Verfahrensgang
AG Berlin-Köpenick (Urteil vom 08.03.2001; Aktenzeichen 17 C 525/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 8. März 2001 verkündete Urteil des Amtsgerichts Köpenick – 17 C 525/00 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I.
Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 a Abs. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO) Berufung ist zulässig.
II.
Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Der Klägerin steht der erstinstanzlich zuerkannte Nachzahlungsanspruch aus der Betriebskostenabrechnung 1995 vom 14. Dezember 2000 in Höhe von 5.064,21 DM gegen den Beklagten gemäß § 535 S. 2 BGB (a. F.) nicht zu.
Dabei ist dem Amtsgericht jedoch insoweit zu folgen, als die von der Klägerin in der Betriebskostenabrechnung nachgeforderten Grundsteuern für die Jahre 1991 bis 1995 grundsätzlich umlagefähig sind. Das Amtsgericht hat insoweit zutreffend auf die Urteile der Kammer vom 2. Juli 1999 (Grundeigentum 1999, 1129, 1131) und (vom 28. November 2000 64 S 306/00, nicht veröffentlicht) Bezug genommen.
Im hiesigen Fall kommt es jedoch auf diese Fragen im Ergebnis nicht an. Denn eine Nachforderung kann die Klägerin nicht mit Erfolg geltend machen, weil die streitgegenständliche Forderung dem Einwand der Verwirkung ausgesetzt ist, den der Beklagte mit Erfolg geltend macht. Von einer Verwirkung des Anspruches ist deshalb auszugehen, weil sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment vorliegen.
Das Zeitmoment ist stets dann erfüllt, wenn seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, längere Zeit verstrichen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., § 242 Rn 93). Davon ist hier auszugehen. Nicht abzustellen ist dabei auf den Umstand, dass die Forderung erst durch die Abrechnung vom 14. Dezember 2000 entstanden ist und deshalb kaum Zeit vergangen ist. Dies ist vielmehr dem Umstand geschuldet, dass der Nachforderungsbetrag erst durch eine formal wirksame Betriebskostenabrechnung entsteht und fällig wird. Entscheidend ist vielmehr, ab wann die Klägerin über die Betriebskosten hätte abrechnen können, da sie ab dann die Möglichkeit gehabt hat, ihr Recht geltend zu machen. Dies war jedenfalls seit dem 23. Oktober 1996 – dem Zeitpunkt der ersten Betriebskostenabrechnung – der Fall. Ausgehend von diesem Datum ist das Zeitmoment erfüllt, da bis zur gerichtlichen Geltendmachung rd. vier Jahre verstrichen sind.
Auch das sog. Umstandsmoment ist erfüllt. Dafür ist in erster Linie entscheidend, ob der Beklagte darauf vertrauen durfte, dass er aus dem beendeten Mietverhältnis nicht mehr in Anspruch genommen wird und im Hinblick darauf schützenswerte Vermögensdispositionen unternommen hat, so dass die Geltendmachung des Rechts als eine mit Treu und Glauben unvereinbare Härte erscheint (vgl. hierzu Palandt/Heinrichs, 60. Aufl., § 242 RN 95 m.w.N.).
Dabei ist bei der Feststellung der Verwirkung auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles abzustellen. Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall vor allem, dass das Mietverhältnis mit Ablauf des Jahres 1995 endete, mithin bei Geltendmachung der Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung bereits beendet war. Zwar muss der Mieter auch bei einem beendeten Mietverhältnis für einen gewissen Zeitraum mit der Geltendmachung von Forderungen aus dem Mietverhältnis rechnen. Jedoch darf er mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Beendigung immer stärker darauf vertrauen, dass keine Forderungen mehr bestehen oder diese nicht mehr geltend gemacht werden. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die Klägerin mit der ersten Betriebskostenabrechnung vom 23. Oktober 1996 eine Nachforderung geltend machte und die Parteien über die Berechtigung der Forderung dem Grunde und der Höhe nach bis zum August 1997 miteinander korrespondierten, ohne allerdings eine Einigung zu erzielen. Diese Verhandlungen endeten jedoch mit dem Schreiben des (jetzigen) Prozessbevollmächtigten des Beklagten vom 26. August 1997; danach wurde die Forderung nicht anerkannt und deren gerichtliche Geltendmachung empfohlen. Die Klägerin ließ sich jedoch rund 2 1/2 Jahre Zeit ließ, bevor sie reagierte. In diesem Verhalten liegt das erforderliche Umstandsmoment. Denn der Beklagte, der freiwillig nicht zur Leistung bereit war und die gerichtliche Geltendmachung der Forderung anheim stellte, konnte mit zunehmenden Zeitablauf immer stärker darauf vertrauen, dass die Forderung nicht mehr geltend gemacht wird. Auch die Tatsache, dass die Klägerin in rechtlich gleich gelagerten Fällen Gerichtsverfahren betrieb, deren Ausgang sie zunächst abwarten wollte, um an deren Ausgang ihr weiteres Verhalten auszurichten, wäre geeignet gewesen, das Umstandsmoment bzw. den Eintritt der Verwirkung aus diesem Grund abzuwenden. Dazu wäre es allerdings erforderlich gewesen, den Beklagten von den Gründen des Abwar...