1 Leitsatz

Eine schriftlich auszusprechende Kündigung eines Wohnraummietvertrags geht nicht schon am 3. Werktag zu, wenn der Kündigende sie erst um 22.30 Uhr in den Briefkasten des Empfängers wirft. Dies gilt auch dann, wenn der Empfänger mündlich über den Einwurf und den Inhalt informiert wird.

2 Normenkette

§§ 130 Abs. 1 Satz 1, 573c Abs. 1 Satz 1, 556 Abs. 1 BGB

3 Das Problem

Die Kündigung stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar und wird daher erst in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie dem Kündigungsempfänger zugeht (§ 130 Abs. 1 BGB). Zugegangen ist die Kündigung, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (so bereits BGH, Urteil v. 13.2.1980, VIII ZR 5/79). Dabei muss die Kenntnisnahme möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten sein. Daher geht z. B. die nachts – wenn auch noch vor 24 Uhr – in den Briefkasten geworfene Kündigung erst am nächsten Morgen zu, da erst in diesem Zeitpunkt mit einer Leerung des Briefkastens durch den Empfänger zu rechnen ist (so bereits BArbG, Urteil v. 12.8.1983, 2 AZR 337/82).

4 Die Entscheidung

In dem vom LG Krefeld entschiedenen Fall hatte die Mieterin am 4.2.2020 (3. Werktag dieses Februars) gegen 22.30 Uhr eine Kündigung in den Briefkasten des Vermieters eingeworfenen und behauptet, diesen über die Gegensprechanlage davon informiert zu haben. Das Gericht verwies darauf, dass eine schriftliche Kündigung nach § 130 BGB so in den Machtbereich des Empfängers gelangen müsse, dass dieser in der Lage ist, vom Inhalt Kenntnis zu nehmen. Bei einem Briefkasten ist die Zeit der Leerung durch den Empfänger nach den gewöhnlichen Verhältnissen maßgeblich. Dies ist bei einem Einwurf erst um 22.30 Uhr nicht der Fall. Daran ändert auch die behauptete mündliche Information über den Einwurf nichts. Dem Empfänger muss zugestanden werden, sich zur Nachtzeit der Kenntnisnahme einer rechtserheblichen geschäftlichen Erklärung zu entziehen. Die Mieterin musste daher die Miete für einen weiteren Monat bezahlen.

5 Entscheidung

LG Krefeld, Urteil v. 21.9.2022, 2 S 27/21

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