Leitsatz (amtlich)

Zur Aufklärungspflicht des Anlageberaters in Bezug auf Risiken der Geschäftstätigkeit des Fonds im Zweitmarkt für US-amerikanische Lebensversicherungspolicen.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 13.11.2013; Aktenzeichen 3 O 243/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Berlin vom 13.11.2013 -3 O 243/12 - im Tenor zu 4. unter Abweisung der weiter gehenden Klage auf Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, an die

Klägerin außergerichliche Kosten i.H.v. 961,28 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.8.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das genannte Urteil teilweise abgeändert und wie folgt ergänzt:

Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung der

Rechte aus der Beteiligung an der ...im Verzug befindet.

Im Übrigen wird die Anschlussberufung einschließlich der Klageerweiterung im Schriftsatz vom 20.4.2015 zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin zu 41 % und die Beklagte zu 59 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 34 % und die Beklagte zu 66 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Das LG Berlin hat mit dem am 13.11.2013 verkündeten Urteil - auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird - der auf Rückabwicklung der Beteiligung der Klägerin an der ...(im Folgenden: Fonds) gerichteten, auf eine schuldhafte Verletzung des Beratungsvertrags gestützten Klage überwiegend stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage begehrt. Die Klägerin verfolgt im Wege der Anschlussberufung einen Anspruch auf Ersatz entgangenen Zinsgewinns i.H.v. 2 % × 18.900 EUR im Zeitraum 23.11.2006 bis 28.6.2012 = 2.116,29 EUR weiter, und ferner den Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten in Bezug auf die Übernahme des Fonds-Anteils.

Die LGlichen Feststellungen werden dahin ergänzt, dass die Klägerin an den Fonds insgesamt eine Zahlung von 18.000 EUR + 5 % Agio = 18.900 EUR erbringen sollte, jedoch - dem Ratenplan der Beitrittserklärung (Anl. B 1) entsprechend - bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz nur Zahlungen von 9.450 EUR erbracht hatte. Mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz eingereichten Schriftsatz vom 25.9.2013 hat sie daher erklärt, dass der Klageantrag zu 1 "berichtigt" und auf 9.450 EUR reduziert werde.

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:

Das LGurteil sei überraschend, da es zum Nachteil der Beklagten vom Vergleichsvorschlag des Einzelrichters abweiche.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) habe geboten, die Zeugin ...zum Inhalt des Beratungsgesprächs zu vernehmen. Diese habe u.a. über die vom LG der Verurteilung zugrunde gelegten Risiken aufgeklärt, nämlich über die Unkündbarkeit amerikanischer Lebensversicherungen und die daraus (wegen der Pflicht zur Weiterzahlung der Prämien durch den Käufer) erhöhten Anforderungen an die Kapitalausstattung des Fonds, und die Erstattungspflicht etwa erhaltener Ausschüttungen im Insolvenzfall des Fonds.

Sie, die Beklagte, sei ihrer sekundären Darlegungslast bereits in der Klageerwiderung nachgekommen. Die Zeugin ...sei im Beratungsgespräch am 23.11.2006 die im Beratungsprotokoll (B 2) und auf S. 4, 9 ff. des Verkaufsprosekts (K 1) aufgeführten Risiken "Punkt für Punkt" durchgegangen. Sie habe insbesondere auf die Unkündbarkeit der Beteiligung während der Fondslaufzeit, das Liquiditäts/Insolvenzrisiko, das Finanzierungsrisiko sowie das Langlebigkeitsrisiko hingewiesen. Zudem schließe der - erteilte - Hinweis auf ein Teil- oder Totalverlustrisiko als weitestgehender Risikohinweis sozusagen sämtliche sonstigen Risikohinweise in sich ein.

Auf S. 61 des Prospekts werde darauf hingewiesen, dass im Fall der Einlagenrückgewähr ein Wiederaufleben der Gesellschafterhaftung eintreten könne. Da die Zeugin ...anhand des Prospekts aufgeklärt habe, sei "davon auszugehen", dass sie die Klägerin auch über diesen Aspekt unterrichtet habe. Das Ausschüttungsrisiko sei vorliegend auch nur theoretisch, da Rückflüsse prospektgemäß erst nach Ablauf der 10-jährigen Ansparphase erfolgen sollen. Ein so fernes Risiko könne für die Anlageentscheidung nicht kausal sein.

Ein Anspruch sei verjährt. Die Klägerin habe grob fahrlässig unterlassen, Ansprüche gegen die Beklagte zu verfolgen. Denn die Gesellschafter, und damit auch die Klägerin, hätten im Juni 2008 einen Beitritt ihres Fonds zum ...(..., s. Schriftsatz vom 27.8.2013, S. 2) beschlossen, was zur Aufnahme von Fremdkapital, zu einer Risikoerhöhung und letztlich zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Fonds geführt habe.

Die Anwaltskosten seien nicht nach einer 2,1fachen Geschäftsgebühr, sondern nur nach einer 1,3fachen Regelgebühr angefallen. Mit den Anlagen B 7 und 8 se...

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