Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Zuständigkeit des Verwaltungsrechtswegs für die Überprüfung des qualifizierten Berliner Mietspiegels
Orientierungssatz
1. Die Überprüfung des qualifizierten Berliner Mietspiegels 2003 hat im Verwaltungsrechtsweg zu erfolgen und ist nicht den Zivilgerichten im Einzelfall bei der Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete vorbehalten.
2. Selbst wenn zur Überprüfung der Richtigkeit des Mietspiegels der Zivilrechtsweg eröffnet wäre, könnte die gesetzliche Vermutungswirkung nur durch einen substanziellen Angriff gegen die Erstellung des Mietspiegels nach den "anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen" widerlegt werden. Hierzu genügt es nicht, eine angeblich zu niedrige Miete für die fragliche Wohnung vorzutragen oder zu beanstanden, daß in den maßgeblichen Rasterfeldern ein zu hoher Anteil an ehemals preisgebundenen Wohnungen berücksichtigt worden sei.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. März 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg - 12 C 658/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im übrigen wird von der Darstellung des Tatbestandes gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen. Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihren Klageantrag weiter.
Die gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässige Berufung der Klägerin ist aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet.
Die Aktivlegitimation ist unstreitig gestellt worden.
Das durch die Bezugnahme auf Vergleichsobjekte formell ordnungsgemäß begründete Erhöhungsverlangen vom 20. Juni 2003 ist in materieller Hinsicht unbegründet, weil die ortsübliche Miete nach dem Mietspiegel zu berechnen ist und der vom Amtsgericht danach unwidersprochen zutreffend berechnete Mietzins unterhalb des Ausgangsmietzinses liegt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin findet ferner der i.S.d. § 558d BGB qualifizierte Mietspiegel 2003 und nicht das eingereichte Privatgutachten bei der Ermittlung der ortsüblichen Miete vorliegend Anwendung. Bei der Wohnung handelt es sich nicht um eine Ausreißerwohnung, die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht mit den Kriterien des Mietspiegels zu erfassen wäre. Die Orientierungshilfe zum Mietspiegel, die als solche nicht der Qualifikationswirkung unterfällt, wird von der Kammer im Rahmen des § 286 ZPO zur Ermittlung der konkreten ortsüblichen Miete angewandt (vgl. hierzu LG Berlin GE 2003, 1082).
Soweit die Klägerin vorliegend einwendet, der Mietspiegel sei vorliegend nicht aussagekräftig und sie weiter versucht, die Vermutungswirkung des qualifizierten Mietspiegels zu erschüttern, kann vorliegend offen bleiben, welcher Rechtsweg zur Überprüfung des Mietspiegels eröffnet ist. Die Kammer geht jedoch davon aus, dass für die Überprüfung des Mietspiegels 2003 der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Der Entscheidung des BVerwG (NJW 1996, 2046) liegen noch Tatsachen zugrunde, die heute nicht mehr zutreffen.
Dass es sich bei der Erstellung von Mietspiegeln um eine öffentlich-rechtliche Tätigkeit handelt, ist vom BVerwG bestätigt worden. Die Überprüfung bisheriger - nicht qualifizierter - Mietspiegel ist mit der Begründung zurückgewiesen worden, dass im Rahmen des zulässigen öffentlichen Rechtswegs keine zulässige Klageart vorhanden sei. Insbesondere sei insoweit kein Rechtsverhältnis festzustellen, weil ein solches wegen der Bindungswirkung eines - nicht qualifizierten Mietspiegels nicht bestehe. Dieser stelle lediglich eines von mehreren grundsätzlich gleichwertigen formellen Begründungsmitteln für ein Mieterhöhungsverlangen dar. Weder müsse ein Vermieter bei der Begründung eines Mieterhöhungsverlangens den Mietspiegel heranziehen, noch komme diesem eine Vermutungswirkung zu. Es sei allein Aufgabe der Zivilgerichte, im Rahmen der Tatsachenfeststellung die materielle Begründetheit des Zustimmungsbegehrens ggf. anhand des in einem veröffentlichten Mietspiegel enthaltenen allgemeinkundigen Zahlenmaterials zu überprüfen und zu würdigen. Die Frage, ob ein kommunaler Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete i.S.d. § 2 Abs. 1 MHG a.F. zutreffend wiedergebe oder ob andere Beweismittel zur Beurteilung der Begründetheit eines Mieterhöhungsverlangens herangezogen werden müssen, betreffe mithin die tatrichterliche Überzeugungsbildung. Die Gerichte entschieden über die Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens gemäß § 286 ZPO unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer eventuellen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung.
Diese Erwägungen des BVerwG gelten für einen qualifizierten Mietspiegel nicht mehr uneingeschränkt fort. Die tragenden Erwägungen des BVerwG, die zur Unzulässigkeit einer Feststellungsklage gegen einen nicht qualifizierten Mietspiegel führen, treffen für einen qualifizierten Mietspiegel nicht mehr zu. Zwar kann ein Mieterhöhungsverlangen auch weiterhin ...