Entscheidungsstichwort (Thema)
Beseitigung einer Telekommunikationslinie
Normenkette
BGB §§ 862, 1004; TKG § 76
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages erbringt.
Tatbestand
Die Beklagte verlegte ein Datenkabel rund 200 m des landwirtschaftlichen Grundstücks Gemarkung G, Flur …, Flurstück …, dessen Eigentümer der Kläger heute ist. Auf diesem Grundstück gab es keine durch Recht gesicherte Leitung oder sonstige Anlage der Beklagten.
Der Kläger beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, das von ihr durch das Grundstück Gemarkung G, Flur …, Flurstück … des Klägers verlegte Datenkommunikationskabel zu entfernen;
- hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, ihm Schadensersatz in Höhe eines vom Gericht festzusetzenden Betrages, mindestens jedoch 10.000 EUR, zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 862 I BGB oder § 1004 II BGB auf Beseitigung des Datenkommunikationskabels zu.
Der besitzrechtliche Beseitigungsanspruch aus § 862 I BGB scheitert daran, dass die Beklagte keine verbotene Eigenmacht i.S.d. § 858 I BGB begangen hat, weil der Eingriff in den Besitz gemäß § 76 I Nr. 2 TKG erlaubt und damit nicht „widerrechtlich” war. Der Beseitigungsanspruch aus § 1004 I BGB ist gemäß § 1004 II BGB ausgeschlossen, weil der Kläger als Eigentümer gemäß § 76 I Nr. 2 TKG zur Duldung verpflichtet ist.
Der Eigentümer eines Grundstücks, das kein Verkehrsweg i.S.d. § 68 TKG ist, kann gemäß § 76 I Nr. 2 TKG die Errichtung, den Betrieb und die Erneuerung von Telekommunikationslinien auf seinem Grundstück insoweit nicht verbieten, als das Grundstück einschließlich der Gebäude durch die Benutzung nicht unzumutbar beeinträchtigt wird. Die Regelung des § 76 I Nr. 2 TKG ist als Inhaltsbestimmung des Grundeigentums i.S.v. Art. 14 I 1 GG verfassungsgemäß (BVerfG, Beschluss vom 25. 8. 1999 – 1 BvR 1499/97, MMR 2000, 87).
a) Unstreitig handelt es sich bei dem landwirtschaftlichen Grundstück des Klägers um ein Grundstück, das kein Verkehrsweg i.S.d. § 68 TKG ist.
b) Bei dem verlegten Kabel handelt es sich auch um eine Telekommunikationslinie i.S.d. § 76 I TKG i.V.m. § 3 Nr. 27 TKG.
c) Eine unzumutbare Beeinträchtigung des Klägers ist nicht feststellbar.
(1) Offen bleiben kann, ob es im Rahmen der Verlegungsarbeiten zu einer Störung gekommen ist, welche die Grenze zur Unzumutbarkeit überschritten haben könnte. Um den Beseitigungsanspruch aus § 862 I BGB zu rechtfertigen, muss die Besitzstörung als störender Dauerzustand im Zeitpunkt der Klagerhebung noch gegeben sein (Gutzeit in: Staudinger, BGB – Neubearbeitung 2012, § 862 BGB Rn. 7). Auch der Beseitigungsanspruch aus § 1004 I BGB setzt eine gegenwärtige Störung voraus (Gursky in: Staudinger, BGB – Neubearbeitung 2012, § 1004 BGB Rn. 135). Nach dem Vortrag des Klägers sollen die Verlegungsarbeiten aber im März 2012 abgeschlossen gewesen sein. Nicht die Verlegungsarbeiten, sondern allenfalls das Vorhandensein des Kabels im verlegten Zustand, kommt als gegenwärtige Störung in Betracht.
(2) Der Kläger hat aber nicht substanziiert dargelegt, dass das Kabel im verlegten Zustand gegenwärtig die Nutzung des Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt. Eine landwirtschaftliche Nutzung wird im Allgemeinen durch ein Kabel, das in einer Tiefe von rund einem Meter verlegt ist, in keiner Weise berührt. Dass das Kabel in einer geringeren Tiefe liegt und in welche genau, hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt. Es ist auch weder dargetan noch ersichtlich, dass der Kläger das Grundstück in einer Weise landwirtschaftlich nutzt, die einen Meter oder tiefer in den Boden eingreift.
(3) Ob der Kläger künftig in der Nutzung des Grundstücks unzumutbar beeinträchtigt wird, wenn das Grundstück zur Gewerbefläche bzw. Bauland wird, ist unerheblich. Die Unzumutbarkeit kann nur auf eine gegenwärtige Beeinträchtigung gestützt werden und nicht auf eine künftige, bei der ungewiss ist, ob sie überhaupt je eintreten wird. Auf eine theoretische, abstrakte Nutzbarkeit des Grundstücks kommt es nicht (Stelkens in: TKG-Wegerecht, 2010, § 76 TKG Rn. 163).
d) Unerheblich ist, ob das Datenkabel anstelle über Grundstücks des Klägers auch über öffentliche Verkehrswegegrundstücke hätte geführt werden können. Eine Verpflichtung von Telekommunikationsunternehmen, soweit möglich vorrangig öffentliche Verkehrswege für die Verlegung ihrer Telekommunikationslinien zu nutzen, besteht nicht (Schütz in: Beck'scher TKG-Kommentar, 3. Auflage 2006, § 76 TKG Rn. 6).
e) Bei Vorliegen der Tatbestandsvorausetzungen des § 76 I Nr. 2 TKG besteht kraft Gesetzes...