Rz. 69
Die Rechtsprechung zur Tierhaltung in Mieträumen ist ausgesprochen vielfältig und beinahe unübersehbar (vgl. nur Sternel, Mietrecht aktuell, Rn. 235 ff.). Sie wird durch die Rechtsprechung der Instanzgerichte geprägt, wobei im Hinblick auf die Berufungssumme es vielfach bei Entscheidungen der AG verbleibt. Überdies ist die Rechtsprechung der OLG und des BGH in Mietsachen einerseits und dieser Gerichte in Verfahren nach § 1ff. UklaG (Verbandsklageverfahren) zur Überprüfung von AGB andererseits nicht einheitlich. Das hängt auch damit zusammen, dass die Frage, welche Tiere wo gehalten werden dürfen, durchaus unterschiedlich nach Art der Tiere und nach Lage der Räumlichkeiten beantwortet werden kann.
Im Ausgangspunkt ist zunächst die Frage zu entscheiden, ob im jeweiligen Einzelfall die Tierhaltung zum allgemeinen Mietgebrauch zu zählen ist.
Kein genereller Ausschluss von Tierhaltung
Ein genereller Ausschluss der Tierhaltung kann formularmäßig nicht vereinbart werden (BGH, Beschluss v. 25.9.2012, VIII ZR 329/11, WuM 2013, 220; BGH, Urteil v. 14.11.2007, VIII ZR 340/06, GE 2008, 48). Auch ein genereller Ausschluss der Haltung bestimmter Tiere (Hunde und Katzen) ist unwirksam (BGH, Urteil v. 20.3.2013, VIII ZR 168/12, WuM 2013, 2950; AG Nürnberg, Urteil v. 18.11.2016, 30 C 5357/16, juris; AG Reinbek, Urteil v. 4.6.2014, 11 C 15/14, WuM 2014, 480; AG Wiesbaden, Urteil v. 19.3.2013, 91 C 3026/12, juris; AG Köln, Urteil v. 25.10.2012, 222 C 205/12, ZMR 2013, 545).
Vereinbarung von Erlaubnisvorbehalten
Zulässig sind dagegen Erlaubnisvorbehalte (OLG Hamm, RE v. 31.1.1981, 4 REMiet 5/80, WuM 1981, 53; a. A. AG Bremen, Urteil v. 1.6.2017, 6 C 32/15, juris; AG München, Urteil v. 3.8.2018, 411 C 976/18, ZMR 2019, 411). Denn das Halten von Kleintieren in Einzelexemplaren gehört zum vertragsgemäßen Mietgebrauch (BGH, Urteil v. 14.11.2007, VIII ZR 340/06, NJW 2008, 218). Dies gilt ebenfalls für die Haltung von Katzen auch in einer Stadtwohnung (KG, Urteil v. 18.11.2004, 8 U 125/04, WuM 2004, 721 [722]). Jedoch ist eine vertragliche Klausel in einem Wohnraummietvertrag wirksam, wonach der Mieter Kleintiere ohne Einwilligung des Vermieters im haushaltsüblichen Umfang halten darf, andere Tierhaltung, insbesondere Hundehaltung, jedoch nur bei vorheriger Zustimmung des Vermieters gestattet ist (LG Berlin, Beschluss v. 24.1.2020, 66 S 310/19, GE 2020, 333), nicht dagegen eine Klausel, dass der Mieter keine Hunde und Katzen halten darf (AG München, Urteil v. 3.8.2018, 411 C 976/18, a. a. O.).
Bei Bejahung der Frage, ob die Tierhaltung zum allgemeinen Mietgebrauch zu zählen ist, kann der Vermieter die Haltung des Tieres nur aus konkreten sachlichen und gewichtigen Gründen verbieten, z. B. bei Belästigungen von Mitmietern oder Besuchern oder Substanzgefährdung des Hauses. Bei Verneinung der Frage steht es dem Vermieter frei, die Erlaubnis zu erteilen oder nicht, er muss den nicht vertragsgemäßen Zustand nicht dulden. Dabei unterliegt er allerdings dem Grundsatz von Treu und Glauben (auch Willkürverbot), so dass die Versagung treuwidrig sein kann, so etwa bei der Übernahme des alten Hundes der kranken Mutter des Mieters (LG Ulm, Urteil v. 6.12.1989, 1 S 286/89-01, WuM 1990, 343) oder bei gesundheitlichen Gründen – auch zur psychischen Stabilisierung (vgl. AG Münster, Urteil v. 7.10.1991, 48 C 140/91, WuM 1992, 116). Diese Grundsätze gelten dann, wenn im Mietvertrag zur Tierhaltung überhaupt nichts vereinbart ist. Nach dem Grundsatz des vertragsgemäßen Gebrauchs sind jedoch auch die entsprechenden Formularklauseln in Mietverträgen zu beurteilen. Diese sind im Wesentlichen nach drei Arten zu unterscheiden:
- generelles Tierhaltungsverbot,
- Verbot mit Erlaubnisvorbehalt,
- Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt (vgl. dazu Schach, GE 1992, 1291 [1292]).
Rz. 70
Das Halten von Kleintieren, von denen u. U. relevante Störungen oder Schädigungen nicht ausgehen können, wie z. B. Zierfische, Vögel, Hamster, fällt unter den allgemeinen vertragsgemäßen Mietgebrauch, wobei allerdings eine derartig geringe Anzahl gemeint sein kann, dass eine Belastung der Mietsache und Belästigung der Mitmieter ausgeschlossen ist. Ein formularmäßiges Verbot derartiger Tierhaltung ist in Anwendung des § 307 jedenfalls bei der Wohnraummiete unwirksam. Im Rahmen eines Geschäftsraummietverhältnisses ist jedoch nicht erkennbar, weshalb ein formularmäßiges Verbot mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (Geschäftsraummiete?) nicht zu vereinbaren sein soll: Der Geschäftsraummieter hat eben in den Räumen nicht seinen Lebensmittelpunkt; deshalb "leidet" er unter einem entsprechenden Verbot nicht wie der Wohnraummieter. Überhaupt sind Formularklauseln in Wohnraummietverträgen, die das Halten von Haustieren ohne nähere Spezifizierung auf bestimmte Tiere verbieten, unwirksam (vgl. BGH, Urteil v. 20.1.1993, VIII ZR 10/92, DWW 1993, 74). Dementsprechend bedürfen Formularklauseln der Spezifizierung hinsichtlich bestimmter Tiere, um überhaupt wirksam zu sein. Ei...