Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren in sog. Pressesachen für eine Abmahnung bzw. ein Abschlussschreiben ist allein auf die Gebühr abzustellen, die für die Rechtsverfolgung aus Sicht des Geschädigten zur Wahrung seiner Rechte "erforderlich und zweckmäßig" war (vgl. BGH - WRP 2009, 992 ff.).

2. Der Rechtsanwalt kann auch in Pressesachen wegen Ziffer 2300 RVG-VV eine höhere Gebühr als 1,3 nur dann verlangen, wenn seine Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist. Ohne diese Umstände vermag auch eine Tätigkeit des Rechtsanwalts am Wochenende eine Erhöhung der Gebühren über 1,3 hinaus nicht zu rechtfertigen.

3. Die Gebühren des Rechtsanwalts des Anspruchstellers für die Versendung eines sog. Abschlussschreibens nach Einlegung des Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung oder zeitlich nach Einlegung von Rechtsmitteln gegen ein Urteil durch den Antragsgegner sind nicht erstattungsfähig.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 24.02.2009; Aktenzeichen 27 O 1091/08)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Berlin vom 24.2.2009 (Az. 27 O 1091/08) teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Inanspruchnahme der Rechtsanwälte E., Dr. K. und Dr. S. i.H.v. 1.196,43 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz hieraus seit dem 21.9.2008 freizustellen.

b) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten der ersten Instanz haben die Beklagte zu 15 % und der Kläger zu 85 % zu tragen. Die Kosten der Berufung hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 1.500 EUR (hinsichtlich der Freistellung) sowie im Übrigen i.H.v. 110 % des vom Vollstreckungsgläubiger aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 1.500 EUR (hinsichtlich der Freistellung) sowie im Übrigen i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Freistellung von Rechtsanwaltsgebühren bzw. Gerichtskosten, welche ihm im Zusammenhang mit der Abmahnung und zweier Abschlussschreiben wegen einer Veröffentlichung in einer von der Beklagten verlegten Zeitung entstanden sind.

Mit Schreiben vom 9.8.2008 (einem Sonnabend) forderten die Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte auf, eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtung hinsichtlich eines von der Beklagten in der "B."-Ausgabe vom selben Tag publizierten Artikels "Top-Manager fährt Amok mit James-Bond-Auto" abzugeben. Nachdem die Beklagte hierauf nicht reagierte, erwirkte der Kläger am 12.8.2008 vor dem LG Berlin eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung (Aktenzeichen: 27 O 851/08), dem Beklagten am 15.8.2008 zugestellt.

Gegen die einstweilige Verfügung legte die Beklagte am 29.8.2008 Widerspruch ein, den sie jedoch erst am 29.9.2008, einen Tag vor dem mit Ladungsverfügung vom 2.9.2009 anberaumten Haupttermin vor dem LG Berlin, begründete. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 12.9.2008 unter Fristsetzung bis zum 26.9.2008 auf, den Inhalt der einstweiligen Verfügung als endgültig anzuerkennen und auf die Rechte auf Aufhebung wegen veränderter Umstände und Fristsetzung zur Klageerhebung zu verzichten. Die Beklagte reagierte auf dieses Schreiben nicht.

Am 30.9.2008 bestätigte das LG Berlin die einstweilige Verfügung durch das am 9.10.2008 der Beklagten zugestellte Urteil.

Der Kläger hat im vorliegenden Rechtsstreit unter dem 4.10.2008 Hauptsacheklage erhoben, die der Beklagten am 27.10.2008 zugestellt worden ist. Unter dem 11.11.2008 gab die Beklagte die Abschlusserklärung ab. Am Folgetag hat der Kläger den Rechtsstreit hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens - mit Zustimmung der Beklagten - für erledigt erklärt und nur noch die ebenfalls begehrte Freistellung des Klägers gegenüber seinen Prozessbevollmächtigten von der Zahlung von 2.958,82 EUR nebst Zinsen beantragt, und zwar

  • für das Abmahnschreiben vom 9.8.2008 1.762,39 EUR (= 1,5 Verfahrensgebühr bei einem Wert von 40.000 EUR), sowie
  • für das Abschlussschreiben vom 12.9.2008 1.196,43 EUR (= 1,3 Verfahrensgebühr bei einem Wert von 40.000 EUR).

Hinsichtlich des in der Hauptsache erledigten Teils des Rechtsstreits haben die Parteien widerstreitende Kostenanträge gestellt.

Wegen der weitergehenden Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tenor und Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das LG Berlin hat die Beklagte unter Abweisung im Übrigen zur Freistellung von den Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 2.573,26 EUR nebst Zinsen verurteilt. Es hat - ausgehend von einer unstreitigen Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers - die Erstattungsfähigkeit der Mahnkosten nicht nur in Höhe einer Gebühr von 1,3 hingenommen, sondern die Gebühr von...

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