Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung des Haushaltsführungsschadens einer Ehefrau und Mutter von zwei Kleinkindern
Leitsatz (amtlich)
Zur Bemessung des Haushaltsführungsschadens einer Ehefrau und Mutter von zwei Kleinkindern, halbtags berufstätig als Richterin, aufgrund unfallbedingter Knieverletzung mit Dauerschaden (allgemeiner GdB und allgemeine MdE jeweils 40 %).
Für die Höhe des Anspruch aus § 843 BGB auf Ersatz der Kosten für eine vergleichbare Ersatzkraft, auch wenn eine solche tatsächlich nicht in Anspruch genommen wurde, kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang die Klägerin eine Mitarbeit im Haushalt gem. § 1360 BGB schuldete, sondern allein darauf, in welchem Umfang sie diese bis zum Schadenseintritt tatsächlich geleistet hat.
Zu den Voraussetzungen der Einholung eines "Obergutachtens" gem. § 412 ZPO.
Der Berufungskläger ist auch mit Beanstandungen gegen ein Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen, wenn er sie erstinstanzlich hätte geltend machen können; denn Beanstandungen eines Sachverständigengutachtens zählen zu den neuen Angriffs- oder Verteidigungsmitteln.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1, § 843 Abs. 1; PflVG § 3; ZPO § 287
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 15.12.2003; Aktenzeichen 24 O 238/02) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 15.12.2003 verkündete Schlussurteil der Zivilkammer 24 des LG Berlin - 24 O 238/02 - wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das vorbezeichnete Urteil im Kostenausspruch geändert:
Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Beklagten als Gesamtschuldner 61 % und die Beklagte zu 3) 39 % zu tragen.
Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Berufung
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
Das LG hat die Beklagten - wenn auch mit sehr knapper Begründung - zu Recht verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i.H.v. 15.317,42 Euro für den streitgegenständlichen, in der Zeit v. 4.3.2000 bis zum 30.9.2003 auf Grund des Unfalls v. 3.5.1999 erlittenen Haushaltsführungsschaden zu zahlen, §§ 823 Abs. 1, 843 Abs. 1 BGB, § 3 PflVG, § 287 ZPO.
Gemäß § 843 BGB hat die Klägerin für die Zeit, während derer sie an der Haushaltsführung Unfall bedingt verhindert war, einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für eine vergleichbare Ersatzkraft, auch wenn sie eine solche tatsächlich nicht in Anspruch genommen hat (BGH BGHZ 38, 55; KG VersR 1978, 766; BGH v. 18.2.1992 - VI ZR 367/90, MDR 1992, 1129 = NJW-RR 1992, 792). Hierbei kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang die Klägerin eine Mitarbeit im Haushalt gem. § 1360 BGB schuldete, sondern allein darauf, in welchem Umfang sie diese bis zum Schadenseintritt tatsächlich geleistet hat (BGH NJW 1974, 1651; OLG Frankfurt v. 2.7.1980 - 7 U 21/80, VersR 1980, 1122; OLG Hamburg v. 23.12.1983 - 14 U 185/82, VersR 1985, 646; st. Rspr. KG, Urt. v. 18.5.1989 - 12 U 3632/88; Urt. v. 1.10.1998 - 12 U 3210/97).
1. Zunächst ist das LG, auch wenn sich hierzu in dem angegriffenen Urteil keine Ausführungen finden, richtig davon ausgegangen, dass ein Haushaltsführungsschaden tatsächlich vorlag und die Unfallfolgen konkrete, nicht unerhebliche Auswirkungen auf die Haushaltsführung der Klägerin haben.
a) Soweit die Beklagten auf S. 7 ff. der Berufungsbegründung v. 1.3.2004 (Bl. 61 ff. Bd. II) meinen, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 10 bis 20 % nur in Ausnahmefällen zu einer erheblichen Auswirkung auf den Haushalt führen wird und sich dabei auf Küppersbusch (Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 8. Aufl., Rz. 199) beziehen, ist zunächst zu beachten, dass die MdE und der Grad der Behinderung (GdB) nach den Gutachten Dr. K. v. 31.1.2001 und v. 9.10.2001 (Bl. 24 und Bl. 19 Bd. III) bei der Klägerin bei jeweils 40 % liegen, so dass die vorliegende Fallkonstellation mit der von Küppersbusch (Küppersbusch, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 8. Aufl., Rz. 199) besprochenen bereits nicht übereinstimmt.
Soweit sich die Beklagten für die weiter vorgetragene Annahme, die Hausfrau müsse in diesen Fällen durch bessere Einteilung der Arbeit, den Einsatz von Haushaltsgeräten und sonstigen Rationalisierungsmaßnahmen eine geringfügige Beeinträchtigung kompensieren, auf das Urteil OLG Köln v. 17.3.2000 (OLG Köln, Urt. v. 17.3.2000 - 19 U 202/98, Sp 2000, Bl. 336, Bl. 68 Bd. II d.A.) berufen, ist dieses für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. Dort handelte es sich um einen Mann, der im Haushalt "nur" grobe Putzarbeiten sowie das Tragen von schweren Einkäufen übernommen hatte.
Nach der Rspr. des Senats kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Beeinträchtigung von 20 % in der Haushaltsführung von vornherein stets durch Gewöhn...