Normenkette
HWG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 11 Abs. 1 Nr. 5b
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 28.06.2002; Aktenzeichen 15 O 785/01) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28.6.2002 verkündete Urteil der Zivilkammer 15 des LG Berlin geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des festzusetzenden Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für chirurgische Operationen außerhalb der Fachkreise mit der bildlichen Darstellung der Wirkung einer Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach der Anwendung wie (im angefochtenen Urteil) folgt zu werben.
Im Urteilstenor folgen dann 25 „Vorher-Nachher”-Gegenüberstellungen unterschiedlicher Personen aus der Internetwerbung der Beklagten.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung. Sie rügt, dass entgegen der Auffassung des LG § 11 Abs. 1 Nr. 5b HWG gar nicht anwendbar sei, da es bei den beworbenen chirurgischen Eingriffen nicht um die Beseitigung krankhafter Phänomene gehe. Vielmehr zeigten auch die „Vorher”-Darstellungen gesunde Menschen, die sich kosmetischen Korrekturen unterzogen hätten.
Sie beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Berufung erweist sich als erfolgreich. Die angegriffene Werbung verstößt nicht gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5b HWG.
An der Prozessführungsbefugnis (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG) des Klägers bestehen indes keine Zweifel (vgl. BGH WRP 2002, 1141 [1144] – Muskelaufbaupräparate). Er ist als rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen „zertifiziert”, so dass davon auszugehen ist, dass er den an einen solchen Verband zu stellenden Anforderungen genügt (§ 13 Abs. 7 UWG i.V.m. § 13 Abs. 5 S. 2 UKlaG und § 1 Nr. 4 UKlaV). Wie die Beklagte auch gar nicht in Abrede stellt, gehören zu seinen Mitgliedern zahlreiche Unternehmen und Verbände, die als Konkurrenten der Beklagten in Betracht kommen.
Die Werbung der Beklagten verstößt nicht gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5b HWG. Nach dieser Vorschrift darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel nicht geworben werden mit der bildlichen Darstellung der Wirkung eines Arzneimittels, eines Verfahrens, einer Behandlung, eines Gegenstandes oder eines anderen Mittels durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach der Anwendung. Es wird nicht verkannt, dass die beanstandete „Vorher-Nachher”-Werbung der Beklagten vom Wortlaut der Vorschrift erfasst wird (so zutreffend LG Konstanz ES-HWG § 11 Nr. 5b/Nr. 12). Es wird daher die Auffassung vertreten, dass die Publikumswerbung eines Instituts für chirurgische Kosmetik mit der bildlichen Darstellung der Wirkung der operativen Behandlung durch eine vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach deren Durchführung gegen die Vorschrift verstößt, gleichgültig, ob es sich bei den chirurgischen Eingriffen um die Beseitigung krankhafter oder nicht-krankhafter Phänomene handelt (so LG Konstanz, ES-HWG, § 11 Nr. 5b/Nr. 12; Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 11 Abs. 1 Nr. 5b Rz. 3; Bülow/Ring, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 11 Abs. 1 Nr. 5b Rz. 2). Dieser Ansicht, die in den angegebenen Fundstellen nicht näher begründet wird, vermag der Einzelrichter nicht zu folgen. Es kommt mithin nicht darauf an, dass ein chirurgischer Eingriff erforderlich ist. Dieser Punkt ist für die Beurteilung der Frage, ob eine Krankheit oder ein Körperschaden vorliegt, ohne Bedeutung (BGH WRP 2003, 389 [390] – Anlagebedingter Haarausfall). Die Vorschrift ist nur verletzt, wenn krankhafte Zustände oder Körperschäden gezeigt werden. Es reicht insoweit nicht, dass im Rahmen der Behandlung ein krankhafter Zustand durch den Eingriff selbst kurzfristig auftritt. Denn dieser krankhafte Zustand wird gerade nicht „illustriert”.
Der Einzelrichter des Senats folgt der Auffassung des OLG München (OLG München, Urt. v. 28.6.2001 – 29 U 2210/01), dass ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 5b HWG nur dann anzunehmen ist, wenn – im Regelfall in den „Vorher”-Abbildungen – krankhafte Phänomene gezeigt werden (so ersichtlich auch Gröning/Gröning, Heilmittelwe...