Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 37 O 253/15)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 3.3.2016 - 37 O 253/15 - wird zurückgewiesen.

Auf die Hilfswiderklage wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 89.504,52 EUR

zuzüglich Zinsen in Höhe von 5,80 % p.a. hieraus seit dem 1. Mai 2018 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten der ersten Instanz. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10% abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. [1] Die Parteien schlossen am 30.12.2008 einen Darlehensvertrag, der von dem Kläger im Februar 2015 widerrufen wurde. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der gestellten Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

[2] Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter, soweit das Landgericht der Klage stattgegeben hat, und erhebt hilfsweise für den Fall, dass der Senat von der Wirksamkeit des Widerrufs ausgehen sollte, eine Hilfswiderklage. Zur Begründung führt sie unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag aus:

Zur Berufung

Der Klageantrag zu 1) sei unzulässig, weil die angestrebte Feststellung das Rechtsverhältnis der Parteien nicht abschließend klären könne. Denn aufgrund des Umstandes, dass der Kläger sich mit seinem Feststellungsbegehren nur einen Teilaspekt eines - unterstellt - wirksamen Widerrufs herausgegriffen habe, sei weiterer Streit zwischen den Parteien geradezu vorprogrammiert.

Dem Kläger habe auch kein Widerrufsrecht zugestanden.

Die Widerrufsbelehrung sei ordnungsgemäß. Das Landgericht habe insoweit verkannt, dass der zum Erlöschen des Widerrufsrechts erteilte Hinweis gerechtfertigt gewesen sei, weil auf das Widerrufsrecht des § 495 BGB bei Fernabsatzverträgen, wenn die Anwendbarkeit von § 312d Abs. 1 und Abs. 3 BGB a.F. nur an § 312d Abs. 5 BGB scheitere, die Bestimmung des § 312d Abs. 1 (wohl Abs. 3) Nr. 1 BGB entsprechend anwendbar gewesen sei.

Auch habe das Landgericht bei seinen Ausführungen rechtsfehlerhaft verkannt, dass § 355 Abs. 2 BGB in der im Dezember 2008/Januar 2009 geltenden Fassung nur eine Belehrung zum Widerrufsrecht an sich, der Dauer der Frist und deren Lauf sowie der Art und Weise der Ausübung des Widerrufsrechts verlangt habe. Hierüber sei der Kläger durch die erteilte Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß belehrt worden. Ein in der Widerrufsbelehrung enthaltener "besonderer Hinweis" sei nicht geeignet, die von § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. geforderte Deutlichkeit zu beseitigen.

Zugunsten der Beklagten greife auch die Schutzwirkung des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV ein. Das Landgericht habe verkannt, dass der Belehrungstext für finanzierte Geschäfte dem Gestaltungshinweis (10) des ab dem 1. April 2008 geltenden Musters für die Widerrufsbelehrung bei einem finanzierten Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts entsprochen habe.

Als rechtsfehlerhaft erwiesen sich auch die Feststellungen, mit denen das Landgericht ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers verneint hat. Das Widerrufsrecht solle ein mögliches Ungleichgewicht der Vertragsparität zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausgleichen, nicht aber ein "Ausstiegsrecht" wegen nachträglich, im Laufe der Vertragsdurchführung eingetretener und außerhalb des Vertrages liegender Umstände wie Zinsänderungen begründen.

Zur Hilfswiderklage

Die Hilfswiderklage sei sachdienlich, da sie geeignet sei, den Streit zwischen den Parteien endgültig auszuräumen, und könne auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat seiner Entscheidung gem. § 529 ZPO zugrunde zu legen habe.

Im Fall der Wirksamkeit des Widerrufs könne die Beklagte neben der Rückzahlung des vollständigen Darlehenskapitals in Höhe von 106.000,00 EUR eine Verzinsung in Höhe von 36.018,05 EUR verlangen, die sich unter Zugrundelegung des Vertragszinses errechne.

Der Kläger könne Erstattung seiner Annuitätenzahlungen in Höhe von 40.845,56 EUR sowie Nutzungswertersatz in Höhe von 2,5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, mithin in Höhe von 2.967,53 EUR verlangen.

Gegen die unterstellten Forderungen des Klägers erklärt die Beklagte die Aufrechnung in folgender Reihenfolge: (1) Gegen den Zinsanspruch des Klägers mit dem letztstelligen Teilbetrag ihres Zinsanspruchs, (2) gegen den letztstelligen Teilbetrag des Erstattungsanspruchs des Klägers mit dem Restbetrag ihres Zinsanspruchs und (3) gegen den Restbetrag des Erstattungsanspruchs des Klägers mit dem letztstelligen Teilbetrag ihres Rückzahlungsanspruchs im Hinblick auf das überlassene Darlehenskapital.

Die Beklagte habe Anspruch auf Nutzungswertersatz in Höhe des Vertragszinses auch für die Zeit nach Widerruf.

Zudem erhöhe sich die Forderung der Beklagten...

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