Leitsatz (amtlich)
Ein die notarielle Beurkundung eines an sich formlos gültigen Rechtsgeschäftes erfordernder rechtlicher Zusammenhang mit einem Grundstückskaufvertrag liegt vor, wenn die Vereinbarungen nach dem Willen der Parteien derart voneinander abhängig sind, dass sie miteinander "stehen und fallen" sollen. Liegen getrennte Urkunden vor, spricht die - widerlegbare - Vermutung dafür, dass die Parteien die verschiedenen Geschäfte nicht als Einheit wollten. Enthält der Grundstückskaufvertrag eine Rücktrittsmöglichkeit für den Fall, dass der Mietvertrag nicht wirksam zustande kommen sollte, spricht diese Rücktrittsmöglichkeit dagegen, dass die beiden Verträge miteinander "stehen und fallen" sollen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 12.10.2006; Aktenzeichen 12 O 645/05) |
Tenor
Die Berufungen der Beklagten und des Streithelfers der Beklagten gegen das am 12.10.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG Berlin - 12 O 645/05 - werden mit der Maßgabe, dass
1. die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Klägerin zu 1) 1.154.692,01 EUR nebst Zinsen i.H.v 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 213.038,28 EUR vom 4.8., 5.9., 5.10., 5.11. und 5.12.2005 sowie 5.1.2006 bis zum 10.4.2006 und aus jeweils 16.057,77 EUR seit dem 4.8., 5.9., 5.10., 5.11. sowie 5.12.2005 und 5.1.2006 sowie aus jeweils 229.096,05 EUR seit dem 4.2. 4.3. und 6.4.2006 sowie aus jeweils 36.655,36 EUR seit dem 4.8., 5.9., 5.10., 5.11. und 5.12.2005 sowie 5.1., 4.2. 4.3. und 6.4.2006 sowie aus weiteren 41.159,02 EUR seit 23.12.2005 zu zahlen,
2. die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner verurteilt werden, an die Klägerin zu 2) 1.163.030,69 EUR nebst Zinsen i.H.v 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 213.038,28 EUR vom 4.8., 5.9., 5.10. 5.11. und 5.12.2005 sowie 5.1.2006 bis zum 10.4.2006 und aus jeweils 16.057,77 EUR seit dem 4.8., 5.9., 5.10. 5.11. sowie 5.12.2005 und 5.1.2006 sowie aus jeweils 229.096,05 EUR seit dem 4.2. 4.3. und 6.4.2006 sowie aus jeweils 36.655,36 EUR seit dem 4.8., 5.9., 5.10. 5.11. und 5.12.2005 sowie 5.1., 4.2. 4.3. und 6.4.2006 sowie aus weiteren 49.497,70 EUR seit 23.12.2005 zu zahlen;
3. festgestellt wird, dass sich der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache erledigt hat.
zurückgewiesen.
Der Streithelfer der Beklagten hat die durch seine Nebenintervention entstandenen Kosten zu tragen. Die übrigen Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention des Streithelfers der Klägerinnen entstandenen Kosten haben die Beklagten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten und der Streithelfer der Beklagten dürfen jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages zzgl. 10 % abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Die Berufungen der Beklagten und des Streithelfers der Beklagten richten sich gegen das am 12.10.2006 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Beklagten tragen zur Begründung der Berufung vor:
Das LG habe ausweislich des Tatbestandes des angefochtenen Urteils die falschen Anträge der Klägerinnen zugrunde gelegt. Das Urteil sei deshalb aufzuheben und zurückzuverweisen.
Das LG habe es unterlassen, über die von den Beklagten gestellten Aussetzungsanträge zu entscheiden. Das Urteil sei deshalb aufzuheben und zurückzuverweisen.
Die Mietverträge zwischen den Parteien seien unwirksam, da eine Heilung gem. § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB nicht eingetreten sei.
Die Mietverträge unterlägen dem Formzwang des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB.
In den unterzeichneten Verträgen sei bezüglich Kauf, Werk und Miete ein zusammengesetztes Rechtsgeschäft zu sehen, das eine Gesamtbeurkundung erfordere. Die Kläger hätten die Grundstücke mit der Bauerrichtungsverpflichtung nicht ohne den Abschluss der Mietverträge erworben, da der Kaufpreis durch die Mieteinnahmen habe refinanziert werden sollen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit der Grundstückskaufverträge von den Mietverträgen zeige sich noch an weiteren - im Schriftsatz der Beklagten vom 27.6.2006 im Einzelnen aufgeführten - Umständen.
Das LG gehe zu Unrecht davon aus, dass die Generalmietverträge durch Auflassung und Eintragung der Grundstücke gem. § 311b Abs. 1 Satz 2 BGB geheilt worden seien.
Durch die Auflassungen vom 3.12.1993 und die Eintragungen im Jahr 2000 sei eine Heilung der Grundstückskaufverträge in Bezug auf die Gesamtfläche weder im Wege der Anwendung der Grundsätze der "falsa demonstratio" noch im Wege der Beschränkung auf die Flächen des § 1 Abs. 1 wegen wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit der Mehrflächen des § 1 Abs. 2 eingetreten.
Die Auflassung vom 3.12.1993 sei nicht heilungsfähig gewesen, da sie unvollkommen und zu unbestimmt gewesen sei.
Rechtsirrig gehe das LG davon aus, dass die unvollständig beurkundete Auflassung über die Grundsätze der "falsa demonstratio n...