Rz. 53
Weitere zwingende Voraussetzung für die fristlose Kündigung ist, dass der Vermieter das vertragswidrige Verhalten des Mieters abgemahnt und dieser den vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache fortgesetzt hat. So setzt die Kündigung wegen eines katastrophalen und verwahrlosten Zustands (Messie-Wohnung) eine Abmahnung mit angemessener Frist voraus (AG Hamburg, Urteil v. 3.7.2018, 43b C 62/18, ZMR 2018, 832). Bei unbefugter Untervermietung einer Wohnung vor dem Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist regelmäßig ebenfalls eine Abmahnung durch den Vermieter erforderlich (OLG Düsseldorf, Urteil v. 7.10.2004, I-10 U 70/04, ZMR 2005, 187; LG Amberg, Urteil v. 9.8.2017, 24 S 299/17, NZM 2018, 34; LG Berlin, Beschluss v. 27.7.2016, 67 S 154/16, GE 2016, 1091).
Eine ohne die erforderliche Zustimmung vorgenommene Untervermietung rechtfertigt nicht ohne Weiteres eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung (OLG Düsseldorf, Urteil v. 7.10.2004, I-10 U 70/04, ZMR 2005, 187).
Die Abmahnung (vgl. im Übrigen Rn. 27) muss der Kündigung vorausgehen (AG Berlin-Tiergarten, Urteil v. 23.1.1987, 17 C 434/86, GE 1987, 285) und den vertragswidrigen Gebrauch genau bezeichnen (LG Gießen, Beschluss v. 29.9.1980, 7 T 270/80, WuM 1981, 232; AG München, Urteil v. 7.2.2013,411 C 25348/ 12, ZMR 2013,450). Eine in ihrem Kündigungsvorwurf einschlägige Vermieterkündigung erfüllt auch im Falle ihrer materiellen Unwirksamkeit die Funktion einer konkludenten Abmahnung (LG Berlin, Urteil v. 9.4.2015, 67 S 28/15, GE 2015, 789). Eine Abmahnung nach § 543 Abs. 3 liegt nicht vor, wenn die schriftliche Aufforderung mit einer Bitte um Stellungnahme endet (OLG Frankfurt/Main, Beschluss v. 8.9.2010, 15 U 53/10, ZMR 2011, 121).
Ferner ist dem Mieter eine Frist einzuräumen, innerhalb derer er den vertragswidrigen Gebrauch abstellen kann. Die Frist braucht nicht kalendermäßig gesetzt zu werden; die Forderung nach unverzüglicher Abhilfe reicht aus (Schmidt-Futterer/Streyl, § 543 Rn. 221). Die Frist muss grundsätzlich so bemessen werden, dass dem Empfänger der Abmahnung Abhilfe möglich ist. Wird daher wegen unerlaubter Untervermietung gekündigt, so muss die Abhilfefrist grundsätzlich der für das Untermietverhältnis geltenden Kündigungsfrist entsprechen (LG Mannheim, Urteil v. 12.8.1981, 4 S 111/80, WuM 1985, 262). Dies gilt auch bei Gefährdung des Mietobjekts und bei unerlaubter Gebrauchsüberlassung; allerdings kann die Frist bei konkreter Gefahr für die Bausubstanz erheblich verkürzt werden.
Die fortdauernde Untätigkeit des Mieters stellt insbesondere nach erfolgter Abmahnung eine schwere Pflichtverletzung dar (LG Berlin, Urteil v. 9.4.2015, 67 S 28/15, GE 2015, 789).
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Die Abmahnung braucht keine Kündigungsandrohung zu enthalten (BGH, Urteil v. 13.6. 2007, VIII ZR 281/06, GE 2007, 1179). Vorsichtshalber sollte mit der Abmahnung immer die Kündigung angedroht werden (eingehend dazu Schläger, ZMR 1991, 42).
Bloße Rüge nicht ausreichend
Aus der Abmahnung muss sich zumindest ergeben, dass dem Mieter für den Fall eines weiteren Vertragsverstoßes Konsequenzen drohen; die bloße Rüge vertragswidrigen Verhaltens reicht nicht (AG Gelsenkirchen, Urteil v. 2.9.2016, 205 C 5/16, und Beschluss v. 27.10.2016, 205 C 5/16, WuM 2017, 648).
Eine Abmahnung ist nur dann entbehrlich, wenn der Vertragspartner bereits erklärt hat, sein vertragswidriges Verhalten nicht einstellen zu wollen, oder wenn er bereits vollendete Tatsachen geschaffen hat (BGH, Urteil v. 19.2.1975, VIII ZR 195/73, MDR 1975, 572). Davon kann nicht ohne Weiteres bei Kündigungsschutz des Untermieters ausgegangen werden. Ist die Gebrauchsüberlassung an den Dritten aber zweifelsfrei nicht berechtigt und ergeben weitere Umstände, dass der Vertragsverstoß besonders schwerwiegend ist, so kann auch ohne (wirksame) Abmahnung gekündigt werden (LG Berlin, Beschluss v. 18.11.2014, 67 S 360/14, GE 2015, 57).
Unerheblich ist, ob der Mieter rechtlich in der Lage ist, das Untermietverhältnis zu beenden. Insoweit kann die Rechtsprechung zur Entbehrlichkeit der Fristsetzung in den Fällen des § 280 Abs. 1, 3 i. V. m. §§ 281, 323 herangezogen werden.
Die Abmahnung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung, die allen Vertragspartnern zugehen muss, also bei mehreren Mietern allen Mietern (AG Hamburg, Urteil v. 12.8.1988, 43a C 950/88, WuM 1990, 74).
Bestreitet der Mieter den Zugang oder die positive Kenntnisnahme der Abmahnung, ist im Fall des fortgesetzten pflichtwidrigen Verhaltens des Mieters kündigungsrechtlich lediglich von dessen fahrlässigem Zuwiderhandeln gegen die vom Vermieter ausgesprochene Abmahnung auszugehen, es sei denn, der Vermieter beweist nicht nur den Zugang der Abmahnung, sondern auch deren positive Kenntnisnahme durch den Mieter (LG Berlin, Beschluss v. 28.9.2021, 67 S 139/21, GE 2021, 1434).
Eine Form ist zwar für die Abmahnung nicht vorgeschrieben; dennoch sollte bereits zu Beweiszwecken die Abmahnung immer schriftlich erfolgen, wozu die eigenhändige Unterschrift des abmahne...