Rz. 65
Die Mietverträge sehen durchgängig formularmäßig vor, dass Veränderungen an und in den Mieträumen, insbesondere Um- und Einbauten, Installationen und dgl., der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Vermieters bedürfen, die davon abhängig gemacht werden kann, dass der Mieter sich zur völligen oder teilweisen Wiederherstellung des früheren Zustands im Falle seines Auszugs verpflichtet. Diese Regelung ist gegenüber dem Recht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mieträume abzugrenzen und kann in dieser Generalisierung nicht gelten. Alle baulichen Veränderungen und Einbauten, die vom vertragsgemäßen Gebrauchsrecht gedeckt sind, kann der Mieter ohne Zustimmung des Vermieters durchführen. Andere Arbeiten, die nicht vom vertragsgemäßen Gebrauchsrecht gedeckt sind, bedürfen der Zustimmung. Dies ergibt sich schon aus § 535, da der Vertragsinhalt verändert wird. Unter bestimmten Voraussetzungen aber darf der Vermieter Umbauarbeiten nicht verweigern.
6.6.1 Vertragsgemäßer Gebrauch
Rz. 66
Bestimmte kleinere Eingriffe zur Einrichtung der Wohnung darf der Mieter vornehmen. Dazu gehört das Einschlagen von Nägeln, Setzen von Dübeln (LG Mannheim, Urteil v. 21.3.1974, 12 S 96/73, WuM 1975, 50; LG Darmstadt, Urteil v. 24.10.1986, 17 S 11/86, NJW-RR 1988, 80; LG Göttingen, Urteil v. 12.10.1988, 5 S 106/88, WuM 1990, 199), Verkleben von Teppichböden (LG Essen, Urteil v. 22.4.1987, 10 S 633/86, WuM 1987, 257), der Einbau von Klingelknöpfen oder eines Türspions in die Wohnungstür (AG Meißen, Urteil v. 4.12.2017, 112 C 353/17, ZMR 2018, 337), der Austausch von Fliesen, die Anbringung von neuen Fußleisten (AG München, Urteil v. 12.4.2017, 424 C 27317/16, ZMR 2018,425), von Gardinenstangen sowie von farblich angepassten und fachgerecht montierten Markisen oder Plissees zur Verdunkelung. Jeweils ist allerdings dabei zu beachten, dass diese Arbeiten nur maßvoll durchgeführt werden dürfen, bei Dübeln also z. B. nur zur notwendigen Installation von Spiegeln oder Lampen, beim Teppichfußboden ohne Substanzbeeinträchtigung des Untergrunds. Die Abgrenzung ist schwierig. Nach BGH (Urteil v. 20.1.1993, VIII ZR 10/92, DWW 1993, 76) darf der Mieter innerhalb des verkehrsüblichen Maßes Dübel setzen und Kacheln, insbesondere in Bädern und Küchen, anbohren. Von der Rechtsprechung ist ferner das Aufstellen von Leichtbauwänden/Raumteilern, (AG Berlin-Mitte, Urteil v. 13.6.2019, 13 C 117/18, ZMR 2019, 686), das Anbringen einer Holzvertäfelung (LG Osnabrück, Urteil v. 11.2.1976, 1 S 343/75, WuM 1986, 231), der Einbau einer Einbauküche (LG Konstanz, Urteil v. 14.10.1988, 1 S 216/88, WuM 1989, 67), das Aufstellen einer transportablen Duschkabine (LG Berlin, Urteil v. 26.1.1990, 63 S 216/89, WuM 1990, 421), die Neuverfliesung eines Bades (AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 3.3.1995, 15 C 11/95, GE 1995, 703) gestattet worden (vgl. auch Sternel, Mietrecht aktuell, Rn. 172).
Eingriff in die Bausubstanz
Fraglich ist, ob derartige Um- und Einbauten auch dann zulässig sind, wenn dadurch die Bausubstanz beschädigt wird (bejahend AG Bremen, Urteil v. 9.3.2017, 6 C 285/14, NZM 2017,810; verneinend AG Berlin-Mitte, Urteil v. 13.6.2019, 13 C 117/18, a .a. O.). Soweit ein geringfügiger Eingriff in die Bausubstanz für zulässig gehalten wird, wird der Mieter jedoch für verpflichtet gehalten ,zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietvertragsverhältnisses die Schäden wieder zu beseitigen (LG Wuppertal, Urteil v. 16.7.2020, 9 S 18/20, GE 2020, 1052; AG München, Urteil v. 12.4.2017, 424 C 27317/16, ZMR 2018,425; AG Berlin-Pankow/Weißensee, Urteil v. 24.9.2014,7 C 135/14, GE 2014,1533; AG Berlin- Mitte, Urteil v. 13.6.2019, 13 C 117/18, a. a. O.).
6.6.2 Unzulässige Veränderungen
Rz. 67
Nicht vom Recht des vertragsgemäßen Gebrauchs gedeckt sind bauliche Veränderungen und Einbauten, durch die
- das Mietobjekt endgültig und nur schwer behebbar verändert wird;
- nachteilige Folgewirkungen für die Räume zu befürchten sind;
- der äußere Gesamteindruck des Gebäudes, insbesondere der Fassade, beeinträchtigt wird;
- Störungen, Belästigungen oder Gefährdungen Dritter auftreten.
Derartige Veränderungen dürfen nur mit Zustimmung des Vermieters durchgeführt werden. So darf der Mieter z. B. nicht ohne weiteres Wände versetzen, Leitungen verlegen, andere Fenster einbauen (LG Berlin, Urteil v. 5.3.1984, 61 S 387/83, MDR 1985, 57), eine Gasetagenheizung einbauen (LG Berlin, GE 1995, 109), Styroporplatten an den Decken anbringen (LG Braunschweig, Urteil v. 24.4.1985, 12 S 231/84, WuM 1986, 248), ein Duschbad einbauen (LG Berlin, GE 1995, 429).
Führt der Mieter dennoch ohne Zustimmung des Vermieters derartige Arbeiten durch, stellt sich die Frage, ob der Vermieter sogleich im laufenden Mietverhältnis Beseitigung verlangen darf. Das ist grundsätzlich zu bejahen. Nur in Ausnahmefällen kann das Interesse des Vermieters an der Erhaltung der Mietsache im vermieteten Zustand zurücktreten, wenn das Verlangen des Vermieters rechtsmissbräuchlich wäre (vgl. hierzu LG Berlin, Urteil v. 4.11.1993, 62 S 207/93, GE 1994, 53).
Unabhängig davon hat der Mieter nach Beendigung des ...