Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit bei Widerspruch gegen einstweilige Verfügung des Beschwerdegerichts
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 29.04.2004; Aktenzeichen 34 O 223/04) |
Tenor
Auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten wird die einstweilige Verfügung vom 4.5.2004 - 12 W 21/04 - aufgehoben.
Der Antrag des Verfügungsklägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I. Der Verfügungskläger mietete mit Vertrag vom 23.2./3.3.1994 Gewerberäume in der B.-straße 102 im Umfang von 70 m2 für den Betrieb einer Massagepraxis. Nach § 5 Nr. 2 des Mietvertrages hatte der Verfügungskläger an die Verfügungsbeklagte u.a. die Kosten für die Wasserversorgung an die Verfügungsbeklagte zu zahlen. Der monatliche Mietzins betrug zuletzt 1.293,48 Euro.
Bis Oktober 2002 zahlte der Verfügungskläger die vereinbarte Miete nur teilweise. Seit Oktober 2002 erbringt er keine Leistungen mehr. Im Jahr 2000 hat er ein Schuldanerkenntnis über offene Mietzinsforderungen von ca. 12.000 DM unterzeichnet. Im März 2004 betrugen die Mietrückstände über 50.000 Euro.
Unter dem 7.11.2003 hat die Verfügungsbeklagte das Mietverhältnis wegen der damaligen Mietrückstände von 31.370,47 Euro fristlos gekündigt. Mit Schreiben vom 27.4.2004 hat sie angekündigt, wegen offener Mietzinsforderungen ihr Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen und das Wasser abzusperren. Am 29.4.2004, 10.00 Uhr, hat die Verfügungsbeklagte die Wasserzufuhr zu den streitgegenständlichen Räumen abgesperrt.
Der Verfügungskläger hat erklärt, er sei bereit, für die Wasserversorgung einen monatlichen Vorschuss zu zahlen. Weiter hat er geltend gemacht, nach Absperrung der Wasserversorgung sei er nicht mehr in der Lage, in den streitgegenständlichen Räumen Massagen durchzuführen, da für Fangopackungen etc. Wasser benötigt werde. Im April 2004 begonnene Behandlungen von Patienten seien erst Mitte Juni 2004 abgeschlossen.
Die Parteien streiten um die Rechtsfrage, ob die Verfügungsbeklagte aufgrund eines ihr zustehenden Zurückbehaltungsrechts die Wasserzufuhr absperren darf oder ob dies eine verbotene Eigenmacht i.S.d. §§ 858, 862 BGB darstellt.
Das LG hat mit Beschluss vom 29.4.2004 den Antrag des Verfügungsklägers, die Beklagte zur Wiederherstellung der Wasserzufuhr zu verpflichten, zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Verfügungsklägers vom 1.5.2004 hat der 9. Zivilsenat als Vertretersenat mit Beschluss vom 4.5.2004 eine einstweilige Verfügung erlassen und darin die Verfügungsbeklagte verpflichtet, die Wasserzufuhr wiederherzustellen, sofern der Verfügungskläger nachweist, für Mai und Juni 2004 jeweils 50 Euro Wasserkostenvorschuss an die Verfügungsbeklagte gezahlt zu haben. Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte am 5.4.2004 Widerspruch eingelegt.
Die Verfügungsbeklagte beantragt, die einstweilige Verfügung des KG vom 4.5.2004 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Verfügungskläger beantragt, den Widerspruch zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Akten 34 AR 6/04 des LG Berlin haben zu Informationszwecken vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II. 1. Der Widerspruch der Verfügungsbeklagten gegen den Beschluss des 9. Zivilsenats vom 4.5.2004 ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Das KG ist auch für die Entscheidung über den Widerspruch zuständig. Zwar wird in Rechtsprechung und Schrifttum wohl überwiegend die Auffassung vertreten, dass dann, wenn das Beschwerdegericht den Arrest oder die einstweilige Verfügung erlassen hat, für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens die erste Instanz zuständig sei (OLG Düsseldorf MDR 1984, 324; OLG Hamm OLGZ 1987, 493; OLG Dresden JurBüro 2000, 138 [139]; Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 924 Rz. 6; Heinze in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 924 Rz. 13, m.w.N.). Dies wird in erster Linie mit der Beendigung der Beschwerdeinstanz durch die Entscheidung in der Sache und mit der Notwendigkeit, den Erlass des Arrestes oder der einstweiligen Verfügung durch das Beschwerdegericht und die Übertragung der Anordnung auf das Erstinstanzgericht gem. § 575 ZPO gleich zu behandeln, begründet, sowie mit der Stellung des Beschwerdegerichts als "Ersatzgericht" der ersten Instanz.
Der Senat vermag sich dieser Auffassung jedoch nicht anzuschließen. Gegen sie spricht insb. der Eilcharakter des Arrestverfahrens. Zudem würde die Gegenmeinung dazu führen, dass das erstinstanzliche Gericht in seiner Entscheidung über den Widerspruch die Arrestanordnung des übergeordneten Gerichts aufheben könnte. Streiten die Parteien, wie im vorliegenden Fall, ausschließlich um Rechtsfragen, so wäre zudem damit zu rechnen, dass dann, wenn das Gericht erster Instanz im Widerspruchsverfahren an seiner bisherigen Rechtsauffassung festhält, die zweite Instanz - nunmehr als Berufungsgericht - die Entscheidung erster Insta...