Normenkette
ZPO §§ 888, 935, 940
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 23.04.2003; Aktenzeichen 29 O 198/03) |
Tenor
Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das am 23.4.2003 verkündete Urteil des LG Berlin – 29 O 198/03 – wird auf ihre Kosten abgewiesen.
Gründe
Von der Darstellung des Tatbestandes hat der Senat gem. § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO i.V.m. § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
Die Berufung ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das LG hat die von ihm im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung vom 4.4.2003, mit der der Verfügungsbeklagten aufgegeben worden ist, den Geschäftsbetrieb in den streitbefangenen Mieträumen wieder aufzunehmen und das Ladenlokal wieder zu betreiben, zu Recht mit der Maßgabe bestätigt, dass die Verfügungsbeklagte das Ladenlokal wahlweise auch durch einen Untermieter betreiben lassen könne.
1. Verfügungsanspruch
Die Verfügungsklägerin hat gegen die Verfügungsbeklagte einen Anspruch auf Erfüllung der in § 1 Nr. 4 des Mietvertrages vereinbarten Betriebspflicht. Die Vereinbarung einer Betriebspflicht in einem Mietvertrag über Gewerberäume ist, auch wenn es sich bei den Bestimmungen in dem Mietvertrag um allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. § 305 BGB handeln dürfte, nach st. obergerichtlicher Rspr. und ganz h.M. zulässig (vgl. dazu etwa nur BGH v. 29.4.1992 – XII ZR 221/90, NJW-RR 1992, 1032; Staudinger/Emmerich, BGB, Neubearb. 2003, Rz. 92; OLG Hamm ZMR 2001, 581 jew. m.w.N.).
Soweit die Verfügungsbeklagte sich auf die Entscheidung des OLG Schleswig (OLG Schleswig v. 2.8.1999 – 4 W 24/99) beruft, nach der eine in einem Formularmietvertrag vereinbarte Betriebspflicht eine unangemesseneBenachteiligung darstellen soll, wenn dem Mieter zugleich eine Sortimentsbindung auferlegt und ihm jeglicher Konkurrenzschutz versagt wird (so auch Sternel, Mietrecht, 2. Aufl., Rz. II 274), kann dahinstehen, ob diese Ansicht zutrifft. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall ist entgegen der von der Verfügungsbeklagten vertretenen Ansicht der Konkurrenzschutz, der auch ohne ausdrückliche Bestimmung zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs gehört (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rz. 687 ff.), nicht abbedungen worden. Die von der Verfügungsbeklagten zitierte Entscheidung betrifft daher nicht die hier vorliegende Vertragsgestaltung.
Die Betriebspflicht ist hier auch nicht deshalb entfallen, weil die benachbarte Ladenfläche (ehemals Firma S.) seit einiger Zeit nicht vermietet ist. Denn die Rentabilität der gemieteten Räume fällt in den Risikobereich des Mieters (vgl. Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 8. Aufl., Rz. 652).
Die Betriebspflicht ist hier entgegen der von der Verfügungsbeklagten vertretenen Ansicht auch nicht gem. § 275 Abs. 1 BGB n.F., der gem. Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB auf das hier vorliegende Mietverhältnis als Dauerschuldverhältnis seit dem 1.1.2003 Anwendung findet, erloschen mit der Folge, dass die Verfügungsklägerin nicht mehr Erfüllung verlangen könnte, sondern nur noch Schadensersatz. Denn der Verfügungsbeklagten ist die Erfüllung der Betriebspflicht entgegen der von ihr vertretenen Ansicht nicht unmöglich geworden.
Rein tatsächlich liegt keine Unmöglichkeit vor. Denn die Verfügungsbeklagte könnte, da sie insgesamt mehrere Geschäfte in Deutschland betreibt und hinreichend umsatzstark ist (sie hat allein den mit den Mieträumen im Jahre 2002 erzielten Umsatz in ihren Anzeigen im Rahmen ihrer Vermietungsbemühungen immerhin mit 625.000 Euro beziffert, dem eine Jahresmiete von 67.613,24 Euro einschl. Umsatzsteuer gegenübersteht), ohne weiteres den Geschäftsbetrieb wieder aufnehmen. Es dürfte für sie keine tatsächlichen Schwierigkeiten bereiten, Waren zu beschaffen und auch Angestellte zu beschäftigen. Auch könnte sie die gemieteten Räume untervermieten. Die Verfügungsklägerin hat ihr grundsätzliches Einverständnis hiermit erklärt und lediglich zur Prüfung der Zumutbarkeit eines Untermieters die Einholung ihrer Zustimmung im Einzelfall gefordert. Dass sich auch bei den gebotenen intensiven Bemühungen auf Dauer kein Mieter finden ließe, hat die Verfügungsbeklagte weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht (§ 936 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO), obwohl sie als Schuldnerin insoweit die Darlegungs- und Beweislast trägt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Ergänzungsband, § 275 Rz. 34).
Auch eine rechtliche Unmöglichkeit der Erfüllung der Betriebspflicht liegt nicht vor. Zwar hat die Verfügungsbeklagte hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass sie, sofern sie vor Ablauf von 2 Jahren in den Mieträumen einen eigenen Handel mit Schmuck und Uhren mit gleichem Sortiment betreiben würde, gegen § 8 Abs. 6 Nr. 2 UWG verstieße und von anderen Wettbewerbern, Verbraucherschutzverbänden etc. auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könnte. Das ergibt sich daraus, dass sie unter der Firmenbezeichnung Go. mit dem klein gedruckten Zusatz Ge. Gmb...