1 Allgemeines – Anwendungsbereich
Rz. 1
§ 573 ist eine der wichtigsten Kündigungsschutzvorschriften des sozialen Mietrechts zugunsten des Wohnraummieters. Ein Wohnraummietverhältnis kommt regelmäßig auch dann zustande, wenn eine Miteigentümergemeinschaft gemeinschaftliche Räume einem ihrer Mitglieder vertraglich gegen Entgelt zur alleinigen Nutzung überlässt (BGH, Urteil v. 25.4.2018, VIII ZR 176/17, WuM 2018, 352), ebenso wenn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Räume zur eigenen Wohnnutzung (durch ihre Gesellschafter) anmietet (KG, Urteil v. 20.6.2019, 8 U 132/18, WuM 2019, 579); auch auf ein derartiges Mietverhältnis sind die zum Schutz des Mieters vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden.
Da der vereinbarte Vertragszweck entscheidend ist (BGH, Urteil v. 13.1.2021, VIII ZR 66/19, WuM 2021, 242), unterliegen auch Geschäftsräume, die zu Wohnzwecken vermietet werden, der Kündigungsschutzvorschrift des § 573. Entscheidend ist der Zweck, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolgt (KG Berlin, Beschluss v. 17.6.2010, 12 U 51/09, ZMR 2010, 956). Geht der Zweck des Vertrags dahin, dass der Mieter die Räume weitervermietet oder sonst Dritten – auch zu Wohnzwecken – überlässt, sind die Vorschriften des Wohnraummietrechts auf das (Haupt-)Mietverhältnis nicht anwendbar (BGH, Urteil v. 13.1.2021, VIII ZR 66/19, a. a. O.). Für die Anwendbarkeit von Wohnraummietrecht reicht es jedoch nicht aus, dass der Formularmietvertrag mit "Mietvertrag für Wohnräume" überschrieben ist und Kündigungsfristen vereinbart sind, die dem § 573c nachgebildet sind. Die Anwendung von Wohnraummietrecht ist aber dann vereinbart, wenn der Mietvertrag auch vorsieht, dass die Kündigung schriftlich unter Angabe von Kündigungsgründen und unter Hinweis auf das Widerspruchsrecht erfolgen muss (KG Berlin, Urteil v. 27.8.2015, 8 U 192/14, ZMR 2016, 860).
Mischmietverhältnis
Auch für Mischmietverhältnisse gilt der Kündigungsschutz, wenn der Schwerpunkt des Mietverhältnisses auf der Nutzung zu Wohnzwecken liegt (BGH, Urteil v. 16.4.1986, VIII ZR 60/85, WuM 1986, 274); dabei kommt es darauf an, welche Nutzungsart nach den getroffenen Vereinbarungen überwiegt (BGH, Urteil v. 9.7.2014, VIII ZR 376/13, WuM 2014, 539; KG Berlin, Beschluss v. 17.6.2010, 12 U 51/09, ZMR 2010, 956); ob der Mieter von einer vertraglich vorgesehenen gewerblichen Nutzung tatsächlich Gebrauch macht, ist für die Qualifizierung des Vertrags hingegen ohne Bedeutung (OLG Karlsruhe, Urteil v. 26.7.2012, 9 U 18/12, ZMR 2013, 339).
Der Kündigungsschutz besteht darin, dass der Mieter bei der ordentlichen Kündigung lediglich die allgemeinen (ordentlichen) Kündigungsfristen (§ 573c) einhalten muss, während der Vermieter bei Wohnraummietverhältnissen daneben ein berechtigtes Interesse i. S. d. § 573 an der Kündigung haben muss. Die Vorschrift gilt unmittelbar für die ordentliche Vermieterkündigung bei Mietverhältnissen auf unbestimmte Zeit, sie findet aber auch auf die außerordentliche Kündigung mit gesetzlicher Frist des Vermieters bei Mietverhältnissen auf unbestimmte und bestimmte Zeit Anwendung, was sich durch entsprechende Verweise in den §§ 573d Abs. 1, 575a Abs. 1 auf § 573 ergibt.
Untermiete
Der Kündigungsschutz erstreckt sich auch auf Untermietverhältnisse, aber grds. nur im Verhältnis zwischen Hauptmieter und Untermieter (OLG Hamburg, RE v. 16.4.1993, 4 U 243/92, WuM 1993, 249). Auch der Hauptmieter genießt den Kündigungsschutz des § 573, wenn der Zweck seines Vertrags mit dem Vermieter darin besteht, ihm die eigene Nutzung der Wohnung zu ermöglichen (OLG Hamburg, Urteil v. 8.4.1998, 4 U 50/97, ZMR 1999, 106), sonst nicht.
Rz. 2
Für die Kündigung einer Eigentumswohnung ist § 577a als gesonderte Vorschrift zu beachten. Danach ist die Kündigung des Vermieters zeitlich ausgeschlossen, wenn an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum anschließend veräußert wurde.
Die Länge der Kündigungssperre liegt zwischen 3 und 10 Jahren und wird von der Landesregierung durch jeweilige Rechtsverordnung festgelegt.
Rz. 3
Die Kündigung eines Mietverhältnisses über eine Wohnung, die in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude liegt (erleichterte Kündigung) und die Kündigung von nicht zum Wohnen bestimmten Nebenräumen (Teilkündigung) sind in den §§ 573a, 573b gesondert geregelt.
Rz. 4
Auf Gewerbemietverhältnisse findet die Norm keine Anwendung, vgl. § 578 Abs. 1 und 2.
2 Gesetzessystematik
Rz. 5
Die Norm benennt insgesamt 4 Kündigungstatbestände, die gleichrangig nebeneinander stehen.
Rz. 6
§ 573 Abs. 1 Satz 1 beinhaltet die Generalregelung, wonach die Kündigung nur dann möglich ist, wenn ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses besteht. Der Begriff des "berechtigten Interesses" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Die Beurteilung der Frage, ob ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses vorliegt, entzieht sich nach der Rechtsprechung des BGH einer verallgemeinerungsfähigen Betr...