Leitsatz (amtlich)

1. Nach einer außerordentlichen Vermieterkündigung eines befristeten Mietverhältnisses kann der Vermieter vom Mieter grundsätzlich Mietausfallschaden in Gestalt der bis zum Ablauf der fest vereinbarten Vertragsdauer entgangenen Miete verlangen.

2. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Vermieters liegt nicht vor, wenn der Vermieter in einem Einkaufszentrum aus wirtschaftlichen Gründen eine Umstrukturierung der Mietflächen (hier: teilweiser Umbau der Einzelhandelsflächen in Büroflächen) vornimmt.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 2 O 107/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 03. März 2021 verkündete Urteil der Zivilkammer 2 des Landgerichts Berlin - 2 O 107/20 - teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 23.121,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 12. Mai 2020 sowie Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf 15.600 EUR ab dem 05. Februar 2020 bis zum 31. Dezember 2020 und auf 13.710,80 EUR seit dem 01. Januar 2021 bis zum 07. Januar 2021 zu zahlen.

Wegen der weitergehenden Zinsforderung wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die Berufung der Klägerin richtet sich gegen das am 23. Februar 2021 verkündete Urteil der Zivilkammer 2 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.

Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:

Das Landgericht sei der Ansicht, ein Mietausfallanspruch bestehe schon deswegen nicht, weil die Klägerin es unterlassen habe, die Räume auf dem Markt anzubieten. Hierbei habe das Landgericht die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 29.06.2020 außer Acht gelassen. Hierin habe die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Beklagte nicht nur die angeblich unterlassenen Bemühungen hätte darlegen müssen und, dass bei adäquaten Bemühungen der Klägerin auch frühzeitig ein Nachmieter hätte gefunden werden können. Die Beklagte hätte unter Beweisantritt vortragen müssen, welcher konkrete Nachmieter zu welchem Zeitpunkt zur Anmietung der streitgegenständlichen Flächen bereit gewesen wäre. Hierzu fehle jeder Vortrag der Beklagten.

Die Beklagte habe indes selbst mehrfach vorgetragen, dass zahlreiche andere Gewerbemieter ihre Mietzahlungspflicht nicht hätten einhalten können und gezwungen gewesen seien, die Geschäfte zu räumen. Daher hätte die Beklagte nicht einfach behaupten können, dass eine Nachvermietung möglich gewesen sei. Dies sei tatsächlich nicht der Fall gewesen, weswegen die Klägerin andere Wege hätte gehen müssen. Der Klägerin müsse es gestattet sein, wirtschaftliche Rückschlüsse derart zu ziehen, freiwerdende Räume umzubauen und einer (mit Erfolgsaussichten versehenen) Vermietung an andere Gewerbe zuzuführen. Es habe eine wirtschaftliche Notwendigkeit zum Umbau bestanden, weil eine andere wirtschaftliche Vermietung/Verwertung nicht möglich gewesen sei. Es entspreche der Rechtsprechung, nach einer Kündigung den Markt zunächst zu "sondieren". Dies sei hier erfolgt und habe ergeben, dass eine Nachvermietung nicht möglich gewesen sei. Im weiteren Verlauf habe dies dazu geführt, dass man sich für eine bauliche Neustrukturierung hätte entscheiden müssen. Ferner sei ein anders gebauter Food-Court direkt im mittleren Eingangsbereich des Einkaufszentrums angesiedelt worden.

Die Wiedervermietung nach dem Umbau sei schließlich auch erfolgreich gewesen. Nur für die vorliegenden in Streit stehenden Zeiträume sei es noch nicht möglich gewesen, Miete zu vereinnahmen. Der Umbau komme schließlich auch der Beklagten im Hinblick auf die Reduzierung des Kündigungsfolgeschadens zugute.

Nicht gefolgt werden könne der Ansicht des Landgerichts, ein Schadensersatzanspruch bestehe auch nicht, weil die Beklagte das Mietverhältnis bereits am ersten Tag nach der Rückgabe durch einseitige Erklärung hätte beenden können. Ungeachtet dessen, dass die Beklagte eine Kündigung nicht erklärt habe, bestünden zudem auch keine Gründe für eine außerordentliche Kündigung. Die Klägerin habe sich mit dem Umbau und der Neuvermietung nicht rechtswidrig verhalten.

Wegen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage könne ein Mietverhältnis nicht beendet werden. Die Vorschriften des § 543 BGB gingen dem § 313 BGB vor.

Im Vorprozess habe das Landgericht in der Entscheidung vom 02.06.2020 - 26 O 141/19 - den Schadensersatzanspruch dem Grunde nach bejaht und den Schaden selbst benannt und die Schadensursache der Beklagten zugewiesen.

Die Würdigung des Landgerichts, seitens der Beklagten habe ...

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