Leitsatz (NV)
1. Möglichen psychoreaktiven Unfallfolgen muss das Gericht auch dann nicht von Amts wegen nachgehen, wenn dafür im orthopädischen Gutachten Vermutungen geäußert werden, sondern nur dann wenn der Kläger derartiges ausdrücklich behauptet und seinen Anspruch unter Beweisantritt darauf stützt.
2. War der Klägerin aufgrund fachärzlicher Behandlung bereits in erster Instanz eine unfallbedingte reaktive Depression bekannt, kann ein erst im Berufungsverfahren gestellter Antrag auf Einholung eines Facharztes für Psychiatrie gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zugelassen werden.
3. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von bis zu 20% ist grundsätzlich kompensierbar (vgl. BGH VersR 1965, 461); entsprechendes gilt für eine Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit um 5%.
Normenkette
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 08.10.2003; Aktenzeichen 24 O 139/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 8.10.2003 verkündete Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin - 24 O 139/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.089,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz von 3.589,28 EUR seit dem 6.6.2002 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dieser aus dem Verkehrsunfall vom 13.3.1999 auf der in Berlin gelegenen Kreuzung W. Damm/H. Damm entstehen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 82 % und die Beklagte 18 % zu tragen. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 90 % und die Beklagte 10 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10 % abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die am 27.11.2003 eingelegte und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zum 29.1.2004 mit einem an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 28.10.2003 zugestellte Urteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin vom 8.10.2003, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Klägerin hat ihre erstinstanzlichen Anträge weiter verfolgt, soweit diese durch das angefochtene Urteil abgewiesen worden sind.
Sie beanstandet die Beweiswürdigung des LG und macht geltend, das LG hätte nicht zu ihren Lasten entscheiden dürfen, ohne zuvor weitere Zusatzgutachten eines HNO-Sachverständigen sowie eines Sachverständigen für Psychiatrie eingeholt zu haben. Anhaltspunkte für die Einholung derartiger Gutachten hätten sich für das LG aus dem erstinstanzlichen Vorbringen ergeben. Mit Schriftsatz vom 21.7.2005 hat die Klägerin behauptet, sie habe lange Zeit nach dem Unfall eine so massive depressive Verstimmung erlitten, dass sie den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. V.L. aufgesucht habe. Erst auf Grund dessen Behandlung sei ihr bewusst geworden, dass von ihr geklagte psychische Beschwerden auf den Unfall zurückzuführen seien. Ergänzend bezieht sie sich zum Beweis dafür, dass psychische Beeinträchtigungen nicht vor Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz hätten vorgetragen werden können auf ein Attest der Praxisgemeinschaft Dr. S. vom 22.8.2005 (Bl. 239 d.A.).
Hinsichtlich des Verdienstausfallschadens macht die Klägerin geltend, die Schlussfolgerung des LG das eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 % kompensierbar seien sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen weist sie darauf hin, dass nach den vom LG getroffenen Feststellungen im Zeitraum vom 18. bis 25.1.2000 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100 % bestand, ohne dass das LG ihr soweit einen Verdienstausfallschaden zugesprochen hat.
Weiter beanstandet die Klägerin, dass das LG für die Zeit ab dem 13.6.2000 einen Haushaltsführungsschaden verneint hat. Hinsichtlich des geltend gemachten Überziehungskredits trägt die Klägerin vor, ihr hätte jedenfalls ab dem 26.5.2000 einen Schadensersatz in Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen von 4 % zugestanden. Hinsichtlich der Fahrtkosten sowie eines Teiles des geltend gemachten Verdienstausfallschadens von 4.490,67 EUR hat die Klägerin die Berufung zurückgenommen.
Im Oktober 2004 befand sich die Klägerin unstreitig 5 Tage in stationärer Behandlung im Krankenhaus. Bei dieser Gelegenheit wurde ihr im linken Knie eine Schraube zur Stabilisierung eingesetzt. Diese wurde im April des Jahres 2005 ambulant entfernt. In der Zeit vom 24.1.2005 bis 14.2.2005 befand sich die Klägerin - jedenfalls auch - zur Behandlung der unfallbedingten Verletzungen in stationärer Behandlung in der Kurparkklinik in Bad Nauheim.
Die Klägerin b...