Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 05.03.2018; Aktenzeichen 84 O 185/16)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Berlin vom 5. März 2018 - 84.O.185/16 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten als Nachlassverwalter über das Vermögen des verstorbenen Notars A N auf Schadenersatz wegen notarieller Amtspflichtverletzung in Anspruch.

Wegen des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen. Diese werden wie folgt ergänzt:

Vor der Beurkundung des Angebotes der Klägerin am 27. Februar 2006 beurkundete der Notar neben dem Kaufvertrag zwischen H U B und der S & S D GmbH am 6. Februar 2006 insgesamt acht Angebote über den Kauf von Wohnungen, welche auch Gegenstand des Kaufvertrages zwischen H U B und S & S D GmbH waren, so am 30. Januar 2006, vier am 10. Februar 2006, am 2. Februar 2006, am 21. Februar 2006 sowie am 22. Februar 2006. Ferner nahm er am 14. Februar 2006 die Beglaubigung von Pfandhaftentlassungserklärungen zu den am 6. Februar 2006 gekauften Wohnungen vor. Darüber hinaus holte er Grundbuchauszüge zu einem Teil dieser Wohnungen ein, die allerdings nicht mit den am 3. März 2006 von der R B GmbH gekauften Wohnungen übereinstimmten.

Soweit die Klägerin darüber hinaus weitere notarielle Tätigkeiten des Notars in dem Zeitraum bis Juni 2006 vorträgt, wird auf die Darstellung auf den Seiten 3 bis 5 des klägerischen Schriftsatzes vom 5. Februar 2020 (BI. 129 - 131 Bd. II d.A.) Bezug genommen.

Die Verkäuferin der Klägerin, die R B GmbH, kaufte mit am 3. März 2006 vor dem Notar mit der S & S D GmbH geschlossenen Kaufvertrag 14 der von dieser zuvor am 6. Februar 2006 von H U B gekauften 25 Eigentumswohnungen (UR-Nr. .../2006), darunter die von der Klägerin erworbenen Wohnungen.

Die 39,23 m2 große Wohnung Nr. 65 wurde von der S & S GmbH zu einem Kaufpreis von 4.900,00 Euro angekauft und von der R B GmbH an die Klägerin zu einem Preis von 62.768,00 Euro verkauft. Die 37,86 rn2 große Wohnung Nr. 66 wurde zu einem Kaufpreis von 15.000,00 Euro von der S & S GmbH angekauft und von der R B GmbH zu einem Kaufpreis von 60.576,00 Euro an die Klägerin verkauft.

In der notariellen Angebotsurkunde der Klägerin vom 27. Februar 2006 erklärte die Klägerin gegenüber dem Notar, "einen dem nachfolgenden Vertragsinhalt ähnlichen Entwurf 14 Tage vor der Beurkundung erhalten" zu haben.

Der 6. Zivilsenat des Kammergericht verurteilte den Beklagten im Falle des Erwerbers L (6 U 85/11) zum Schadenersatz. Dieser Erwerber hatte am 10. Februar 2006 vor dem Notar Angebote gegenüber der R B GmbH zum Erwerb zweier Eigentumswohnungen abgegeben, die ebenfalls zunächst von der S & S D GmbH am 6. Februar 2006 gekauft und dann am 3. März 2006 an die Verkäuferin der Klägerin, die R B GmbH, verkauft worden waren.

Die Klägerin behauptet, dem Notar seien im Zeitpunkt der Beurkundung des Angebotes der Klägerin am 27. Februar 2006 sittenwidrige Kaufpreisdifferenzen aus den von ihm beurkundeten Urkunden, insbesondere dem Kaufvertrag zwischen H U B und der S & S D GmbH vom 6. Februar 2006 (UR-Nr. .../2006) einerseits und dem Angebot der Klägerin vom 27. Februar 2006 an die R B GmbH (UR-Nr. .../2006) andererseits, bekannt gewesen.

Da dem Notar bei der Beurkundung des Angebotes des Käufers L vom 10. Februar 2006 bereits die sittenwidrige Kaufpreisdifferenz aufgefallen sei, was vom Kammergericht in dem Rechtsstreit des Käufers L festgestellt worden sei (Urteil vom 11. September 2012 - 6 U 85/11), hätte er auch in den anderen Fällen eines Verkaufs von Wohnungen aus dieser Wohnanlage hellhörig werden müssen und auf eine sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung achten müssen.

Die Klägerin behauptet weiter, der Notar sei mit dem gesamten umfassenden Immobiliengeschäft befasst gewesen. Er habe den Ankauf durch die S & S GmbH und dessen Finanzierung notariell betreut. Ihm sei hierbei bereits bekannt gewesen, dass die R B GmbH die Wohnungen dann erwerben und an Verbraucher zu weit höheren Preisen weiterverkaufen sollte. Alles habe in seinen Händen gelegen. Sämtliche Verträge nebst der erforderlichen Grundbucherklärungen seien von dem Notar geplant, gestaltet und hierbei auf einander abgestimmt worden. Er habe schon ab Februar 2006 - in einheitlichen Urkunden - Kaufvertragsangebote zum Erwerb der Wohnungen durch Verbraucher beurkundet. Die Abwicklung dieses Veräußerungskomplexes (K straße/S straße) habe seinerzeit Anfang Februar bis Ende April 2006 den ganz überwiegenden Anteil seiner notariellen Tätigkeit ausgemacht (zu über 60 %). Hierbei hätten dem Notar die Kaufpr...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge