Normenkette
BGB § 139
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 06.09.2017; Aktenzeichen 86 O 494/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das am 06.09.2017 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin - 86 O 494/16 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 2.501,22 Euro nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.864,88 Euro seit dem 21.09.2016 und aus 636,34 Euro seit dem 06.09.2017 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Preisänderungsklausel in § 8 (4) des zwischen den Parteien geschlossenen Wärmelieferungsvertrages vom 21.05./15.06.2007 unwirksam ist.
Die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.
Von den Kosten der ersten und zweiten Instanz haben die Kläger je 17% und die Beklagte 66% zu tragen.
Das Urteil des Senats ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite aufgrund des Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen im Sinne von § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO).
Die Berufung der Kläger ist zum Teil begründet.
A. Die Klage ist zulässig.
Bei den beiden Feststellungsklagen mit den Inhalten, dass die Kläger aufgrund des am 21.05./15.06.2007 zwischen den Parteien abgeschlossenen (Fern-)Wärmelieferungsvertrages nicht verpflichtet seien, Messkosten zu zahlen, und die in § 8 (4) vereinbarte Preisänderungsklausel unwirksam sei, handelt es sich um Zwischenfeststellungsklagen nach § 256 Abs. 2 ZPO. Die Voraussetzungen für die Klageerhebung sind jeweils erfüllt.
Gegenstand einer Feststellungsklage muss ein Rechtsverhältnis sein, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits teilweise oder vollständig abhängt. Dies ist hier der Fall. Denn die Wirksamkeit von Abreden in einem Vertrag kann Gegenstand einer Feststellungsklage sein (vgl. BGH, Urteil vom 05.05.2011 - VII ZR 179/10 - juris Rz. 19). Auch hängt die Entscheidung über die von den Klägern gleichzeitig erhobene Zahlungsklage auf Erstattung der gezahlten Messkosten sowie des infolge der Preisänderungsklausel erhöht gezahlten Preises von der Wirksamkeit der entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen in dem (Fern-)Wärmelieferungsvertrag ab.
Darüber hinaus darf die zu klärende Rechtsbeziehung nicht durch die Entscheidung in der Hauptsache erschöpfend erledigt sein (vgl. BGH, a.a.O. - juris Rz. 21). Diese Voraussetzung ist ebenfalls gegeben. Die Zahlungsklage betrifft nur die Abrechnungsjahre 2012 bis 2016. Zum Zeitpunkt der Erhebung der beiden Feststellungsklagen im Jahr 2016 lief der (Fern-)Wärmelieferungsvertrag aber noch mindestens bis 2017. Infolge einer zwischenzeitlichen unstreitigen Vertragsverlängerung um fünf Jahre besteht die Rechtsbeziehung der Parteien sogar noch mehrere Jahre fort.
B. In der Sache ist die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang erfolgreich.
1. Unbegründet ist die Feststellungsklage betreffend die vereinbarten Messkosten.
Gegen die Regelungen in § 6 (2) Satz 2 sowie § 8 (1) des (Fern-)Wärmelieferungsvertrages bestehen keine rechtlichen Bedenken.
a) Sie genügen dem Bestimmtheitsgrundsatz. Danach wird ein Grundpreis von pauschal 120,00 Euro netto pro Wohnung im Jahr erhoben, wenn ein Warmwasserzähler in einem Mehrfamilienhaus vorhanden ist. Für jeden Zähler mehr müssen jeweils weitere 20,00 Euro netto bezahlt werden. Dem Senat erschließt sich nicht, weshalb diese Kostenregelung unbestimmt sein sollte.
b) Eine Inhaltskontrolle nach den Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen hat nicht zu erfolgen. Vertragsparteien dürfen Leistung und Gegenleistung grundsätzlich frei regeln, weshalb formularmäßige Abreden, die Art und Umfang der Hauptleistung der hierfür zu erbringenden Vergütung unmittelbar bestimmen, von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB ausgenommen sind (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2010 - VIII ZR 178/08 - juris Rz. 19). Der unter § 8 (1) des (Fern-)Wärmelieferungsvertrages vereinbarte Messpreis stellt die Vergütung für die von der Beklagten vertraglich geschuldete Messung des Warmwasserverbrauchs dar (§ 6 (1) und § 7 (2) des Vertrages).
c) Im Übrigen ist anerkannt, dass Fernwärmeversorgungsunternehmen als einen verbrauchsunabhängigen Preisbestandteil Messkosten verlangen dürfen (vgl. Hempel-Franke, Recht der Energie- und Wasserversorgung, Loseblattsammlung, Aktualisierung Juli 2018, § 24 AVBFernwärmeV Rn. 61).
2. Begründet ist demgegenüber die Feststellungsklage betreffend die Preisänderungsklausel nach § 8 (4) des Vertrages. Denn diese ist gemäß § 134 BGB nichtig.
a) Es handelt sich bei § 8 (4) des Vertrages um eine kontrollfähige Preisnebenabrede, da sie die bezifferte Vergütungsregel...