Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 08.10.2014; Aktenzeichen 97 O 18/14) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen 97 des LG Berlin vom 8.10.2014 - 97 O 18/14 - wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz zu tragen.
III. Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung wegen der Unterlassung Sicherheit in Höhe von 42.000 EUR und vor der Vollstreckung wegen der Kosten Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil (nachfolgend: "LGU" nebst Seitenzahl des Urteilsumdrucks) mit den nachfolgenden Ergänzungen Bezug genommen.
Der Kläger ...) hat zuletzt beantragt, wie [erstinstanzlich] erkannt [s.u.].
Die Beklagte (...hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das LG hat die Beklagte verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen am Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr auf dem deutschen Markt für kinesiologische Tapes, insbesondere für ein so genanntes "...Kinesiologie Tape Original", zu werben:
1. "Diese elastischen Tapeverbände ... nehmen gezielt Einfluss auf das neurologische und zirkulatorische System des Menschen",
2. "Schmerzreduktion",
3. "Verbesserung der Muskelfunktion",
4. "Stimulation des Lymphsystems",
5. "Wirkung auf die inneren Organe",
6. "Schmerztherapie",
7. "Durch einseitige Belastungen und Überbeanspruchung der Muskulatur haben Leistungs- und ambitionierte Hobbysportler oft mit übersäuerten Muskeln, Lymphstau oder Entzündungen zu kämpfen. Der elastische Tapeverband nimmt hier durch Reizfunktion auf die Haut (Dermatome) direkt Einfluss auf das betroffene Gewebe und sorgt somit für einen beschleunigten Lymphstrom und damit für eine schnellere Erholung der beanspruchten Muskulatur",
jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage K 1 wiedergegeben.
Die Beklagte hat gegen das Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese form- und fristgerecht begründet.
Die Beklagte setzt sich in einzelnen Punkten mit dem angefochtenen Urteil auseinander und wiederholt, präzisiert und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte beantragt, das am 08.04.2014 verkündete Urteil des LG Berlin, Az. 97 O 18/14, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt die angefochtene Entscheidung und wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
B. Die Berufung der Beklagten gegen das landgerichtliche Urteil ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch sonst zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Zu Recht hat das LG einen Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte hinsichtlich der streitgegenständlichen Werbeaussagen bejaht.
I. Zutreffend hat das LG die Prozessführungsbefugnis des Klägers als Wettbewerbsverband bejaht, § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG.
1. Die Prozessführungsbefugnis des Klägers ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das Gericht dabei nicht an die förmlichen Beweismittel des Zivilprozesses gebunden. Es gilt vielmehr der Grundsatz des Freibeweises (Senat WRP 2012, 992, 993; Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 8 Rn. 3.65; jeweils m.w.N.).
2. Für besagte Befugnis des Klägers spricht die jahrzehntelange unbeanstandete Tätigkeit des Klägers bis hin in höchstrichterlichen Verfahren. Auch aktuell bestehen hinsichtlich der personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung des Klägers keine erheblichen konkreten Zweifel (vgl. nur BGH GRUR 2015, 1240, Rn. 1, 12, 13 - Zauber des Nordens; Senat Magazindienst 2016, 23, juris-Rn. 34 [n. rkr.]; OLG Brandenburg Magazindienst 2015, 828, juris-Rn. 48 ff.; OLG München Magazindienst 2015, 340, juris-Rn. 153; OLG Oldenburg Magazindienst 2015, 285, juris-Rn. 30 f.). Ist ein Verband - wie hier der Kläger - jahrelang als klagebefugt anerkannt, so ist zu vermuten, dass diese Voraussetzungen weiterhin vorliegen (Senat WRP 2012, 993, 995; Köhler/Feddersen a.a.O. Rn. 3.66). Ein bloßes Bestreiten durch den Beklagten genügt also nicht (Köhler/Feddersen a.a.O.). Konkrete Tatsachen, die diese Vermutungswirkung entkräften könnten, etwa Fälle aus der Vergangenheit, in denen der Kläger die ihm auferlegten Kosten eines Rechtsstreits oder Verfahrens nicht ausgeglichen hat, hat die Beklagte nicht dargetan.
3. Die Klagebefugnis eines Verbands nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG setzt (des ...