Verfahrensgang
AG Berlin-Mitte (Urteil vom 16.03.2023; Aktenzeichen 10 C 147/22) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 16. März 2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte, Az. 10 C 147/22, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Räumungsverurteilung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,00 EUR abwenden. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % leisten.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.01.2024 gewährt.
Tatbestand
Die Kläger begehren von der Beklagten die Räumung und Herausgabe einer von der Beklagten und ihren beiden Töchtern innegehaltenen Wohnung aufgrund einer von ihnen am 30. September 2020 ausgesprochenen Kündigung wegen angeblichen Eigenbedarfs ihrer Tochter.
Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Kündigung vom 30. September 2020 das Mietverhältnis beendet habe, da der geltend gemachte Eigenbedarf bestehe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugin ... stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Zeugin ernsthaft beabsichtige, in die derzeit von der Beklagten innegehaltene Wohnung einzuziehen. Dem stehe der Umstand, dass die Zeugin ... bereits im November 2021 in eine 30 m² große Wohnung in der ... gezogen sei und diese alleine bewohne, nicht entgegen. Der Beklagten sei es zumutbar, in der bisherigen Wohnortsnähe eine neue vergleichbare Wohnung zu suchen; dies sei auch vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situation der Beklagten nicht unzumutbar. Wegen der Einzelheiten, insbesondere zum erstinstanzlichen Vorbringen und zu den im ersten Rechtszug gestellten Anträgen, wird auf das amtsgerichtliche Urteil (Bl. 66-73 d.A.) Bezug genommen.
Gegen das ihr am 17. März 2023 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 14. April 2023 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 16. Juni 2023 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagte rügt im Wesentlichen, dass das Amtsgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die Tochter der Kläger ernsthaft beabsichtigt habe und beabsichtige, in die Wohnung der Beklagten einzuziehen. Es gebe Widersprüche hinsichtlich des Eigennutzungswunsches der Tochter und es sei nicht klar, zu welchem Zeitpunkt die Kläger ihrer Tochter die Wohnung tatsächlich übergeben wollten. Zudem fehle sowohl in der Kündigung als auch in der Klageschrift die Information, dass auch die Partnerin der Tochter in Wohnung einziehen wolle, dies sei jedoch Teil der Begründungspflicht. Schließlich sei das Amtsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass es für die Beklagte zumutbar sei, eine vergleichbare Wohnung zu finden. Der Beklagten stünden monatlich 966,00 EUR zuzüglich der angemessenen Kosten der Unterkunft zur Verfügung. Die von ihr getätigten Wohnungsbemühungen seien ausreichend, insbesondere seien in dem entsprechenden Zeitraum keine anderen Wohnungen für Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins auf dem Markt gewesen. Zuletzt sei die Wohnungssuche durch den überraschenden Tod des Lebensgefährten der Beklagten im Mai 2023 erschwert worden.
Die Beklagte beantragt,
das am 16. März 2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte, Az: 10 C 147/22, abzuändern und die Klage abzuweisen,
hilfsweise: der Beklagten zu gestatten, die Vollstreckung gem. §§ 719, 707, 712 ZPO durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung der Kläger abzuwenden.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Die Kammer hat Beweis erhoben durch erneute Vernehmung der Zeugin …. Hinsichtlich des Beweisthemas wird auf den Beweisbeschluss vom 28. Juni 2023 (Bl. 100 d.A.) Bezug genommen, hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 15. August 2023 (Bl. 134-140 d.A.). Weiter hat die Kammer die Kläger gemäß § 141 ZPO informatorisch angehört. Auch insoweit wird auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 15. August 2023 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien erst- und zweitinstanzlich gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist unbegründet.
1. Das Amtsgericht hat die Beklagte aus den zutreffenden Gründen zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung verurteilt. Den Klägern steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe gemäß §§ 546 Abs. 1, 985 BGB zu. Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis hat durch die Kündigung vom 30. September 2020 seine Beendigung gefunden.