Leitsatz (amtlich)
Zum "Lebensbedarf" i.S.d. § 1357 Abs. 1 BGB gehört auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts jedenfalls dann, wenn es um die Abwehr von Ansprüchen geht, die sich gegen die Erhaltung des gemeinsamen Heimes richten.
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 11.03.2005; Aktenzeichen 36 O 162/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.3.2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 36 des LG Berlin wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu 4/5 und die Beklagte zu 2) allein zu 1/5 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
A. Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 11.3.2005 verkündete Urteil der Zivilkammer 36 des LG Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Beklagten tragen zur Begründung ihrer Berufung vor: Ein Auftragsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) sei nicht belegt. Tatsachen, die eine Duldungsvollmacht der Beklagten zu 2) zugunsten des Beklagten zu 1) ergäben, habe das LG nicht ordnungsgemäß festgestellt, insb. nicht darauf hingewiesen, welche Tatsachen es als gerichtsbekannt ansehe. Es fehlten Vortrag des Klägers und Feststellungen des LG zu einem Auftreten des Beklagen zu 1) in einer Vielzahl von Fällen, einer Duldung der Beklagten zu 2), Setzen eines Rechtsscheins vor Auftragserteilung und Gutgläubigkeit des Klägers.
Der Schriftsatz des Rechtsanwalts T.S. vom 28.8.2001 im Vorprozess stelle einen Standard-Meldeschriftsatz dar und enthalte keine Genehmigung eines Auftragsverhältnisses zwischen der Beklagten zu 2) und dem Kläger.
Zu Unrecht gehe das LG von einer fortdauernden Unterbrechung bzw. Hemmung der Verjährung der Gebührenforderung durch das Festsetzungsverfahren nach § 19 BRAGO aus. Denn es sei gem. § 211 Abs. 2 BGB a.F. zum Verfahrensstillstand gekommen. Im Zeitpunkt des Mahnbescheidsantrags vom 30.12.2003 sei das Verfahren länger als zwei Jahre nicht gefördert worden. Der Antrag vom 30.12.2003 sei auch nicht geeignet gewesen, die Verjährung zu hemmen, da die Forderungen im Mahnbescheidsantrag durch bloße Angabe eines Betrages und Rechnungsdatums nicht ausreichend individualisiert gewesen seien.
Mit Schriftsatz vom 26.10.2005 haben die Beklagten den Fortbestand der Aktivlegitimation des Klägers bestritten und dies damit begründet, dass ihnen erst Mitte Oktober 2005 über ihren Prozessbevollmächtigten T.S. aus anderen Verfahren bekannt geworden sei, dass der Kläger in seiner am 12.11.2004 abgegebenen eidesstattlichen Versicherung eine Abtretung von Honorarforderungen gegen den Beklagten zu 1) an die D.B. AG angegeben habe.
Die Beklagten beantragen, das Urteil des LG Berlin vom 11.3.2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger erwidert auf die Berufung: Eine Abtretung von Gebührenansprüchen an die D.B. AG sei nicht erfolgt. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 21.5.2004 seien lediglich Ansprüche des Klägers gegen seine Prozessbevollmächtigte auf Auskehr eingegangener Zahlungen seiner Schuldner zugunsten der D.B. AG gepfändet worden.
Ein Mandatsverhältnis zur Beklagten zu 2) sei nicht substantiiert bestritten. Es sei in der mündlichen Verhandlung vor dem LG erörtert worden, dass die Vertretung aller Familienmitglieder durch den Beklagten zu 1) in allen zahlreichen Prozessen gerichtsbekannt sei. Indem die Beklagte zu 2) in ihrem Schriftsatz vom 12.10.2001 im Vorprozess AG Wedding 12a C 91/00 ihn, den Kläger, als "ehemaligen Verfahrensbevollmächtigten" bezeichnet habe, habe sie dessen Vollmacht und sein Mandat bestätigt. Auch im Verfahren AG Wedding 12b C 366/97 habe der Kläger beide Beklagten vertreten, wobei er nur mit dem Beklagten zu 1) Kontakt gehabt habe, ebenso im Verfahren 5 C 445/98.
Der Anspruch sei nicht verjährt. Der Kläger könne nichts dafür, dass sein Festsetzungsantrag bis heute nicht beschieden sei. Für die Beklagten sei auch unschwer erkennbar gewesen, worauf sich die Forderung gem. Mahnbescheidsantrag bezog.
B. Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet.
1. Der Kläger ist noch Inhaber der geltend gemachten Gebührenansprüche. Eine Abtretung an die D.B. AG hat er im Vermögensverzeichnis seiner eidesstattlichen Versicherung vom 12.11.2004 nicht angegeben. Vielmehr heißt es dort auf die Frage, welche Ansprüche "gepfändet oder abgetreten" sind, "sämtliche Forderungen zu 22) durch die D.B. AG". Bereits dies ("durch", nicht "an") deutet auf eine Pfändung und nicht Abtretung hin. Im Übrigen ist in Ziff. 22) nur von Forderungen aus Anwaltstätigkeit gegen "G.S. und seine Firmen" die Rede, und nicht von Forderungen gegen die Beklagte zu 2) Eine Abtretung der Forderung nur gegen einen Gesamtschuldner ist möglich, bedarf aber der Zustimmung des Schuldners, da zwischen Zedent und Zessionar ein der Gesamtgläubigerschaft ähnliches Rechtsverhältnis entsteht und eine Gesamtgläubigerschaft nur mit Einverständnis des Schuldners begründet werden kann (Palandt/Heinrich...