Rz. 35

Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Geräusch- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle (hier: zur Errichtung eines Neubaus in einer Baulücke) herrühren, bei Fehlen anders lautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gemäß § 536 Abs. 1 Satz1 zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss (BGH, Urteil v. 24.11.2021, VIII ZR 258/19, GE 2022, 93; BGH, Urteil v. 29.4.2020, VIII ZR 31/18, GE 2020,864; BGH, Urteil v.29.4.2015, VIII ZR 197/14,WuM 2015, 478).

Daher dürfte die frühere Rechtsprechung, dass die Miete auch nach Eröffnung einer Sackgasse für den Durchgangsverkehr (AG Berlin-Köpenick, Urteil v. 17.1.2006, 3 C 262/05, WuM 2006, 145), bei Umwidmung einer ruhigen Nebenstraße zu einer Durchgangsstraße (LG Berlin, Urteil v. 12.10.2000, 62 S 234/00, GE 2001, 135), bei erhöhten Lärmbeeinträchtigungen durch Erweiterung einer Bahnlinie (AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 8.12.1999, ZMR 2000, 3089), bei Zugangsbehinderung wegen Bau einer U-Bahn-Trasse (KG, Urteil v. 12.11.2007, 8U 194/06, GE 2008,52); a. A. LG Düsseldorf, Urteil v. 13.03.2012, 9 O 193/11, ZMR 2012, 775) oder durch die zeitweise Sperrung einer Landstraße (OLG Frankfurt, Urteil v. 5.7.2017, 2 U 152/16, ZMR 2017, 882) gemindert ist, überholt sein (kritisch auch Schmid-Futterer/Eisenschmid, § 536 Rz. 144), wenn dem Vermieter kein Ausgleichsanpruch gegen den Verursacher zusteht.

Der seit dem Mauerfall zunehmende Straßenverkehrslärm in der Neuköllner Sonnenallee ist daher zu Recht nicht als ein zur Minderung berechtigender Mietmangel angesehen worden (AG Berlin-Neukölln, Urteil v. 6.6.2007, 19 C 105/07, MM 2007, 299).

Anders kann es bei einem ausdrücklich mietvertraglich vereinbarten Nutzungszweck sein. Die einseitig gebliebene Erwartung des Mieters, das Mietobjekt wäre auch in Zukunft von Baulärm frei sein, reicht dazu nicht aus (BGH, Urteil v. 24.11.2021, VIII ZR 258/19, a.a.O; BGH, Urteil v. 29.4.2020, VIII ZR 31/18, a. a. O.; KG Berlin, Urteil v. 17.9.2020, 8 U 1006/20, GE 2020, 1429). Erforderlich ist vielmehr, dass der Vermieter darauf in irgendeiner Form zustimmend reagiert (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung des Senats; vgl. Senat, BGHZ 205, 177). Allein aus der mietvertraglichen Bestimmung, dass der Mieter sich u. a. über die Geräuschverhältnisse der Umgebung Gewissheit verschafft hat und die Wohnung als für seine Zwecke geeignet und mängelfrei anerkennt, folgt (noch) nicht, dass der Vermieter in Abweichung vom Regelfall die vertragliche Haftung für einen unveränderten Fortbestand der Geräuschverhältnisse der Umgebung, auf die er regelmäßig keinen Einfluss hat, hätte übernehmen wollen.

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