1 Leitsatz

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer muss die Verwaltung vor einer Kündigung des Verwaltervertrages grundsätzlich abmahnen.

2 Normenkette

§ 26 WEG

3 Das Problem

K wird im Juni 2017 vom 1.1.2019 bis zum 31.12.2022 zur Verwalterin bestellt und schließt für diesen Zeitraum einen Verwaltervertrag. Am 2.12.2019 ermächtigen die Wohnungseigentümer den Verwaltungsbeirat zur vorzeitigen Kündigung dieses Verwaltervertrages zum 31.12.2019. Mit Schreiben vom 6.1.2020 bietet K an, ihre Leistungen weiterhin zu erbringen. Der Verwaltungsbeirat lehnt dieses Angebot namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ab, da eine außerordentliche Kündigung bereits ausgesprochen und auch rechtswirksam sei.

K klagt vor diesem Hintergrund gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer B ihre noch aus dem Verwaltervertrag zustehende zukünftige Verwaltervergütung für den Zeitraum bis zum Ablauf der Grundlaufzeit des Vertrages ein. K meint, es habe kein Grund bestanden, den Verwaltervertrag vorzeitig zu kündigen – ohnehin sei keine fristlose Kündigung ausgesprochen worden, sondern eine solche zum 31.12.2019. Es habe keine erheblichen Pflichtverletzungen gegeben. Dass beispielsweise die Versammlung im Jahr 2019 verspätet stattgefunden habe, sei zwar richtig, aber auf personelle Engpässe zurückzuführen. Es habe sich außerdem um eine einmalige Verspätung gehandelt. Sie habe die Jahresabrechnung auch nur 1-mal verspätet vorgelegt. Alle Beschlüsse seien von ihr vorbereitet und – soweit möglich – auch ausgeführt worden. Hinsichtlich einer "Fenstersanierung" könne ihr allenfalls vorgeworfen werden, nicht alle Tagesordnungspunkte aufgenommen zu haben. Einer sich auf diese Mängel stützenden Kündigung hätte auf jeden Fall eine Abmahnung vorangehen müssen.

4 Die Entscheidung

Das LG meint, der Verwaltervertrag sei nicht zum 31.12.2019 beendet worden! Es habe kein Grund dafür bestanden, den Verwaltervertrag fristlos zu kündigen. Zwar gebe es Pflichtverletzungen. Es handele sich aber um solche Pflichtverletzungen, die B hätte abmahnen müssen. K stehe gegen B daher ein Vergütungsanspruch aus §§ 615, 611 Abs. 1 BGB i. H. v. 10.598,40 EUR zu. K müsse sich dabei pauschal 20 % ersparte Aufwendungen anrechnen lassen, § 615 Satz 2 BGB. Außerdem bestehe nach § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG nur ein Anspruch bis zum Juni 2021 zu. Es handele sich insoweit nicht um eine unzulässige Rückwirkung.

5 Hinweis

Problemüberblick

In Bezug auf den Verwalter ist zwischen seiner Be- und seiner Anstellung zu unterscheiden. Durch eine Bestellung wird der Verwalter ein Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Um dieses Amt auszugestalten, jedenfalls um die Vergütung zu bestimmen, können die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und der Verwalter einen Vertrag schließen. Die Bestellung können die Wohnungseigentümer jederzeit beenden. Es bedarf für eine Abberufung keines wichtigen Grunds. Für den Verwaltervertrag gilt dies nicht. Er kann zwar gekündigt werden und endet auch ohne Kündigung von Gesetzes wegen nach § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG spätestens 6 Monate nach der Abberufung. In der Regel bedarf es aber eines wichtiges Grunds für eine außerordentliche Kündigung. In der Entscheidung wird die Frage behandelt, ob man den Verwalter vor so einer Kündigung abmahnen muss.

Abmahnung allgemein

Einer außerordentlichen Kündigung muss grundsätzlich eine Abmahnung vorangehen. Dies gilt aber nur, wenn die mit ihr bezweckte zweite Chance auch realisierbar ist. Bei Pflichtverletzungen, bei denen eine Abmahnung aussichtslos ist, kann diese entbehrlich sein. So liegt es u. a. bei besonders schwerwiegenden Verstößen, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist. Vorsatz ist nicht erforderlich.

In einer Wohnungseigentumsanlage

In einer Wohnungseigentumsanlage ist mithin zu fragen, ob eine Abmahnung geeignet ist, den Verwalter zum Pfad der Tugend zurückzuführen. Das LG scheint zu meinen, eine Abmahnung sei geeignet, da es nicht von schwerwiegenden Verstößen ausgeht. Wie aber könnte die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Verwalter abmahnen? Es wäre eine Erklärung, die nach § 9b Abs. 2 WEG durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder durch einen durch Beschluss dazu ermächtigten Wohnungseigentümer namens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer abzugeben wäre. Hierzu wird der Vorsitzende oder der Wohnungseigentümer im Innenverhältnis nur berechtigt sein, wenn die Wohnungseigentümer die Abmahnung nach § 19 Abs. 1 WEG beschlossen haben. Aus diesem Grund halten manche eine Abmahnung für entbehrlich. Sie meinen außerdem, dass die Verwaltung ihre Mängel kenne und daran nicht erinnert werden müsse.

Kündigungsfrist

Nach § 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine Kündigungserklärung nur innerhalb von 2 Wochen abgegeben werden. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte, das ist in einer Wohnungseigentumsanlage die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Insoweit muss man fragen, auf wessen Kenntnis es insoweit ankommt. Und ferner muss man fragen, ob der Vorsitzende de...

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