der Sahelzone 1973/1978 und in Äthiopien 1974/1985, Brand in der Lüneburger Heide 1975, UNO-Einsätze in Kurdistan 1991, Kambodscha 1992, in Bosnien und Somalia. Immer war die Bundeswehr zur Stelle. Dabei helfen unsere Soldaten, Gefahren abzuwenden, Leben zu retten und Not zu lindern - häufig unter persönlicher Gefährdung. Ihr Einsatz beim Jahrhunderthochwasser an Mosel, Rhein und Saar zum Jahreswechsel 1993/94 ist noch in frischer Erinnerung. Menschen zu helfen gehört zur Tradition der Bundeswehr. Darauf sind wir stolz. Wir sind da. Bundeswehr"
2. Anlässlich dieser Werbemaßnahme entwarf eine im Jahre 1994 an der Technischen Universität Berlin agierende "Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär" einen "Anzeigentext", der in seiner optischen und drucktechnischen Aufmachung die damaligen Anzeigen der Bundeswehr nachahmte. Indes tauschte sie den Text aus. Anstelle der Worte "Ja, Helfen"' oder "Ja, Dienen" stand auf dem Flugblatt (im folgenden: "Originalflugblatt") nunmehr plakativ hervorgehoben: "Ja, Morden". Der vollständige Text lautete:
"Deutsche Armeen in einer langen Tradition.
Ja, Morden.
Morden im In- und Ausland ist für deutsche Soldaten nichts Ungewöhnliches. Erinnern wir uns: - Angriffskrieg gegen Frankreich 1871 - Deutschland beginnt einen Weltkrieg - Deutschland beginnt noch einen Weltkrieg - Somalia 1993/1994. Menschen zu töten gehört zur Tradition von (deutschen) Armeen. Darauf sind wir stolz. Wir sind immer noch da. Bundeswehr"
Eine solche Anzeige erschien auch in einem Erstsemesterinfo des AStA der Technischen Universität.
Gegenstand des Strafverfahrens ist nicht dieses Flugblatt an sich, sondern es sind zwei schriftliche Äußerungen, die dem Flugblatt nachfolgten und auf dessen Text sowie die öffentliche Reaktion, die er auslöste, Bezug nahmen.
II. Tatvorwürfe
1. Nachdem wegen des Flugblatts Strafanzeige erstattet und wegen dieser Anzeigen strafrechtlich ermittelt worden war, wurde als Reaktion darauf in dem folgenden Erstsemesterinfo des AStA der Technischen Universität, für das die Angeklagte als verantwortliche Redakteurin im Sinne des Pressegesetzes zeichnete, am 1. April 1995 unter der Überschrift "Die Mord-Anzeige - ein Nachspiel" folgender Artikel veröffentlicht und verbreitet:
"Die "Mord-Anzeige" ein Nachspiel
In dem letzten Erstsemester-Info war auf der letzten Seite eine Anzeige der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär abgedruckt mit dem Inhalt: "Deutsche Armeen in einer langen Tradition: Ja, Morden. Morden im In- und Ausland ist für deutsche Soldaten nic...