Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraummiete: Anbringung einer Satellitenschüssel auf dem Balkon durch den Mieter
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der ohne Zustimmung des Vermieters erfolgten Installation von Parabolantennen durch den Mieter handelt es sich um einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache, der im Einzelfall auch einen widerrechtlichen Eingriff in die Bausubstanz darstellen kann.
2. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, Art. 14 Abs. 2 BerlVerf schützen auch die Wahl bestimmter Empfangsmittel.
3. Der Schutz der Wahl bestimmter Empfangsmittel ist aber immer gegen das Interesse des Vermieters an der Unversehrtheit des optischen Gesamteindrucks, am Schutz der stofflichen Integrität sowie gegen die Privatautonomie abzuwägen.
4. Dem Vermieter kann nicht zugemutet werden, Eingriffe in seine Eigentumsposition zu dulden, die über das Minimum des zur Informationsverschaffung für den Mieter unbedingt notwendigen Maßes hinausgehen.
5. Eine Satellitenschüssel bewirkt eine dauerhafte Veränderung des Gesamteindrucks einer Fassade.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 17.05.2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg - 211 C 207/03 - geändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die auf dem Balkon der Wohnung ... an der Brüstung angebrachte Parabolantenne abzubauen und zu entfernen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatz- oder wahlweise Ordnungshaft, zu unterlassen, auf dem Balkon der Wohnung ... Antennen an der Brüstung ohne Zustimmung der Klägerin zu installieren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Auf die Widerklage wird festgestellt, dass die Klägerin zur Genehmigung der Aufstellung einer Parabolantenne verpflichtet ist, wenn die Beklagten die Aufstellung nach Maßgabe des von der Klägerin zu wählenden Aufstellungsortes vornimmt, die Installation fachgerecht vorgenommen wird, für eine Versicherung Sorge getragen wird und die Rückbaukosten gegenüber der Klägerin sichergestellt werden.
Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Beklagten zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin zu 25 % und die Beklagten zu 75 %.
Gründe
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages zuzüglich 10% abwenden, soweit nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich des Rückbauanspruchs kann der Beklagte die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 500,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Entscheidungsgründe wird zunächst auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Zu ergänzen ist folgendes:
Mit Ihre Klage hat die Klägerin die Beklagten im Klageantrag zu 1) zunächst auf die Beseitigung einer ca. 80 x 100 cm großen Parabolantenne in Anspruch genommen. Im Schriftsatz vom 27.11.2003 hat die Klägerin die Umstellung des Klageantrages zu 1) auf Entfernung einer Parabolantenne mit ca. 55 cm Durchmesser angekündigt, hat dann aber in der letzten mündlichen Verhandlung vom 25.03.2004 wieder den ursprünglichen Klageantrag aus der Klageschrift gestellt.
Mit der Berufung begehren die Beklagten die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und die Abweisung der Klage sowie die Verurteilung der Klägerin im Sinne der Widerklageanträge.
Sie wenden sich dagegen, dass das Amtsgericht unzulässig über den beantragten Streitgegenstand hinaus verurteilt habe, indem es die Beklagten verurteilt hat "... die auf dem Balkon der Wohnung ... an der Brüstung angebrachte Parabolantenne abzubauen und zu entfernen ...", obwohl der in der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2004 gestellte Antrag der Klägerin auf die Entfernung einer "Parabolantenne mit einem Durchmesser von ca. 80 - 100 cm" gerichtet gewesen sei.
Die Beklagten wenden sich ferner gegen eine falsche Tatsachenfeststellung des Amtsgerichts, welches einen Sachverhalt bewertet habe, der nicht Gegenstand dieses sondern des Verfahrens 202 C 450/02 gewesen sei. Das Gericht habe nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Antennenanlage um eine mit einer mobilen Anlage vergleichbare Kleinanlage handele. Nur dann wenn sich die Beklagten in der Wohnung befänden, werde die Empfangsanlage mittels eines Winkels angelegt. Die optische Beeinträchtigung sei durch Verwendung der gleichen Farbe wie der am Balkon verwandten sowie durch Aufstellung in einem besonderen Winkel geringst möglich. Die Beklagten behaupten, die Parabolantenne sei haftpflichtversichert. Sie tragen weiter vor, sie würden die Klägerin von allen anfallenden Kosten, Gebühren und der Haftung ...