Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 20.11.2017; Aktenzeichen 32 O 215/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 22.12.2016 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 32 O 215/16 - teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass hinsichtlich der im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten beim Amtsgericht ... - ... - zur Nummer 25 der Tabelle festgestellten Forderung der Klägerin ein Teilbetrag in Höhe von 5.705,00 EUR, gestützt auf den Abschnitt 5 (Miete/ Nutzungsentschädigung) und ein Teilbetrag von 3.860,66 EUR, gestützt auf den Abschnitt 6 (Rechtsverfolgungskosten) der Forderungsanmeldung der Klägerin vom 17. Juli 2015 auf dem Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung beruhen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 47 % und der Beklagte 53 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 49 % und der Beklagte 51 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
[1] Die zulässige Berufung des Beklagten hat zum Teil Erfolg. Das Landgericht hat der Klage (nur) insoweit zu Recht stattgegeben, als es festgestellt hat, dass die zur Insolvenztabelle festgestellte Forderung der Klägerin mit Teilbeträgen von 5.705 EUR Miete/Nutzungsentschädigung und 3.860,66 EUR Rechtsverfolgungskosten auf dem Rechtsgrund der vorsätzlich unerlaubten Handlung beruht. Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet.
[2] Das Landgericht hat zutreffend begründet, dass der Antrag auf Feststellung des Forderungs-grundes gegen den beklagten Insolvenzschuldner gerichtet werden konnte. Dies wird mit der Berufung auch nicht in Frage gestellt.
[3] Der Beklagte rügt ohne Erfolg, die Klagerweiterung, mit welcher der Feststellungsantrag geltend gemacht worden ist, sei ihm nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Der Klagerweiterungsschriftsatz vom 26.10.2016 wurde gemäß richterlicher Verfügung vom 10.11.2016 den Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 21.11.2016 gegen Empfangs-bekenntnis zugestellt. Soweit das Landgericht nach Einsicht in die Akten des Beklagtenvertreters von einem Zustellmangel ausgegangen ist, wäre er angesichts der aktenkundigen Übersendung zum Zwecke der Zustellung ohnehin gemäß § 189 ZPO geheilt. Darüber hinaus ist die Klagerweiterung gemäß § 261 Abs. 2 ZPO jedenfalls in der mündlichen Verhandlung vom 22.12.2016 rechtshängig geworden, hat sich der Beklagte hierauf durch Stellung des Abweisungsantrages aus dem Schriftsatz vom 21.11.2016 eingelassen und auch keine Erklärungsfrist zum Schriftsatz vom 26.10.2016 beantragt.
[4] Soweit die Berufungsbegründung dahin zu verstehen sein sollte, dass eine fehlende Zuständigkeit des Landgerichts Berlin gerügt wird, kann die Berufung gemäß § 513 Abs. 2 ZPO hierauf nicht gestützt werden.
[5] Das Landgericht hat eine Haftung des Beklagten aus vorsätzlich unerlaubter Handlung, nämlich aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 289 StGB (Pfandkehr) zu Recht bejaht.
[6] Die im Antrag aus der Klageschrift aufgeführten Gegenstände wurden vom Beklagten unstreitig aus den Mieträumen entfernt und unterlagen dem Vermieterpfandrecht der Klägerin, die gegenüber dem Beklagten unstreitig Mietzahlungsansprüche u. a. für April bis Juli 2012 und für September 2014 hatte. Ein Vermieterpfandrecht kann gegenüber dem Mieter auch für ältere Mietforderungen geltend gemacht werden, dies ist gemäß § 562d BGB nur gegenüber Drittgläubigern ausgeschlossen. Das Vermieterpfandrecht bestand unabhängig von einer Geltendmachung durch die Klägerin. An dieser Stelle ist daher unerheblich, ob der Beklagte das Inventar - wie mit Schriftsatz der Klägerin vom 26.8.2014 vorgetragen - nach ihrem Hinweis auf das Vermieterpfandrecht im Schreiben vom 22.10.2014 aus dem Mietobjekt entfernt hat oder - wie mit der Berufungsbegründung vorgetragen - schon im September 2014.
[7] Es handelte sich um eingebrachte Sachen des Mieters. Das Inventar stand nach dem Vortrag des Beklagten in seinem Eigentum; er macht in der Berufungsbegründung (Seite 7) geltend, alle Gegenstände selbst bezahlt zu haben. Soweit die Klägerin an einem Teil des streitgegenständlichen Inventars gemäß § 18 Abs. 5 des Franchisevertrages der Parteien Sicherungseigentum erlangt haben sollte, erfüllte der Abtransport den Tatbestand der Unterschlagung (§ 246 StGB) und wäre mithin gleichfalls eine unerlaubte Handlung.
[8] Die Gegenstände waren pfändbar im Sinne von § 562 Abs. 1 Satz 2 BGB. Sie unterlagen keinem Pfändungsschutz gemäß § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Sie waren nicht zur Fortsetzung seiner Erwerbstätigkeit erforderlich, denn unstreitig hatte der Beklagte sein Geschäft aufgegeben, bevor er die Sachen aus den Mieträumen verbrachte. Mikrowelle, Spüle, Handwaschbecken/Ausguss-kombination und Kühlschrank fallen auch nicht unter § 811 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, denn sie waren zuvor im Gewerbebetrieb des Beklagten eingesetz...