Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Verwirkung des Betriebskostennachzahlungsanspruchs bei Klageerhebung vier Jahre nach Mietende
Leitsatz (amtlich)
Der Anspruch aus der Betriebskostenabrechnung ist verwirkt, wenn er erst vier Jahre nach Beendigung des Mietverhältnisses durch Klage geltend gemacht wird.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 11. März 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Spandau - 7 C 438/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gemäß §§ 525 S. 1, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
Für das Verfahren ist gemäß § 26 Nr. 5 EGZPO die ZPO in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung anzuwenden, da die mündliche Verhandlung, auf der die angefochtene Entscheidung beruht, nach diesem Datum stattgefunden hat und geschlossen worden ist.
I.
Die statthafte (§ 511 Abs. 1 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung ist zulässig.
II.
Die Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg, da sie unbegründet ist. Der Klägerin steht der Nachzahlungsanspruch aus der Betriebskostenabrechnung 1996 gemäß § 535 Abs. 2 BGB (n.F.) nicht zu, da er verwirkt ist. Von einer Verwirkung des Anspruches ist auszugehen, weil sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment vorliegen.
Das Zeitmoment ist stets dann erfüllt, wenn seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 242 Rn 93). Davon ist hier auszugehen. Nicht abzustellen ist dabei auf den Umstand, dass die Forderung durch die Abrechnung vom 25. Februar 1998 entstanden ist. Denn die Beklagte hat den Zugang der Betriebskostenabrechnung bestritten, ohne dass die Klägerin den Zugang der Abrechung nachweisen konnte. Allein der Umstand, dass die Beklagte im Jahre 2002 Einwendungen erhob, die auf eine Kenntnis der Betriebskostenabrechnung schließen lassen ändert an dieser Bewertung nichts, da die Klägerin bzw. ihre Hausverwaltung der Beklagten eine Ausfertigung der Betriebskostenabrechnung für 1996 überließ, weshalb die Beklagte ihre Kenntnissee auch aus dieser Abrechung haben kann. Aus Sicht der Beklagte, auf die es für die Beurteilung ankommt, erhielt sie erst 2002 Kenntnis von der Betriebskostenabrechnung.
Auch das sog. Umstandsmoment ist erfüllt. Dafür ist in erster Linie entscheidend, ob die Beklagte darauf vertrauen durfte, dass sie aus dem beendeten Mietverhältnis nicht mehr in Anspruch genommen wird und im Hinblick darauf schützenswerte Vermögensdispositionen unternommen hat, so dass die Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheint (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, 61. Aufl., § 242 RN 95 m.w.N.).
Dabei ist bei der Feststellung der Verwirkung auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen. Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall vor allem, dass das Mietverhältnis mit Ablauf des Aprils 1997 endete. Zwar muss der Mieter auch bei einem beendeten Mietverhältnis für einen gewissen Zeitraum mit der Geltendmachung von Forderungen aus dem Mietverhältnis rechnen. Jedoch darf er mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Beendigung immer stärker darauf vertrauen, dass keine Forderungen mehr bestehen oder diese nicht mehr geltend gemacht werden. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die Klägerin mit der Betriebskostenabrechnung vom 25. Februar 1998 eine Nachforderung geltend machte. Diese Abrechung hat die Beklagte aber nicht erreicht. Die Klägerin ließ sich jedoch rund 4 Jahre Zeit, bevor sie Klage erhob. In diesem Verhalten liegt das erforderliche Umstandsmoment. Denn die Beklagte konnte mit zunehmendem Zeitablauf immer stärker darauf vertrauen, dass eine Forderung aus dem Mietverhältnis nicht mehr geltend gemacht wird.
Da die Klägerin sich erst rd. 4 Jahre nach der Abrechung und über 5 Jahre nach Beendigung des Mietverhältnisses an die Beklagte wandte, um die streitige Forderung erneut geltend zu machen, war ihr Anspruch zu diesem Zeitpunkt verwirkt. Denn mittlerweile durfte sich die Beklagte darauf einrichten, dass sie aus dem beendeten Mietverhältnis nicht mehr in Anspruch genommen werde. Die trotzdem erfolgte Inanspruchnahme ist im konkreten Fall aufgrund der dargelegten Umstände verwirkt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Denn die sich stellenden Fragen sind bereits hinreichend geklärt, ohne dass gr...