Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Gesamtunwirksamkeit einer Schönheitsreparaturklausel bei zu kurzen Fristen
Leitsatz (amtlich)
Ist in einem Fristenplan vorgesehen, daß Fenster, Türen und Heizkörper alle vier Jahre gestrichen werden müssen, ist die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Mai 2003 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 4 C 60/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Die Klägerin kann gemäß §§ 812 Abs. 1, 398 BGB in Verbindung mit der Kautionsabrede in der Anlage zum Mietvertrag Rückzahlung der von der Beklagten eingezogenen Kaution verlangen.
Der Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin ist nicht durch eine Aufrechnung der Beklagten gemäß § 389 BGB erloschen. Der Beklagten stehen aufrechenbare Gegenansprüche nicht zu.
Die Beklagte hat keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen unterlassener Schönheitsreparaturen aus § 326 Abs. 1 BGB. Denn die in § 2 Nr. 2 a des Mietvertrages vom 21. Dezember 1994 in Verbindung mit Nr. 5 (2) der AVB der Beklagten getroffene Vereinbarung über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf die Klägerin verstößt gegen § 9 Abs. 1 AGBG und ist daher unwirksam. Ein Fristenplan für die Durchführung von Schönheitsreparaturen, der den Mieter entgegen § 9 AGBG unangemessen benachteiligt, weil die Renovierungsfristen angesichts des üblichen Renovierungsbedarfs zu kurz bemessen sind, macht die Überwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt unwirksam (LG Berlin GE 1998, 1149 = ZMR 1998, 705 = WuM 2000, 183). So liegt der Fall hier. Der Fristenplan sieht abweichend von den mit fünf Jahren zulässig vereinbarten Fristen für die Renovierung von Wohn- und Schlafräumen ein Streichen der Fenster, Türen und Heizkörper alle vier Jahre vor. Die Verkürzung der Fristen für einzelne Räume bzw. bestimmter Arbeiten in einzelnen Räumen führt nicht nur zur Unwirksamkeit des Fristenplans, sondern macht auch die Abwälzung der Verpflichtung zur Ausführung der Schönheitsreparaturen insgesamt unwirksam (LG Berlin (ZK 64) GE 2003, 458). Nach den Fristen des vom Bundesminister der Justiz herausgegebenen Mustervertrags 1976 Fassung I (Beilage zum Bundesanzeiger 1976 Nr. 22) in Verbindung mit der in § 28 Abs. 4 der Zweiten Berechnungsverordnung enthaltenen Definition der Schönheitsreparaturen gelten auch für die vorgenannten Anstricharbeiten die üblichen Drei-, Fünf- und Siebenjahresfristen. Die Frist von vier Jahren für die Anstricharbeiten im Mietvertrag der Parteien ist bereits in Bezug auf Wohn- und Schlafräume, Flur/Diele und andere Nebenräume nicht gerechtfertigt, da der Mustermietvertrag von dem regelmäßigen Erfordernis der Durchführung von Schönheitsreparaturen in den dort festgelegten Zeitabständen ausgeht, sodass nicht ersichtlich ist, warum in ansonsten nur alle fünf bzw. sieben Jahre zu renovierenden Räumlichkeiten die Anstricharbeiten an Türen, Fenstern, Heizungsrohren etc. früher fällig werden sollten (LG Berlin (ZK 67) GE 2001, 1267).
Die Klausel in Nr. 5 (2) der AVB ist nicht gesondert zu betrachten mit der Folge, dass die Regelung in § 2 Abs. 2 a des Mietvertrags wirksam bliebe. Die gesamten Regelungen stellen in Bezug auf die Verpflichtung zur Ausführung der laufenden Schönheitsreparaturen eine Einheit dar, wobei nach der allgemeinen Überbürdung eine - an sich nicht erforderliche - nähere Konkretisierung der Verpflichtung folgt, indem in Nr. 5 (2) der AVB deren Fälligkeit bestimmt wird. Somit ist die Fristenregelung in Nr. 5 (2) der AVB Bestandteil der allgemeinen Überbürdung der Schönheitsreparaturen. Zwar ist der Klägerin grundsätzlich zuzugestehen, dass bei Teilbarkeit verschiedener Klauseln nur der unwirksame Teil entfällt, die anderen Regelungen aber bestehen bleiben. Dies gilt jedoch uneingeschränkt nur, wenn die einzelnen Regelungen sich gegenseitig nicht berühren, nicht jedoch wenn die einzelnen Klauseln ein- und denselben Sachverhalt regeln. In einem solchen Fall führt eine Streichung der Fristenregelung zu einer geltungserhaltenden Reduktion des Klauselwerks, wodurch letztlich der Vermieter, der unwirksame Fristen vereinbart, geschützt würde, weil statt dessen die gerade noch wirksamen Fristen gelten. Nach dem Zweck des AGBG soll der Vertragspartner des Verwenders vor unangemessener Benachteiligung geschützt werden, wobei das Risiko der Wirksamkeit einer Klausel grundsätzlich beim Verwender liegen muss. Denn das AGBG wertet die Verwendung von verbotswidrigen Klauseln als Störung des Rechtsverkehrs, und zwar vor allem deshalb, weil es der rechtsunkundige Verwendungsgegner in der Regel nicht auf einen Prozess ankommen lässt, sondern eine Vertragsabwicklung nach Maßgabe der AGB einschließlich der unwirksamen Klauseln hinnimmt. Ein solches Verhalten darf die Rechtsordnung nicht dadurch risikolos machen und fördern, dass sie eine verbotswidri...