Nachgehend

OLG Hamm (Beschluss vom 07.02.2012; Aktenzeichen I-7 U 87/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelas-sen, die Vollstreckung des Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen der Beschädigung eines Pkw durch eine Dachlawine, abgehend vom Haus B-Straße 27 in E.

Der Schadensfall ereignete sich am 01.01.2011 gegen 1.10 Uhr nachts. Der Beklagte ist Eigentümer des Hauses sowie Vermieter der Klägerin, wohnt selbst aber nicht dort. Eigentümer des Pkw ist der Ehemann der Klägerin, welcher diese mit Erklärung vom 23.09.2011 (Bl. 51 d. A.) zur Geltendmachung etwaiger Ersatzansprüche ermächtigt hat.

Bereits in den Wochen vor dem Schadensereignis gab es wochenlang außergewöhnlich starken Schneefall im gesamten Stadtgebiet und auch darüber hinaus. Die Klägerin parkte das Fahrzeug - unbestritten - in der Silvesternacht wie üblich vor dem Haus in der B-Straße 27, dies in etwa 2 m Entfernung zum Haus. Bei dem Stellplatz, auf welchem sich das klägerische Fahrzeug befand, handelt es sich nicht um einen zum Haus gehörigen Parkplatz, sondern um eine öffentliche Stellfläche. In der Nacht rutschten Schneemassen vom Dach und trafen den Pkw der Klägerin.

Das betreffende Haus verfügt nicht über Schneegitter; unstreitig ist zwischen den Parteien, dass der Beklagte das Dach weder geräumt noch eventuelle Warnhinweise oder Absperrungen aufgestellt hatte.

Nachdem sich die Klägerin zwecks Regulierung an den Beklagten gewandt hatte, lehnte dessen Haftpflichtversicherer mit Schreiben vom 16.03.2011 eine Haftung ab.

Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei für den eingetretenen Schaden verantwortlich, er habe Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen, um den Abgang von Schnee zu verhindern. Insbesondere, so behauptet die Klägerin, sei in der Silvesternacht Tauwetter gewesen mit anschließender erneuter Kälte, weswegen sich Eis gebildet habe. Der Beklagte habe daher mit etwaigen Dachlawinen rechnen müssen.

Die Klägerin ist ferner der Ansicht, den Beklagten treffe eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mietern. Sie habe sich als Mieterin darauf verlassen dürfen, dass der Beklagte alle vorgeschriebenen Vorsichtsmaßnahmen ergreift, um Schäden an den Rechtsgütern seiner Mieter zu vermeiden. Der Beklagte sei daher verpflichtet gewesen, im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht irgendetwas zum Schutz der geparkten Fahrzeuge zu veranlassen. Zwar erwarte sie keine Anbringung von Schneegittern, erforderlich sei es aber gewesen, die Schneemassen von oben abzubauen bzw. Warnhinweise oder Absperrungen anzubringen. Sie ist der Ansicht, aufgrund der besonders extremen Wetterverhältnisse gelte das Prinzip, dass grundsätzlich jeder auf sich selbst achten müsse, hier nicht.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, sie selbst treffe kein Mitverschulden, da sie ihr Fahrzeug in ausreichendem Sicherheitsabstand vom Haus abgestellt hätte. Sie habe nicht vorhersehen können, dass der Schnee weiter fällt. Sie habe vielmehr darauf vertrauen dürfen, dass der Hauseigentümer Maßnahmen ergreift.

Die Klägerin begehrt 4.698,85 € netto Reparaturkosten sowie 15 x 35,00 € = 525,00 € Nutzungsausfall.

Die Klägerin beantragt,

  • 1.

    den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 5.248,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.03.2011 zu zahlen,

  • 2.

    den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von den außergerichtlichen Gebührenansprüchen der Rechtsanwälte Dres. X, Q und N in Höhe von 546,68 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, das Gebäude weise keinerlei Besonderheiten auf, die eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht begründen würden. So habe das Dach nur einen Neigungswinkel von 35 Grad - was zwischen den Parteien unstreitig ist -, Handlungsbedarf bestehe aber erst ab 45 Grad Dachneigungswinkel. Das Dach entspreche auch dem neuesten Stand. Der Beklagte behauptet weiter, es sei auch noch nie zuvor zum Abgang einer Dachlawine von dem Haus in der B-Straße 27 gekommen; so dass er damit nicht habe rechnen müssen. Er habe auch vor dem streitgegenständlichen Ereignis keinerlei Besonderheiten am Haus bzw. auf dem Dach feststellen können.

Der Beklagte ist der Ansicht, er habe keine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Der Abgang der Dachlawine sei für ihn weder vorhersehbar noch vermeidbar gewesen. Die Anbringung von Schneefanggittern sei nur bei gesetzlichen oder polizeilichen Anordnungen erforderlich, diese gäbe es für die Stadt E nicht, was die Klägerin auch nicht behauptet. Eine darüberhinausgehende Pflicht zur Anbringung von Schneefanggittern bestehe auch nicht ...

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