Leitsatz (amtlich)
Zu den Voraussetzungen der rückwirkenden Geltung des Notlagentarifs in der Krankenversicherung nach Art. 7 Abs. 2 EGVVG.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 15.11.2011; Aktenzeichen 7 O 292/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 7 des LG Berlin vom 15.11.2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Zahlung von Krankenversicherungsbeiträgen. Grundlage ist der Versicherungsvertrag Nr. 4..., der eine Krankenversicherung im Basistarif sowie eine Pflegepflichtversicherung umfasste und unstreitig mit Wirkung zum 1.8.2009 zustande gekommen war (Versicherungspolice vom 28.7.2009, vgl. Schreiben der Klägerin vom 18.3.2010, Bl. 152).
Ein vorausgegangenes Krankenversicherungsverhältnis (Nr. 7...) hatte die Klägerin mit Schreiben vom 1.11.2008 wegen bestehender Zahlungsrückstände mit sofortiger Wirkung gekündigt.
Im streitgegenständlichen Versicherungsverhältnis (Nr. 4...) erhob die Klägerin für die Monate Februar bis Juli 2009 Prämienzuschläge i.H.v. 2.468,40 EUR. Die Prämie für den Krankenversicherungsschutz im Basistarif betrug 569, 63 EUR ab 1.7.2009, 581,25 EUR ab 1.1.2010 und 590,03 EUR ab 1.7.2010.
Die Beklagte erbrachte die geschuldeten Leistungen nur teilweise. Die Klägerin mahnte mit Schreiben vom 2.10.2009 einen Rückstand von 3.972,02 EUR an und stellte sodann mit Schreiben vom 23.10.2009 das Ruhen der Leistungen gem. § 193 Abs. 6 VVG fest (Anlagen 4, 5).
Soweit die Klägerin in der Folgezeit bedingungsgemäß die Erstattung von Kosten für die medizinische Versorgung der Beklagten schuldete, verrechnete sie die von ihr zu erbringenden Zahlungen mit ihren offenen Forderungen aus dem Versicherungsverhältnis. Die von der Beklagten vor Anhängigkeit der Streitsache erbrachten Zahlungen i.H.v. insgesamt 3.582,58 EUR verrechnete sie (zunächst) mit bis zum 1.10.2009 aufgelaufenen Ansprüchen (auf Beitragszuschläge, Kranken- und Pflegeversicherungsprämien).
Im Wege des Mahnverfahrens hat die Klägerin Beitragsforderungen i.H.v. 8.114,79 EUR geltend gemacht.
Nach Überleitung in das Klageverfahren hat die Klägerin ihre Klage mit der Klagebegründung insgesamt i.H.v. 884, 52 EUR zurückgenommen (vgl. SS. v. 31.8.2011, Bl. 32, und SS. v. 31.10.2011, Bl. 51). Sie hat die Klage erstinstanzlich auf folgende Krankenversicherungsbeiträge erstreckt:
Okt 09 |
243,39 EUR |
Nov 09 |
569,63 EUR |
Dez 09 |
569,63 EUR |
Jan 10 |
581,25 EUR |
Feb 10 |
581,25 EUR |
Mär 10 |
581,25 EUR |
Apr 10 |
581,25 EUR |
Mai 10 |
581,25 EUR |
Juni 10 |
581,25 EUR |
Juli 10 |
590,03 EUR |
Aug 10 |
590,03 EUR |
Sep 10 |
590,03 EUR |
Okt 10 |
590,03 EUR |
7230,27 |
EUR |
- im Verlaufe der ersten Instanz hat sie die Klage wegen während des Rechtsstreits angefallener Erstattungsansprüche der Beklagten i.H.v. 849,75 EUR für erledigt erklärt (vgl. die Darstellung im SS. v. 31.10.2011, a.a.O.), so dass sich ihre Forderung zuletzt auf 6.380,52 EUR belaufen hat.
Wegen der weiter gehenden Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien sowie der gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des LG Berlin Bezug genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen, da die Beitragsforderung infolge mehrmaliger Änderungen der Berechnung -u.a. aufgrund unterlaufener Fehlberechnungen und Leistungsverrechnungen- der Höhe nach nicht nachvollziehbar und damit unsubstantiiert sei.
Die Klägerin hat gegen dieses Urteil (teilweise) Berufung eingelegt. Nicht angegriffen hat sie die Klageabweisung für die Monate Januar und Februar 2010 i.H.v. 1.136,34 EUR. Klageerweiternd macht sie stattdessen in der Berufungsinstanz eine Beitragsforderung für die Monate August und September 2009 i.H.v. 1.139,26 EUR geltend, so dass folgender Zeitraum und folgende Beträge zunächst Gegenstand der Berufung gewesen sind:
Aug 09 |
569,63 EUR |
Sep 09 |
569,63 EUR |
Okt 09 |
243,39 EUR |
Nov 09 |
569,63 EUR |
Dez 09 |
569,63 EUR |
Jan 10 |
13,08 EUR |
Feb 10 |
13,08 EUR |
Mär 10 |
581,25 EUR |
Apr 10 |
581,25 EUR |
Mai 10 |
581,25 EUR |
Juni 10 |
581,25 EUR |
Juli 10 |
590,03 EUR |
Aug 10 |
590,03 EUR |
Sep 10 |
590,03 EUR |
Okt 10 |
590,03 EUR |
Erledigung |
-849,75 EUR |
|
6383,44 EUR |
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil -soweit von ihr angegriffen- für falsch, weil sie mit Schriftsatz vom 31.10.2011 ausreichend vorgetragen habe. Sie meint, dass die ihr geschuldeten Beiträge für den Krankenversicherungsschutz nicht nach § 12 Abs. 1c S. 3 VAG auf die Hälfte reduziert seien. Es sei auch nicht zu einer rückwirkenden Umstellung der Prämienhöhe auf den Notlagentarif gekommen.
Nachdem die Klägerin im Verlaufe der Berufungsinstanz wegen weiter angefallener Erstattungsansprüche der Beklagten i.H.v. 159,31 EUR (SS. v. 25.1.2013Bl. 112) und 490,93 (SS. v. 15.8.2013, Bl. 233) den Rechtsstreit teilweise für erledigt erklärt hat, beantragt sie, das Urteil des LG Berlin vom 18.11.2011 mit Ausnahme der Klageabweisung in der Hauptsache i.H.v. 1.136,34 EUR aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.593,94 ...