Rz. 45

Grundsätzlich kommt aber bei Nutzungseinschränkungen infolge von Covid-19 ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 in Betracht (BGH, Urteil v. 23.11.2022, XII ZR 96/21, NZM 2023 71 BGH, Urteil v. 13.7.2022, XII ZR 75/21, a. a. O.; BGH, Urteil v. 16.2.2022, XII ZR 17/21, a. a. O.; BGH, Urteil v. 12.1.2022, XII ZR 8/21, a. a. O.; OLG Frankfurt a. M. Urteil v. 18.2.2022, 2 U 138/21, NZM 2022, 630). Bei der Prüfung, ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar und wie dem ggf. zu begegnen ist, verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise (BGH, Urteil v. 2.3.2022, XII ZR 36/21, a. a. O.; BGH, Urteil v. 16.2.2022, XII ZR 17/21, a. a. O.).Maßgeblich sind vielmehr sämtliche Umstände des Einzelfalls (BGH, Urteil v. 23.11.2022, XII ZR 96/21, NZM 2023, 71; OLG Frankfurt a. M., Urteil v. 18.2.2022, 2 U 138/21, NZM 2022, 630). Zu berücksichtigen sind u. a. die finanziellen Vorteile, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt hat (BGH, Urteil v. 2.3.2022, XII ZR 36/21, a. a. O.; BGH, Urteil v 16.2.2022, XII ZR 17/21, a. a. O.; BGH, Urteil v. 12.1.2022, XII ZR 8/21, a. a. O.; KG Berlin, Urteil v. 25.4.2022, 8 U 158/21, NZM 2022, 627).Zudem ist zu berücksichtigen, ob und in welchem Umfang der Mieter in der Zeit der Nutzungsbeschränkung Aufwendungen, etwa infolge geleisteter Kurzarbeit, erspart hat (BGH, Urteil v. 13.7.2022, XII ZR 75/21, a. a. O.; BGH, Urteil v. 16.2.2022, XII ZR 17/21, a. a. O.; BGH, Urteil v. 12.1.2022, XII ZR 8/21, a. a. O.). Einer Herabsetzung der Miete können auch erhebliche finanzielle Verpflichtungen des Vermieters entgegenstehen (OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 17.9.2021, 2 U 18/21, NZM 2021, 851).

 
Hinweis

Hoheitliche Betriebsbeschränkung

Gibt ein Pächter den Geschäftsbetrieb auf, noch bevor die zur Bekämpfung des Coronavirus angeordneten hoheitlichen Betriebsbeschränkungen Auswirkungen auf seine Geschäfte zeigen konnten, ist eine Anpassung der Pacht über § 313 Abs. 1 regelmäßig nicht möglich (OLG Frankfurt/Main, Urteil v 17.9.2021, 2 U 147/20, NZM 2021, 856).

Die Annahme einer "pauschalen Mietreduzierung" um 50 % aufgrund der Pandemie ist wegen der notwendigen Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls unvereinbar (BGH, Urteil v. 16.2.2022, XII ZR 17/21, a. a. O.; OLG Hamm, Urteil v. 24.9.2021, 30 U 114/21, NZM 2021, 848). Die Anpassung der Zahlungsverpflichtungen kommt nicht in Betracht, wenn dem Mieter unter Abwägung aller Umstände einschließlich der vertraglichen Risikoverteilung ein unverändertes Festhalten am Vertrag zuzumuten ist (OLG Düsseldorf. Beschluss v. 16.8.2022, I-1 U 30/22, ZMR 2022, 880 – betreffend den Fall, dass Vertragsgegenstand nicht nur die Überlassung einer Immobilie, sondern auch die Überlassung eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ist). Das gilt auch dann, wenn die Mietvertragsparteien, während der Covid-19-Pandemie Vereinbarungen zur Miethöhe treffen und anschließend nachteilige Umstände (z. B. Geschäftsschließungen, Kontaktbeschränkungen, allgemeine Kaufzurückhaltung etc.) eintreten, die auf der Covid-19-Pandemie beruhen (OLG Düsseldorf, Hinweisbeschluss vom 20.9.2022, 24 U 117/21, GE 2022, 1261).

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