Wird über das Vermögen des Mieters das Insolvenzverfahren eröffnet, verleiht allein dieser Umstand dem Vermieter kein Kündigungsrecht. Mietverhältnisse bestehen gemäß § 108 Abs. 1 InsO mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Der Mietvertrag ist also zunächst einmal insolvenzfest.

 

Ggf. Anfechtung oder Rücktritt vom Vertrag möglich

Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters nach Mietvertragsabschluss, jedoch vor der Überlassung der Mieträume eröffnet, können sowohl Vermieter als auch Mieter von Gesetzes wegen gemäß § 109 Abs. 2 InsO vom Vertrag zurücktreten.

Der Rücktritt muss gemäß § 109 Abs. 2 Satz 3 InsO innerhalb von 2 Wochen auf Verlangen des anderen erklärt werden, sonst geht das Rücktrittsrecht unter.

Im Internet kann relativ leicht überprüft werden, ob ein Insolvenzverfahren gegen den Mieter eröffnet wurde: www.insolvenzbekanntmachungen.de.

Hat der Mieter den Vermieter im Vorfeld des Mietvertragsabschlusses nicht von dem Umstand in Kenntnis gesetzt, dass über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet ist, berechtigt dies den Vermieter zur Anfechtung des Mietvertrags.[1]

3.19.1 Grundsätze

Nach der Bestimmung des § 112 InsO kann der Vermieter das Mietverhältnis nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Vermieters nicht kündigen wegen

  • eines Verzugs mit der Miete, die vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist, oder
  • einer Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Mieters.

Sind kündigungsrelevante Miet- oder Pachtrückstände vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgelaufen, hat der Vermieter zunächst einmal Pech gehabt. Wenn er die Möglichkeit der Kündigung nicht ergriffen hat, kann er wegen dieser Rückstände nach dem Eröffnungsantrag nicht mehr kündigen.

 
Praxis-Beispiel

Kündigungsrelevanter Mietrückstand

Der Mieter hat weder die Miete für den Monat Juli noch die für den Monat August gezahlt. Ende August beantragt ein Gläubiger des Mieters die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Zwar hätte der Vermieter wegen des Zahlungsrückstands das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen können. Diese Möglichkeit hat er nun nicht mehr.

Die allgemeine Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Mieters kann niemals ein Kündigungsgrund sein. Solange der Mieter in der Lage ist, seine Hauptpflicht aus dem Mietvertrag zu erfüllen, nämlich die Miete zu zahlen, kann ihm lediglich im Hinblick auf eine abstrakte Gefährdung dieser Pflichterfüllung nicht gekündigt werden. Ggf. erfüllt ja ein Dritter seine Mietzahlungspflicht.

 

Rückstände nach Eröffnungsantrag und sonstige Vertragsverstöße berechtigen zur Kündigung

Die Kündigungssperre des § 112 Nr. 1 InsO schränkt das Kündigungsrecht des Vermieters nur hinsichtlich eines Verzugs vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein.

Hinsichtlich des Verzugs, der nach diesem Zeitpunkt eingetreten ist, steht die Kündigungssperre einer Kündigung nicht entgegen. Dasselbe gilt für einen sonstigen, zur fristlosen Kündigung berechtigenden Grund, gleichgültig, ob dieser vor oder nach dem Eröffnungsantrag eingetreten ist. Der Mieter bzw. der Insolvenzverwalter müssen sich also vertragsgerecht verhalten, wollen sie eine Kündigung durch den Vermieter vermeiden.[1]

3.19.2 Kündigung vor Eröffnungsantrag

Hatte der Vermieter bereits vor dem Eröffnungsantrag gekündigt, bleibt die außerordentliche fristlose Kündigung wirksam. Zu beachten ist jedoch, dass die Kündigung unwirksam wird, wenn der Vermieter gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB spätestens bis zum Ablauf von 2 Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs

  • hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Nutzungsentschädigung befriedigt wird oder
  • sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.

Freilich gilt dies aber nicht, wenn der Vermieter das Mietverhältnis wegen des Zahlungsrückstands ordentlich kündigt.[1]

3.19.3 Kündigung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Gerät der Mieter nach dem Eröffnungsantrag in einen kündigungsrelevanten Rückstand, kann der Vermieter das Mietverhältnis ebenfalls außerordentlich fristlos kündigen.[1] Auch hier ist wieder zu beachten, dass als Kündigungsgrund nicht Mietrückstände vor Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bemüht werden können.

 
Praxis-Beispiel

Kündigung nicht möglich

Nach dem Mietvertrag ist der Mieter zur monatlichen Mietzahlung von 1.000 EUR verpflichtet. Im Monat Januar und Februar zahlt er lediglich 500 EUR. Ende Februar wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mieters beantragt. Im März und April zahlt er wiederum nur 500 EUR.

Eine Vermieterkündigung wäre (noch) nicht möglich, da sich der kündigungsrelevante Rückstand nur unter Hinzuaddierung der März- und Aprilmiete ergibt. Deren Fälligkeit lag aber vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Würde der Mieter auch im Mai seiner Zahlungsverpflichtung nicht vollständig nachkommen, könnte der Vermieter kündigen. Hier ist allerdings wieder z...

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