Leitsatz (amtlich)
Schuldner der Abfall- und Straßenreinigungsgebühren sind nach Berliner Landesrecht die Wohnungseigentümer als Miteigentümer und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft. Deren Teilrechtsfähigkeit nach der Entscheidung des BGH vom 2.6.2005 (BGH v. 20.6.2005 - V ZB 32/05, BGHZ 163, 154) hat für die Haftung, die an die Eigentümerstellung anknüpft, keine Bedeutung. Mangels einer § 134 Abs. 1 S. 4 BBauGB vergleichbaren gesetzlichen Regelung haften die Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner, nicht anteilig. Diese Haftungsregelung verstößt nicht gegen Bundesrecht.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 9 O 63/05) |
Tenor
Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zu 2)-4) zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die zulässige Berufung der Beklagten zu 2) bis 4) hat keinen Erfolg. Die Klägerin kann von den Beklagten die Zahlung der verlangten 8.358,96 EUR für die Straßenreinigung und Abfallentsorgung in der Zeit von April 2001 bis Juni 2004 aufgrund eines zwischen den Parteien in diesem Zeitraum bestehenden Vertragsverhältnisses verlangen.
1. Zwischen den Parteien bestanden, wie das LG zutreffend ausgeführt hat, entsprechende Vertragsverhältnisse über die Erbringung von Straßenreinigungsleistungen und die Abfallentsorgung in der Zeit von April 2001 bis Juni 2004. Nach § 4 Abs. 1 StrReinG obliegt die ordnungsgemäße Reinigung der Straßen dem Land Berlin als öffentliche Aufgabe für die Anlieger und Hinterlieger der betroffenen Straße. Die Übernahme dieser Aufgabe durch das Land Berlin führt zu einem Anschluss- und Benutzungszwang der Anlieger, die für die Erbringung der Straßenreinigung nach § 7 Abs. 2 S. 1 StrReinG ein Entgelt zu entrichten haben. Diese Entgeltpflicht hat dabei ihre Grundlage zulässiger Weise im privaten Recht (BGH MDR 1984, 558 = GE 1984, 381). Dasselbe gilt für die Abfallbesitzer im Land Berlin, die nach § 5 Abs. 2 des Krw/AbfallG einem Anschluss- und Benutzungszwang mit privatrechtlicher Entgeltregelung (§ 8 Abs. 1 S. 1 Krw/AbfallG) hinsichtlich des anfallenden Abfalls unterliegen. Kostenschuldner sind in der Regel die benutzungspflichtigen Grundstückseigentümer, so § 8 Abs. 1 S. 2 Krw/AbfallG in der Neufassung vom 16.9.2004, ebenso nach § 8 Abs. 1 S. 1 a.F.
Die Entgeltpflicht ergibt sich dabei aus vertraglichen Rechtsbeziehungen, die allerdings - anders als nach den Vorschriften des BGB - auch ohne individuellen Begründungsakt aufgrund der gesetzlichen Vorgaben des Anschluss- und Benutzungszwangs im Wege der tatsächlichen Inanspruchnahme bei der Abfallentsorgung und der tatsächlichen Leistungsgewährung wie bei der Straßenreinigung zustande kommen (Wolf/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 1, 11. Aufl., § 23 Rz. 34). Auf einen ausdrücklichen Vertragsschluss durch die WEG-Gemeinschaft oder deren hierzu ermächtigten Verwalter der kommt es insoweit nicht an. Ein solcher ist zur Begründung des Vertragsverhältnisses nicht vorgesehen und findet auch nicht statt.
Derartige vertragliche Beziehungen bestanden auch hier zwischen der Klägerin und den Beklagten zu 2) bis 4), weil diese in dem Zeitraum, für den die Entgelte verlangt werden, Miteigentümer des Grundstücks ... in ... waren.
Die Verpflichtung zur Zahlung betrifft dabei jeden einzelnen der Beklagten zu 2) bis 4) in voller Höhe, als Gesamtschuldner. Dies folgt aus § 427 BGB, nach dem mehrere gemeinschaftlich zu einer teilbaren Leistung Verpflichtete im Zweifel als Gesamtschuldner haften. Tatsachen, die eine andere Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht gegeben. Insoweit ist in § 7 Abs. 2 S. 2 StrReinG ausdrücklich geregelt, dass mehrere entgeltpflichtige Personen als Gesamtschuldner haften. Eine entsprechende Regelung fehlt zwar im Krw/AbfallG, es findet sich aber auch keine dem § 134 Abs. 1 S. 4 BauGB entsprechende Vorschrift, wonach die einzelnen Wohnungs- und Teileigentümer nur entsprechend ihrem Miteigentumsanteil entgeltpflichtig wären, so dass es bei der Regel des § 427 BGB verbleibt. Die Beklagten haben auch nicht dargetan, dass entgegen der Regel kein gemeinsamer Abfallbesitz der Miteigentümer besteht. Aus dem Wohnungseigentum folgt dies entgegen ihrem Einwand nicht.
Dass die jeweiligen Rechnungen an die WEG ... gerichtet sind, ändert an der Person der Vertragspartner nichts, weil sich hieraus kein Wille der Klägerin ablesen lässt, abweichend von der Gesetzeslage mit der WEG-Gemeinschaft selbst vertragliche Beziehungen begründen zu wollen, zumal auch ein entsprechender Wille der WEG-Gemeinschaft aus der Entgegennahme von Rechnungen nicht hervorgeht.
2. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Beklagten in Bezug auf das Grundstück Wohnungseigentum i.S.d. § 1 Abs. 2 WEG innehatten. Denn die genannten vertraglichen Beziehungen kommen entsprechend den gesetzlichen Grundlagen des Anschluss- und Benutzungszwanges mit den jeweiligen Grundstückseigentümern zustande. Nach § 1 Abs. 2 und 5 WEG sind die Wohnungseigentümer aber Miteigentümer des Grundstücks.
Dieser rechtlichen Beurteilung stehen die Ausführ...