Verfahrensgang
AG Braunschweig (Beschluss vom 29.12.2010; Aktenzeichen 113 C 2542/10) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten wird der Streitwertbeschluss des Amtsgerichts Braunschweig vom 29.12.2010 abgeändert;
der Streitwert wird auf 10.757,40 EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
In dem vor dem Amtsgericht Braunschweig geführten WEG-Verfahren haben die Kläger die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 29.6.2010 zu TOP 24 (Gesamt- und Einzelabrechnung 2009), TOP 25 (Entlastung der Verwaltung für das Wirtschaftsjahr 2009) und TOP 27 (Entlastung der Verwaltungsbeiräte Herrn … und Herrn … für das Jahr 2009) angegriffen. Die dem Beschluss zu TOP 24 zugrundeliegende Abrechnung der Bewirtschaftungskosten vom 9.6.2010 wies einen Gesamtbetrag von 24.410,11 EUR und einen auf die Kläger umgelegten Anteil von 3.440,46 EUR aus. Die Angriffe der Kläger richten sich gegen die Positionen „Hausreinigung” (Klägeranteil 257,47 EUR), „Reparaturen” (Klägeranteil 623,25 EUR), „Anschaffungen/sonstige Kosten” (Klägeranteil 4,76 EUR) und „Zuführung Rücklagen” (Klägeranteil 966,00 EUR).
Das Amtsgericht hat den Streitwert auf 2.235,48 EUR festgesetzt. Zu TOP 24 wurden dabei hinsichtlich der Positionen Hausreinigung, Reparaturen und Anschaffungen/sonstige Kosten die jeweiligen Klägeranteile (257,47 EUR + 623,25 EUR + 4,76 EUR = 885,48 EUR) zugrunde gelegt, hinsichtlich der Position „Zuführung Rücklage” 15 % des Gesamtbetrages von 7.000,00 EUR = 1.050 EUR. Der Streitwert zu TOP 25 und TOP 27 wurde jeweils auf 150 EUR festgesetzt.
Mit der Beschwerde begehrt die Beklagtenseite Festsetzung nach der sog. Hamburger Formel auf die Wertstufe bis 9.000,00 EUR.
Entscheidungsgründe
II.
Die Streitwertbeschwerde der Klägerin ist nach §§ 68, 63 GKG zulässig, und ist auch in der Sache begründet.
Nach dem seit dem 1.7.2007 geltenden § 49 a GKG ist der Streitwert grundsätzlich auf 50 % des Gesamtinteresses aller Parteien und ihrer Beigeladenen festzusetzen; der Streitwert darf das Einzelinteresse des Klägers und seiner Beigeladenen nicht unterschreiten und das 5-fache dieses Betrages nicht überschreiten. Die Vorschrift des § 49 a GKG hat die Wertvorschrift des § 48 Abs. 3 WEG a.F. abgelöst. Nach dieser Vorschrift war der Wert nach dem Gesamtinteresse aller Beteiligten festzusetzen, konnte jedoch niedriger angesetzt werden, wenn die Verfahrenskosten zu dem Einzelinteresse eines Beteiligten nicht im angemessenen Verhältnis standen. Für Beschlüsse über Jahresabrechnungen hatte sich unter der Geltung des § 48 WEG a.F. eine Rechtsprechung herausgebildet, wonach das Interesse auf 20 bis 25 % des Nennbetrages festgesetzt wurde (vgl. insoweit Jennißen-Suilmann, WEG-Kommentar, Randziffer 16 zu § 49 a GKG mit weiteren Nachweisen; Hartmann Kostengesetze, 18. Auflage, § 49 a GKG, Randziffer 10 mit weiteren Nachweisen).
Eine Wertfestsetzung, die sich allein am Einzelinteresse der Kläger orientiert (so allerdings OLG Koblenz, Beschluss vom 30.08.2010, 1 W 54/10; nach Juris), entspricht nicht der Rechtslage nach § 49 a GKG (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 29.07.2010, 3 W 94/10 und 3 W 105/10; ähnlich OLG Celle Beschluss vom 30.03.2009, 4 W 41/09 für Hausgeld; beides zitiert nach Juris). Nach § 49 a GKG ist der Streitwert grundsätzlich auf 50 % des Gemeinschaftsinteresses festzusetzen. Das Einzelinteresse der Kläger bildet hierfür lediglich den unteren Kontrollwert, das 5-fache Einzelinteresse den oberen Kontrollwert.
Auch die Rechtsprechung, die einen Bruchteil von 20 bis 25 % einer Jahresabrechung ansetzt, ist unter der Geltung des § 49 a GKG nicht mehr anzuwenden. Da § 49 a GKG eine dem § 48 WEG a.F. entsprechende Angemessenheitsklausel nicht enthält, besteht für eine Korrektur auf einen Wert von 20 oder 25 % kein Raum, aber auch kein Bedürfnis. Der Gesetzgeber hat vielmehr eine Korrektur des Ausgangswertes von 50 % des Gesamtinteresses bereits selbst vorgenommen, indem der Streitwert auf höchstens das 5-fache Einzelinteresse festgelegt wurde. Der Gesetzgeber geht damit ersichtlich von dem Modell einer kleineren Eigentümergemeinschaft mit 2 bis 10 Parteien aus und hat die Möglichkeit, dass es auf Grund der Größe der Eigentümergemeinschaft zu unangemessen hohen Kosten kommt, von vornherein ausgeschlossen. Einer weiteren Korrektur bedarf es nicht, sie erscheint deswegen auch unzulässig. Das Interesse der Gemeinschaft liegt regelmäßig darin, dass die vorgenommene Jahresabrechnung Bestand hat und entspricht daher dem Nennbetrag (OLG Bamberg, Beschluss vom 29.07.2010, 3 W 94/10 und 3 W 105/10; ähnlich OLG Celle Beschluss vom 30.03.2009, 4 W 41/09 für Hausgeld; beides zitiert nach Juris).
Auch für die Anwendung der sog. Hamburger Formel (Hans.OLG Hamburg, Beschluss vom 17.06.2010, 9 W 34/10: Einzelinteresse des Klägers zuzüglich 25 % des Gesamtinteresses, das nach Abzug des Einzelinteresses verbleibt; nach Juris) sieht die Kammer nach der Neuregelung ...