Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsvollstreckung zur Erwirkung einer vertretbaren Handlung: Verpflichtung zur Erteilung einer Betriebskostenabrechnung
Leitsatz (amtlich)
Die Zwangsvollstreckung aus einem Urteil auf Erteilung einer Betriebskostenabrechnung richtet sich nach § 887 ZPO, da eine vertretbare Handlung verlangt wird (entgegen KG Berlin, 25. Februar 2002, 8 W 420/01, Grundeigentum 2002, 664).
Nachgehend
Tenor
In dem Rechtsstreit ... wird die sofortige Beschwerde des Gläubigers vom 6. Juli 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten vom 30. Mai 2005 bei einem Beschwerdewert von 1.333,93 € auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof wird zugelassen.
Gründe
Der Gläubiger, Mieter einer 4-Zimmer-Wohnung in der ..., hat gegen die Schuldnerin, seine Vermieterin, das im schriftlichen Vorverfahren ergangene vorläufig vollstreckbare Versäumnisurteil vom 7. Juli 2004 erstritten, durch das diese verurteilt wurde, ihm für die gemietete Wohnung ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnungen für die Abrechnungsperioden 1999 bis 2002 zu erteilen. Die letzte Betriebskostenabrechnung war für 1998 erstellt worden. Dem Gläubiger ist eine vollstreckbare Ausfertigung des am 14. August 2004 der Schuldnerin zugestellten Urteils erteilt worden. Mit Schriftsatz vom 10. März 2005 (Bl.23 d.A.) hat der Gläubiger beantragt, gegen die Schuldnerin Zwangsgeld, ersatzweise Zwangshaft, festzusetzen und dabei darauf verwiesen, dass die Schuldnerin bis zu diesem Zeitpunkt keine vollständigen Betriebskostenabrechnungen erteilt habe. Die Schuldnerin hat sich hierzu nicht geäußert. Das Amtsgericht hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen und zur Begründung auusgeführt, es handele sich um eine vertretbare Handlung, jedenfalls dann, wenn schon früher einmal abgerechnet worden sei. Die Abrechnung könne auch von einem Dritten vorgenommen werden. Gegen den den Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers am 29. Juni 2005 zugestellten Beschluss vom 30. Mai 2005 wendet sich dieser mit seiner am 6 Juli 2005 beim Amtsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er macht geltend, es sei nicht möglich gewesen, mit der Schuldnerin Kontakt aufzunehmen. Es sei ihm nicht möglich, aufgrund einer eigenen Ermittlung die Betriebskosten zu beziffern. Außerdem seien für die zu Grunde liegenden Abrechnungsperioden Heiz- und Warmwasserkostenabrechnungen erstellt worden, in welchen auch die Kaltwasserkosten enthalten gewesen seien. Diese Forderungen habe er ausgeglichen. Das Kammergericht habe die Ansicht vertreten, der Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Betriebskostenabrechnung sei nach § 888 ZPO zu vollstrecken. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Akte dem Landgericht vorgelegt. Die zuständige Einzelrichterin hat die Entscheidung der Kammer durch Beschluss vom 28. Juli 2005 übertragen.
Die gemäß §§ 793, 567 Abs.1 Nr.1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist innerhalb der Beschwerdefrist von 2 Wochen (§ 569 Abs.2 ZPO) formgerecht eingelegt worden und damit zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Zwar hat der Gläubiger nachgewiesen, dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung (§ 750 Abs.1 ZPO) gegeben sind. Dies verhilft der sofortigen Beschwerde jedoch nicht zum Erfolg. Denn der nach § 888 ZPO gestellt Antrag ist nicht gerechtfertigt.
Die Frage, ob das von einem Mieter erwirkte Urteil gegen den Vermieter auf Erteilung von Nebenkostenabrechnungen eine vertretbare Maßnahme nach § 887 ZPO ist oder als unvertretbare Handlung durch Zwangsgeld bzw. Zwangshaft nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist, wird in der Literatur unterschiedlich beantwortet. Während Hartmann (bei Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 63. Auflage, § 887 ZPO, Rn.28, Stichwort: “Vermieter„) meint, die Nebenkostenabrechnung sei meist unvertretbar, weil nur der Vermieter zuverlässig allle erforderlichen Angaben machen könne, vertritt Schilken (Münchener Kommentar, ZPO, 2. Auflage, § 887 ZPO, Rn.7) die Ansicht, es gehe um eine vertretbare Handlung (ebenso Stöber bei Zöller, ZPO, 25. Auflage, § 887, Rn.3, Stickwort “Betriebs/Nebenkostenabrechnung„). Auch in der Rechtsprechung werden verschiedene Standpunkte vertreten. Zum Teil geht man von einer unvertretbaren Handlung aus (so etwa AG Bad Dürkheim, WuM 1987, 234; Landgericht Saarbrücken, WuM 1987, 234; LG Kiel, WuM 1996, 631; KG, GE 2002, 664), zum Teil von einer Verurteilung, die durch Ersatzvornahme nach § 887 ZPO zu vollstrecken ist (LG Wuppertal, ZMR 2001, 200 f. und WuM 2002, 273; LG Rostock, NZM 2003, 40; vgl. auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1999, 1029). Letztere Ansicht trifft zu. Dafür spricht schon, dass Betriebskostenabrechnungen sehr häufig von Hausverwaltungen erstellt werden, also von Dritten, die nicht selbst Vermieter sind. Zwar wird der Mieter oder auch ein Sachverständiger ohne die Abrechnungsunterlagen die Abrechnungen schwerlich erstellen können. Der Vollstreckungstitel lautet aber nicht auf Herausgab...