Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfall im Kreisverkehr

 

Normenkette

StVO §§ 1, 9 Abs. 1, § 41 Abs. 3 Nr. 5 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 16.07.2007; Aktenzeichen 59 O 91/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten, die im Übrigen zurückgewiesen wird, wird das am 16.7.2007 verkündete Urteil der Zivilkammer 59 des LG Berlin - 59 O 91/07 - teilweise abgeändert:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 2.866,32 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.10.2006 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg.

Die Klägerin kann, wie das LG in dem angegriffenen Urteil richtig ausgeführt hat, von den Beklagten Schadensersatz auf Grund des Verkehrsunfalls vom 18.9.2006 im Kreisverkehr Ernst-Reuter-Platz Höhe Ausfahrt Bismarckstraße nach den §§ 823 Abs. 1 BGB, 7, 17 StVG in Verbindung mit

§ 3 PflVG verlangen, jedoch nur nach einer Haftungsquote i.H.v. 50 %.

1. Richtig ist das LG davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1. als Rechtsabbiegerin ihren Sorgfaltspflichten nach § 9 Abs. 1 StVO nicht ausreichend nachgekommen ist, indem sie nicht ausreichend auf den nachfolgenden Verkehr geachtet hat.

Entgegen den Ausführungen des LG kann der Beklagten zu 1. jedoch nicht vorgeworfen werden, sich beim Rechtsabbiegen nicht möglichst weit nach rechts eingeordnet zu haben.

Zwar gilt § 9 Abs. 1 StVO auch im Kreisverkehr jedenfalls dann, wenn das Abbiegen in bestimmten Fahrstreifen nicht durch Richtungspfeile nach § 41 Abs. 3 Nr. 5 Satz 2 StVO vorgeschrieben bzw. empfohlen ist.

Dem LG kann auch darin gefolgt werden, dass jedenfalls zum Unfallzeitpunkt die im Unfallbereich vorhandenen Markierungen ein Abbiegen des klägerischen Fahrzeugs aus dem Kreisverkehr beim Verbleib in seiner bisherigen Spur nicht vorschrieben, da sie sich nicht unmittelbar vor der nächsten Kreuzung oder Einmündung befanden, sondern zunächst noch die Einfahrt Otto-Suhr-Allee kreuzte, nach welcher die Pfeilmarkierungen nicht wiederholt waren.

Auch wenn es sich bei den Markierungen die sich vor der Einfahrt Otto-Suhr-Allee auf den von den Parteien jeweils befahrenen Fahrspuren befanden damit nur um Empfehlungen handelte, führte dies jedoch nicht dazu, dass die Beklagte zu 1. gehalten war, sich zum Ausfahren an der nächsten Ausfahrt und damit zum Rechtsabbiegen i.S.v. § 9 Abs. 1 StVO dergestalt möglichst weit rechts einzuordnen, dass sie in einen der beiden rechten Fahrstreifen hätte wechseln müssen.

Die zur Frage des Vortritts beim parallelen Rechtsabbiegen entwickelten Grundsätzen, dass dem am weitesten rechts Eingeordneten dann nicht stets das Vortrittsrecht gebührt, wenn paralleles Abbiegen in eine mehrspurige Straße durch Richtungspfeile geboten ist, weil das Ziel des parallelen Abbiegens die Schaffung von mehr Verkehrsraum ist, der auch genutzt werden soll (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 12.12.2006 - VI ZR 75/06, NJW-RR 2007, 380) kommen auch vorliegend zur Anwendung. Es ist nämlich auch hier davon auszugehen, dass die durch die Richtungspfeile gegebene Empfehlung des Einordnens in zwei Rechtsabbiegerspuren und eine wahlweise Rechtsabbiegerspur dazu führen soll, dass der Raum zum mehrspurigen Abbiegen tatsächlich auch genutzt wird.

Kommt der in einer so als Rechtsabbiegerspur empfohlenen Spur Fahrende dieser Empfehlung nicht nach sondern fährt, wie vorliegend der klägerische Fahrer, weiter im Kreisverkehr geradeaus, so verletzt er jedenfalls die allgemeine Sorgfaltspflicht aus § 1 StVO wenn er nicht berücksichtigt, dass andere Verkehrsteilnehmer darauf vertrauen, er werde der angegebenen Empfehlung folgen.

Demzufolge gebührte dem klägerischen Fahrer auch nicht der unbedingte Vorrang ggü. der Beklagten zu 1. weswegen er gehalten war darauf zu achten, ob - der Empfehlung für einen ungehinderten Verkehrsfluss folgend - andere Verkehrsteilnehmer aus dem dritten Fahrstreifen nach rechts ausfahren wollten.

Unter Abwägung der beiden Verschuldensanteile nach § 17 Abs. 1 StVG wiegen beide Pflichtverstöße unter Berücksichtigung der jeweiligen Betriebsgefahr gleich schwer, so dass die Klägerin lediglich 50 % des ihr unstreitig entstandenen Schadens geltend machen kann.

2. Soweit die Beklagten mit der Berufung die Abweisung der Klage insgesamt begehrten, konnte die Berufung jedoch keinen Erfolg haben.

Soweit die Berufung ausführt, entgegen der Annahme des LG habe es sich bei den streitigen Markierungen nicht nur um Empfehlungen, sondern verbindliche Vorgaben zum Ausfahren gehandelt, verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg.

Wie das LG richtig ausgeführt hat, schreiben Richtungspfeile auf der Fahrbahn unmittelbar vor der Kreuzung bzw. Einmündung die künftige Fahrtrichtung auf der folgenden Kreuzung oder Einmündung vor, wenn zwischen ihnen Fahrstreifenbegrenzungen oder Leitlinien angebracht sind.

Die Auslegung des LG, hieran fehle es schon deshalb, wei...

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