Verfahrensgang
AG Berlin-Neukölln (Urteil vom 09.11.2000; Aktenzeichen 3 C 308/00) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 9. November 2000 verkündete Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 3 C 308/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I.
Die statthafte (§ 511 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511a Abs. 1 ZPO), form- und fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 516, 518, 519 ZPO) Berufung der Beklagten ist zulässig.
II.
Die Berufung des Beklagten ist jedoch unbegründet.
Der Anspruch der Kläger auf Zahlung von 2.883,52 DM ergibt sich aus § 812 Abs. 1 Satz 2, 1. Alt. BGB und § 538 Abs. 1 BGB. Es wird insoweit gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Die Beklagte konnte gegen die Ansprüche der Kläger nicht wirksam die Aufrechnung gemäß § 387 BGB mit einem Schadensersatzanspruch wegen unterlassener Schönheitsreparaturen erklären, denn die Kläger schuldeten keine Schönheitsreparaturen bei Auszug aus der streitgegenständlichen Wohnung. Zwar ist die Überbürdung der Schönheitsreparaturen in §§ 4 Nr. 8 und 13 des Mietvertrages vom 31. Dezember 1990 für sich genommen wirksam. Die in der Anlage zum Mietvertrag enthaltenen Klauseln zu 1. bis 4. sind jedoch wegen Verstoßes gegen § 9 AGBG unwirksam. Der Anwendungsbereich des AGBG ist insoweit eröffnet, denn es handelt sich um vorformulierte Vertragsbedingungen, die von der Beklagten für eine Vielzahl von Verträgen verwendet werden im Sinne des § 1 AGBG. Die Klausel zu 1. ist unwirksam, denn sie bestimmt einen Fristenplan, der zwar den üblichen Renovierungsfristen entspricht, die Fristen jedoch beginnen läßt unabhängig vom Anfangszustand der Wohnung (so auch OLG Stuttgart NJW-RR, 1989, 520).
Auch die Klausel zu 2. ist unwirksam, da sie auch die nach Modernisierungsmaßnahmen erforderlichen Schönheitsreparaturen oder deren Kosten dem Mieter auferlegt. Nach Modernisierungsmaßnahmen ist jedoch der Vermieter im Rahmen seiner Verpflichtung zur Instandhaltung bzw. Instandsetzung des überlassenen Wohnraums gemäß § 536 BGB zuständig. Die Klausel verstößt somit gemäß § 9 Abs. 2 Ziff. 1 AGBG gegen das gesetzliche Leitbild des Mietrechts.
Der in Ziffer 3. enthaltene Verzicht auf Schönheitsreparaturen zum Beginn des Mietverhältnisses sowie eventuelle Minderung ist ebenfalls unwirksam im Sinne des § 9 AGBG, denn hierdurch scheiden wesentliche Gewährleistungsrechte für den Mieter aus (BGH GE 1993, 309).
Ziffer 4 verpflichtet den Mieter bei Beendigung des Mietverhältnisses zu Schönheitsreparaturen, unabhängig von deren Fälligkeit und dem tatsächlichen Zustand der Wohnung. Diese Regelung ist bereits deshalb unwirksam, da sie unabhängig vom tatsächlichen Zustand der Wohnung bei Auszug die Renovierung der Mietwohnung verlangt. Daneben ist diese Regelung im Zusammenhang mit der Regelung zu Ziffer 3 unwirksam, da der Mieter hierdurch verpflichtet wäre, sowohl bei Einzug als auch bei Auszug aus der Wohnung Schönheitsreparaturen zu erbringen (OLG Stuttgart NJW-RR, 1989, 520).
Grundsätzlich muß die Kombination von wirksamen Klauseln (§§ 4 Nr. 8 und 13 des Mietvertrages) und unwirksamen Klauseln (Ziffern 1 bis 4 der Anlage zum Mietvertrag) nicht zwingend zur Unwirksamkeit der Überbürdung der Schönheitsreparaturen überhaupt fuhren (siehe auch LG Berlin, GE 1994, 583). Bei trennbaren Klauseln ist vielmehr derjenige Teil der Abwälzung der Schönheitsreparaturen wirksam. Im vorliegenden Fall verbleibt jedoch für eine Geltungserhaltung der Abwälzung der Schönheitsreparaturen kein Raum, denn durch die Vielzahl der unwirksamen Klauseln kann dem Vertragswerk nicht entnommen werden, welche Schönheitsreparaturen letztlich zu welchem Zeitpunkt geschuldet werden, so daß die Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter insgesamt als unwirksam gesehen werden muß.
Eine Verpflichtung zum Ersatz des Schadens der nicht durchgeführten Schönheitsreparaturen ergibt sich auch nicht aus dem Wohnungsabnahmeprotokoll, denn dieses wurde von den Klägern nur unter Vorbehalt unterschrieben und fuhrt daher nicht zu einer Schuldübernahme.
Aus denselben Gründen dringt auch nicht die hilfsweise geltend gemachte Aufrechnung der Beklagten mit dem, den Nachmietern gewährten, Mietnachlaß durch. Denn auch insoweit wäre die wirksame Überbürdung der Schönheitsreparaturen auf die Kläger Anspruchsvoraussetzung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht für beide Instanzen auf § 92 Abs. 1 ZPO, für die zweite Instanz zusätzlich auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Kinne, Muratori, Bäuml, Olavarria Justizangestellte
Fundstellen