Normenkette
UWG § 8 Abs. 4 S. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 18.06.2019; Aktenzeichen 91 O 66/18) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen 91 des Landgerichts Berlin vom 18. Juni 2019 - 91 O 66/18 - wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils durch sie beizutreibenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil des Landgerichts Bezug genommen, sofern sich aus den nachfolgenden Ergänzungen nichts Gegenteiliges ergibt.
Die Parteien bieten im Fernabsatz über Handelsplattformen im Internet Lebensmittel, Getränke oder Getränkesirup, Süßigkeiten sowie Drogerieartikel wie zum Beispiel Zahnpasta Verbrauchern gegenüber zum Kauf an.
Der von der Klägerin am 08. Februar 2018 festgestellte vermeintliche Verstoß hinsichtlich des Angebots von Zahnpasta war Gegenstand des einstweiligen Verfügungsverfahrens vor dem Landgericht Berlin mit dem Geschäftszeichen 103 O 25/18 (Verfahrenswert: 5.000,00 EUR) sowie des Hauptsacheverfahrens mit dem Geschäftszeichen 103 O 110/18 (Verfahrenswert: 7.500,00 EUR, nachfolgend auch nur: "Parallelverfahren"). Die Hauptsacheklage im Parallelverfahren ist beim Landgericht Berlin am 08. August 2018 eingegangen. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts im Parallelverfahren ist beim Senat unter dem Geschäftszeichen 5 U 71/19 anhängig.
Dem vorliegenden Verfahren vorausgegangen ist ein einstweiliges Verfügungsverfahren zum Geschäftszeichen 91 O 33/18 (Verfahrenswert: 35.000,00 EUR).
Das Landgericht hat der Klage, die dort am 06. Juni 2018 eingegangen ist, zunächst durch Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren stattgegeben. Auf den Einspruch der Beklagten hat es mit Urteil vom 18. Juni 2019 dieses Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe bei der Rechtsverfolgung rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 UWG in der bis zum 01. Dezember 2020 geltenden Fassung (nachfolgend auch nur: "a. F.") gehandelt. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche weiter.
Die Klägerin rügt:
Die Annahme des Landgerichts, sie handele rechtsmißbräuchlich, sei falsch. Sie habe erst am 02. März 2018 Kenntnis von den im hiesigen Verfahren gegenständlichen Verstößen erhalten. Die "Gegenabmahnung" der Beklagten vom 01. März 2018 sei Anlass gewesen, das übrige Angebot der Beklagten zu prüfen. Um sich im Rahmen des § 12 Abs. 2 UWG a. F. nicht dem Vorwurf der Selbstwiderlegung auszusetzen, habe sie bis zum 08. März 2018 vorgehen müssen. Dabei sei davon auszugehen gewesen, dass ein Zuwarten von über einem Monat nach Kenntnis des Verstoßes dringlichkeitsschädlich sei. Daher sei es ihr nicht möglich gewesen, alle seit dem 08. Februar 2018 festgestellten vermeintlichen Verstöße in einem Eilverfahren geltend zu machen.
Hinzu komme, dass der im Parallelverfahren geltend gemachte Verstoß verschieden von den im hiesigen Verfahren streitgegenständlichen Verstößen sei, insbesondere hinsichtlich Lebenssachverhalt und Beweissituation.
Die Mehrkosten, die durch eine Verfolgung in zwei Eilverfahren entstanden seien, seien zudem nicht erheblich. Die Klägerin bekräftigt ihren Vortrag unter Verweis auf verschiedene Entscheidungen insbesondere des Bundesgerichtshofs.
Hinsichtlich des von ihr geltend gemachten Anspruches auf Ersatz der Kosten der Abmahnung sei Erledigung der Hauptsache eingetreten, da die Beklagte nicht zur Abwendung der Zwangsvollstreckung bezahlt habe. Da die Abmahnung gerechtfertigt sei, sei auch der Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG a. F. begründet gewesen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise im Falle der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, wobei die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht überschreiten darf, die Ordnungshaft jeweils zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet gegenüber Verbrauchern
a) Getränke anzubieten, ohne den jeweiligen korrekten Grundpreis gemäß § 2 Abs. 1 iVm. Abs. 3 PAngV bei einem Angebot in einem Umfang von mehr als 250 ml korrekt in Liter zusätzlich zum Kaufpreis auszuweisen, soweit der Grundpreis nicht mit dem Verkaufspreis identisch ist, wie geschehen bei dem Angebot der Beklagten vom 02. März 2018 auf "www.ebay.de" zur Artikelnummer ... gemäß K 1;
hilfsweise wie geschehen bei dem Angebot der Beklagten vom 22. Mai 201...